Forschungsbrauerei Perlach und Unionsbräu Haidhausen – der Versuch eines Vergleichs

Im Biergarten der Forschungsbrauerei spricht man oft über Bier, und dass das Forschungsbier so einzigartig gut ist. In so einem Gespräch erzählten mir gestern zwei Tischnachbarn, ein älteres Paar, beim Thema „unfiltriert“ (die Forschung schenkt ab heuer ihre Biere nämlich so aus – unfiltriert), dass sie beim Haidhauser Unionsbräu auch ein solches unfiltriertes Bier getrunken hätten. Das hätte ihnen aber gar nicht geschmeckt. Bitter soll es gewesen sein, sehr bitter. Weil ich die Unionsbräu-Biere auch kenne, frage ich nach, welches der beiden Hausbiere es war, das Helle oder das Dunkle? Das Helle wäre es gewesen, meint die Dame des Paares. Weil ich zuvor das Forschungs-Bockbier jung aus dem Reifetank bekommen hatte, und dieses auch etwas bitter war, war meine erste Vermutung, dass die Leute vielleicht ein zu jung ausgeschenktes Bier bekommen haben. Ich machte allerdings auch gleich deutlich, dass das eben nur eine Vermutung wäre. Ich selbst hatte bisher keine schlechte Erinnerung an die Unionsbräu-Biere. Eher im Gegenteil: Siehe z.B. den Nikolausbock. Also musste ich heute zu einem „Forschungsbesuch“ nach Haidhausen aufbrechen.Zwei Biere werden in der Regel in der Unionsbräu gebraut: Ein Helles und ein Dunkles. Saisonal zum Winter und zur Starkbierzeit im Frühjahr auch mal ein Bockbier. Ich begann mit dem Hellen.

Unionsbräu Hell

Es sollte dem Bericht meiner Tischnachbarn aus der Forschungsbrauerei nach „bitter“ sein. War es auch – aber erst im Abgang. Doch der Reihe nach: Im Duft auf jeden Fall ausgewogen. Malzig. Relativ hefig. Etwas Hopfen. Eigentlich genau so wie man sich ein gutes Bier auch vorstellt. Im Blick durch das Glas sieht man auch die schöne Naturtrübe. Es ist ja unfiltriert. Im Antrunk wirkt es sehr natürlich, dem jungen Forschungsbier nicht unähnlich. Spritzig ist es auch. Und etwas süß, sehr malzig, fast wie frische knusprige Semmeln. Das besagte bittere Geschmacksempfinden kam erst im Abgang. Da bleibt ein mehliger bitterer leichter Teppich auf der Zunge liegen. (Lustig: Den hatte ich bereits im Frühjahr 2009 beim „Unimator“ bemängelt.) Das muss dann das sein, was den Forschungsgästen in Erinnerung geblieben ist. Dumm, dass der Abgang das letzte ist, was man beim Bier schmeckt, denn die ersten 90% meines Trinkerlebnisses beim Unionsbräu Hell waren einwandfrei gewesen. Woher dieser Bittereffekt jetzt aber kommt, um das zu erklären fehlt mir als reinem Konsumenten leider das brauerische Fachwissen.

Zusammenfassung

Das Malz ist im Unionsbräu Hell sehr schön herausgearbeitet. Irgendwie aber nicht hunderprozentig aufgeschlossen (Erklärungsversuch, begründet auf dem mehligen Eindruck). Es ist gut gehopft. Der Hopfen ist noch für sich allein wahrnehmbar (finde ich gut). Zu jung wird das Bier NICHT ausgeschenkt. Es macht einen ausgereiften Gesamteindruck. Störend ist lediglich die dominante Bittere im Abgang.

Unionsbräu Dunkel

Nach Hell kommt Dunkel ;-). Das riecht sehr deutlich nach Malz. Nach dunklem Malz. Es schmeckt auch ganz leicht brenzlig von den Röstaromen, was dunkle Biere gerne an sich haben. Hier im Unionsbräu aber nicht unangenehm verbrannt, sondern mehr fruchtig wie Dörrobst. Feigen oder Rosinen etwa. Diese karamelligen Röstaromen finden sich gleichermaßen in Duft und Geschmack. Im Mund schlägt sich das Aroma mehr auf die Seite von Karamell. Die Röstung gibt dem Ganzen statt Brandgeschmack eher den Eindruck von zartbitterer Schokolade. Ich fühle mich an einen Mars-Riegel erinnert. Im Abgang ist auch wieder eine Bitterwirkung vorhanden. Aber bei weitem nicht so stark wie beim Hellen. Eher sogar angenehm. Bierig. Diese Bittere tut dem Dunklen gut. Wird dadurch doch die Wirkung der Karamellsüße behutsam abgefedert. Damit wirkt das Dunkle in sich harmonischer als sein helles Geschwister.

Zusammenfassung

Auch hier sind alle Zutaten schön für sich herausgearbeitet, d.h. einzeln herauszuschmecken. Am intensivsten das dunkle Malz, das dem Bier den Karamell- und Schokoladengeschmack gibt. Das hausgebraute Dunkle ist damit mein Favorit im Unionsbräu.

