Flaschenbierprobe im Hotelzimmer – Brauerei Schübel, Stadtsteinach

In der Adventszeit verbrachte ich einen Abend im Bräustüberl einer Brauerei in Buttenheim im Landkreis Bamberg. Mit mir am Tisch saß ein älteres Ehepaar, das genau wie ich einen gebackenen Karpfen aß. Sehr bald kam man mitenander ins Gespräch, und wie könnte es in einem Bräustüberl auch anders sein, man kam auf welches Thema wohl? – Richtig! – Auf Bier :mrgreen:

Sehr bald merkte ich, dass die beiden Franken sehr stolz waren auf das fränkische Bier und sich damit sehr gut auskannnten. Vor allem konnten sie auch kleinere und kleinste Brauereien nennen, die südlich der Altmühl und nördlich des Main kaum jemand kennt, ich konnte meinerseits wiederum durch ähnlich profunde Kenntnis der fränkischen Bierlandschaft beeindrucken. Woher ich mich so gut mit den Frankenbieren auskenne, fragten sie, und ob ich vielleicht einen Job im Brauwesen hätte. Nein, das nicht, seuftzte ich. Das Bier wäre lediglich mein Hobby. Ich hätte halt mit ein paar Freunden zusammen ein Bierblog im Internet, und dafür beschäftige ich mich in meiner Freizeit eben viel mit Bier (und sich ernsthaft damit beschäftigen heisst mehr als einfach nur Bier trinken). Ich muss das sehr ernst und glaubhaft rübergebracht haben, nicht zuletzt dadurch, dass ich den beiden eine Offline-Version des Blogs auf meinem Netbook zeigte. Daraufhin verriet das Eherpaar mir schließlich, dass sie „daheim auch eine Brauerei haben“. Sie sind jedoch nicht selbst Brauer, sondern ihre Nichte hätte einen Brauer geheiratet und führt mit deren Mann nun eine Brauerei. Es handelt sich um eine Familienbrauerei in Stadtsteinach im Landkreis Kulmbach, die letzte verbliebene, die nicht der Brauereikonzentration in Kulmbach zum Opfer gefallen ist.

In ihrer Eigenschaft als Brauer-Onkel und -Tante seien die beiden nun desöfteren als Bierlieferanten unterwegs und würden allerlei Leuten mal einen Kasten Bier mitbringen, wenn sie so mit dem Auto unterwegs sind. Und so war es auch an diesem Abend. Sie hätten ganz zufällig gerade ein paar Kästen des Familienbiers im Kofferraum, und wenn ich mich doch so sehr für Bier interessier, könne ich gerne eine Kostprobe für das Blog bekommen.

Als die beiden zu ihrer Heimfahrt in Richtung Kulmbach aufbrachen, habe ich sie kurz zum Auto vor dem Bräustüberl begleitet und durfte einen Blick in den Kofferraum werfen. Darin waren tatsächlich mehrere Kästen Bier, und der Brauonkel drückte mir eine Flasche vom Bockbier in die Hand. Dann warf er mir einen kurzen überlegenden Blick zu, beugte sich noch mal in den Kofferraum und reichte mir noch zwei weitere Bierflaschen für die Verkostung. Die drei Flaschen trug ich dann am nächsten Tag im Rucksack stolz mit mir nach Bamberg. Bier nach Bamberg tragen ist jedoch noch überflüssiger als Säulen nach Rom oder Eulen nach Athen zu schleppen. So blieben sie im Rucksack, bis heute endlich in der bayerischen Bierwüste, in München, in meinem Hotelzimmer die Zeit reif war für die drei Köstlichkeiten der Brauerei Schübel aus Stadtsteinach.

Testbericht

Die drei Sorten, die das Paar mir anvertraut hatte, waren

  • Nordeck-Trunk – unfiltriertes Kellerbier, herfetrüb, alc. 4,9% vol.
  • Florian-Trunk – bernsteinfarbenes Bier, alc. 4,9% vol.
  • Schübel Bock – bernsteinfarbenes Bier, alc. 7,2% vol.

Gleich drei Biere in einem Testabend durchzuprobieren ist eigentlich schon recht viel. Der Art und Weise, wie ich sie geschenkt bekommen hatte, fand ich diese Anstrengung aber mehr als angemessen. Ob es sich gelohnt hat, soll der folgende Testbericht zeigen.

Geruch

Nordeck Trunk

Aus dieser Flasche stieg meiner Nase ein voller grasig, kräuterig anmutender Hofenduft entgegen. Das roch wunderbar bierig nach sattem Pils.