Der Vergleich wäre nicht fair

Ich bin ja eigentlich nach Haidhausen gefahren, um die Unionsbräu-Biere mit denen der Forschungsbrauerei zu vergleichen. Und ich muss feststellen, das ist ein unfairer Vergleich. Ja, man könnte schon vergleichen, es wären nicht Äpfel und Birnen, sondern Bier und Bier. Aber andererseits ist Bier auch nicht gleich Bier. Vor allem, wenn es sich um echtes handwerklich gebrautes Bier handelt wie in diesen beiden Brauereien. Da hat jedes Bier seinen eigenen Charakter, den ihm der Brauer mit seinem ebenfalls ganz eigenen Charakter – und Rezept- mitgegeben hat. Letztendlich muss auch der Geschmack und die persönliche Vorliebe des Konsumenten entscheiden. Ich für mich habe bei meinem Vergleichsversuch herausgefunden: Die Unionsbräu-Biere zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Zutaten, die Malze, der Hopfen und teilweise auch die Hefe, noch einzeln und für sich wahrnehmbar sind. In den Bieren der Forschungsbrauerei sind dieselben Rohstoffe enthalten. So will es auch das Reinheitsgebot. Im Endprodukt sind diese aber wesentlich stärker miteinander vermählt worden, sodass man in der Forschungsbrauerei weniger sagen kann, das Bier schmeckt nach diesem oder jenem Malz, sondern eben nach „Forschungsbier“. Mir fällt jetzt keine bessere Beschreibung ein. 🙄 Auf diesen Vergleichsversuch gestoßen hatten mich meine Erfahrungen bei den Vorab-Verkostungen der jungen Forschungsbiere in dieser Saison. Junges Forschungsbier hat Ähnlichkeit mit vielen Hausbrauerei-Bieren. Und da mögen wirklich welche darunter sein, die noch nicht „fertig“ sind, wenn sie serviert werden. Die Unionsbräu und ihre Biere gehören da aber nicht dazu. Ihre Biere sind ausgereift. Und schmecken grundsätzlich gut und rund (von der oben gemachten kleinen Einschränkung beim Abgang des Hellen mal abgesehen). Sie sind einfach anders und mit anderer Absicht, anderem Rezept und anderem Brauverfahren hergestellt. Es ist „Unionsbräu-Bier“, um wieder fair zu werden. Und die Biere der Forschungsbrauerei haben durch ihr eigenes Rezept und durch den ihnen eigenen Herstellungsprozess halt noch diese für den Laien wie mich nicht erklärbare Eigenschaft, dass sie durch ihre lange Lagerung und Reifung noch diesen abrundenen Feinschliff bekommen können, der die Geschmacks- und Aromastoffe aus den Zutaten und aus der Gärung so unglaublich harmonisch aufschließt und miteinander vereint.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

5 Kommentare

  1. hm .. du kannst ja zum Vergleich mal ein paar fränkische Biere hernehmen – wenn du eh grad Nähe Max-Weber-Platz warst, kannst gleich mal vorlaufen zur Kreuzung (Ecke Friedhof), links in die Kuglerstraße einbiegen, bis zum Ende durchlaufen, wieder links und am rechten Eck halt machen. Wenn du nach oben schaust, und ein Astra-Schild siehst, stehst du richtig 😉

    Dort befindet sich ein Getränkehändler, der allerlei im Münchner Raum weniger bekannte Biersorten führt. Selbigen Laden gibt es schon seit Urzeiten (mindestens 30 Jahre, wenn nicht länger) an derselben Stelle. Vor ca. 2 – 3 Jahren machte der Laden kurz dicht – der Besitzer war gestorben. Offenbar hat ihn anschließend sein Sohn (oder ein naher Verwandter?) übernommen, und nach kurzer Pause wiedereröffnet.

    Der Laden hat, wie auch die beiden „Self-Made-Brauer“, die hier im Artikel genannt werden, einen ganz eigenen Charakter. z.B. nimmt man es mit Ladenöffnungs- und vor allen Dingen -schlußzeiten nicht so genau, und ein paar Mal konnte ich den Menschen hinter der Theke in ein längeres Gespräch zum Hauptthema dieses Blogs verwickeln (in diesem Fall: Fränkische Biere) ^^

    nächtliche Grüße aus Mittelfranken,
    cu, w0lf.

    ps: ja, von meiner Oma blickt man direkt auf den Laden runter 😀

  2. Danke für den Tipp, w0lf!
    Dem Laden muss ich mal einen Besuch abstatten, so langsam langweilt mich nämlich auch mein Tegernseer als einzige Abwechslung inmitten der Paulaner-Wüste, in der ich lebe…

  3. Hey fwolf,

    kannst du mal die genaue Adresse des Ladens posten?

    Oder die die Strecke per Google Streetview ablaufen und dann den Link posten?

    Ich wollte Freitag Deiner Empfehlung folgen, habe mich aber total verlaufen.

    Danke.

    Max

  4. Da kannst Du lange suchen, denn den Laden gibts da nicht mehr.

    Der hieß Lupino und war an der Ecke Niger-/Schneckenburgerstr.

    Jetzt ist er in Schwabing in der Schwindstraße 32

    Grüße, Bernhard.

  5. Servus,
    also ich finde den Bierpreis in der Forschungsbrauerei ganz schön happig, bin deshalb nie hin. Mal schaun, vlt. gehe ich mal hin.

    Welches Sortiment hat den der in der Schwindstraße genau?
    Ich meine ich wäre sogar mal unbewusst dagewesen, aus franken war da aber nix besonders nur mönchshof etc..

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