Florian Trunk

Hier roch es fruchtig, karamellig, malzig. Erinnerte leicht an ein ganz zartes Rauchbier. Das musste mit Sicherheit das in der Zutatenliste auf dem Ettiket aufgeführte Röstmalz sein. Ein ganz dezenter Unterton von Hopfen schwang auch darin mit.

Bockbier

Das roch so wie ich mir den Duft eines, wenn es ihn denn gäbe, Gerstenweines vorstelle: Ein komplexer, satter, vollnasiger honigartiger Duft, der dem eindeutig vorhandenen Hopfen fast keine Chance ließ, die Nase zu erreichen.

Schaum

Die Schaumstory lasse ich die Bilder erzählen.

Von mir nur kurz das folgende.

Nordeck Trunk

Mittellang anhaltender Schaum aus mittelgroben Blasen

Florian Trunk

Mittellang anhaltender Schaum aus mittelfeinen Blasen

Bockbier

Schnellzerfallender flüchtiger dünner Schaum. Ganz normal für einen Flaschenbock, denn alc. ist bekanntermaßen schlecht für Schaum.

Farbe

Wie es schon bei den Düften für die Nase ein große Freude war, diese Biere wahrzunehmen, so war es auch für das Auge eine reine Freude. Jedes Bier hatte die für seine Art typische Färbung und sah eigentlich genau so aus, wie es schon gerochen hatte.

Nordeck Trunk

Wunderbar Messinggelb. Man sieht sehr schön die Hefetrübe. Die Trübe kommt aber nur richtig zur Geltung, wenn man die Flasche nicht gleich ganz ausleert, sondern am Schluss den Bodensatz noch richtig aufschüttelt und zusammen mit dem Rest ins Glas kippt.

Florian Trunk

Sehr hübsche rötliche Bernsteinfärbung.

Bockbier

Konzentriertes Honiggoldgelb.

Geschmack

Nordeck Trunk

Was für ein Erlebnis! Es beginnt süßlich spritzig, geht über in Pflaumenschalen, die sich zum Schluss zu einem fein herben fein gewebten Hopfenteppich entrollen.

Florian Trunk

Die dunkle Farbe und der Röstmalzduft würden ein etwas schwereres Bier erwarten lassen. Aber nein – war gar nicht so. Stattdessen zarte Dörrfrüchte mit überraschend wenig Süße. Der Florian-Trunk ist ja kein Rauchbier, aber ich fand darin einen leisen Anklang von Weihrauch oder Schwefel, die den Trunk leicht harzig machten wie Tannenhonig.

Jetzt ist der Heilige Sankt Florian ja der Schutzpatron der Feuerwehrleute. Irgendwie lustig 🙂 Ob die Schübels bei der Namensgebung für dieses Bier wohl auch an den Zusammenhang zwischen Feuer und Röstung gedacht haben, der sich mir beim Schmecken dieses Trunks aufdrängte?

Bockbier

Der passte wunderbar zu seinen beiden Kollegen. Ist er farblich gesehen die Fortführung des Nordeck, so ist er geschmacklich die Weiterentwicklung des Florian Trunk. Breite herbe Süße. Geht in die Richtung von reifem Honig, dem man die Süße entzogen hat. Zähflüssiger langanhaltender Abgang, in dem das Malz- und Hopfenaroma breit aufgeschlossen daliegt. Reifer Honig? – Ja! – Das Bockbier ist Honigmet 😛

Fazit

Diese drei Schübel-Biere sind allesamt sowohl im Duft als auch im Geschmack sehr vielschichtig. Als Trio verkostet weisen sie nicht nur in der Farbe in drei ganz verschiedene Himmelsrichtungen. Der Nordeck-Trunk als ein vorbildlich ausgewogenes helles Bier führt einen auf ein spätsommerliches Gerstenfeld, das von Hopfenpflanzungen umrandet ist. Der Florian-Trunk dagegen leitet in einen Tannenwald, in dem Bienen fleißig Tannenpollen sammeln. Und den schweren reifen Bock möchte man nach der Rückkehr von dieser Wanderung durch Wald und über die Felder zuhause im Ohrensessel vor dem Kaminfeuer trinken, wenn es draußen so schön winterlich kalt ist.

Diese drei Flaschenbiere waren für mich als Fassbierfanatiker bisher der Genusshöhepunkt, was Bier aus der Abfüllanlage betrifft. Was bin ich froh, dass ich diesen beiden netten Angehörigen der Familie Schübel begegnet bin. Von hier aus ein riesiges Dankeschön für das in Flaschen konservierte Biererlebnis. Ich hoffe, die beiden werden mal Gelegenheit haben, diesen Blogartikel zu lesen.

Dankeschön!

Ralf

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

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