Bier in Rostock – Rostocker Pils und Dunkel

Nach dem ereignisreichen Perlacher Sommer war es langsam mal wieder an der Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen. Es sollte im wahrsten Sinne des Wortes ein echtes Ufer werden: das Ostseeufer in Rostock. Nicht ganz frei gewählt, ich musste geschäftlich dort hin, aber wenn man schon mal da ist, dann kann man sich auch um die lokalen Bierspezialitäten kümmern. Zum Glück war ich in Begleitung von Kollegen, die auf Reisen so wie ich denken, und regionales Essen und Trinken dem Schnitzel mit (Un)Wa(h)rsteiner vorziehen. Und einer der Kollegen hatte obendrein noch eine familärgeschichtliche Beziehung zu Rostock, sodass wir in der knapp bemessenen Zeit nicht lange suchen mussten wohin, sondern seiner Empfehlung folgend schnurstracks ins Lokal „Zur Kogge“ fuhren, das mit dem Zusatz

Rostocks älteste maritime Gaststätte

für sich Werbung macht.

Zum Ostseefisch ein Rostocker Pils

Genau aus den eingangs erwähnten beiden Gründen fiel die Wahl auf diese Gaststätte: Regionales Essen und örtliches Bier. Eine Soljanka machte die Vorspeise, der Hauptgang waren, so steht es in der Speisekarte,

Frisch gebratene Ostseeheringe mit deftigen grünen Speckbohnen und Bratkartoffeln.

Dazu mein erstes „Rostocker Pils“ von der „Hanseatischen Brauerei Rostock GmbH“.

Rostocker Pils

Mein Haupteindruck bei diesem Bier war: Sehr hopfenherb, vor allem im Abgang, aus reiner Hopfenbittere, also so gut wie keine blumigen Aromen. Eigentlich genau so, wie man sich ein „hanseatisches“ Pils vorstellt. Der Duft in der Nase war dementsprechend auch der von Bier auf einer Grundlage von sachtem Malzduft. Nachdem die Hopfenbittere der dominanteste Eindruck war, rollte ich das Geschmacksbild von hinten auf: Im Mittelteil also, vor der Bittere, entwickelte sich eine feine Säure, und davor noch, ganz am Anfang, lag noch etwas Malz, allerdings relativ schwach, weshalb ich es auch erst zum Schluss bemerken würde, würde ich wirklich rückwärts trinken können. Insgesamt also recht ordentlich mit leichter Schwäche in der Malzintensität.

Ein Zweites Rostocker Pils bestätigt diese Eindrücke. Ich bemerke noch zusätzlich, dass das Rostocker im Körper etwas mehlig ist und eine leichte Süße besitzt.

Zum Vergleich ein (kleines) Jever

Als Referenz für hanseatische, bzw. in diesem Fall friesische, Pilse wird sehr oft das Jever bemüht. Vielleicht ist dies auch der Grund dafür, dass es auch auf der Getränkekarte der „Kogge“ steht, so könnte man meinen. Der eigentliche Grund dürfte aber der sein, dass die Rostocker Brauerei und Jever beide inzwischen zur Radeberger Gruppe gehören. Dr. Oetker lässt mal wieder grüßen.

Doch Oetker hin, Oetker her – ich wollte vergleichen. Und was das für ein Vergleich war! 😮 Hui! Das war aber mal so richtig bitter. So bitter, dass es sogar schon wieder aufregend war. Es stimmt schon, was man (die Werbung) so über das Jever sagt. Das ist so bitter, dass man außer bitter kaum mehr was anderes schmeckt. Um die anderen Bierqualitäten aus dem Jever schmecken zu können, sollte man es nicht zu schnell hinunter kippen. Ich rate, möglichst lange zu versuchen, die Zunge im vorderen Bereich mit dem Jever zu umspülen. Dann wird es doch ein wenig bierig. Während man den Schluck im vorderen Mundraum balanciert, können auch gerne kleine Tröpfchen nach hinten durchrutschen, aber nur kleine. Und wenn man schließlich das malzige im Bier gefunden hat, darf man es nach hinten hinunter laufen lassen, wo es dann mit der aufregenden Bitterexplosion abschließt. Jever muss man also in der Vertikalen nach hinten gen Schlund durch schieben.

Hanseatisch oder friesisch?

Zwei Pilse waren das also. Beide herb. Das eine hanseatisch, das andere friesisch. Zum Ostseeessen fand ich das Rostocker deutlich besser passend. Das Jever würde ich zu ganz später Stunde empfehlen, weil man bei eintretender Müdigkeit davon wieder so richtig wach geschreckt werden kann. 😛

Rostocker Dunkel

Als zweites Bier aus der Hanseatischen Brauerei Rostock war noch das „Rostocker Dunkel“ auf der Karte. Das musste – und konnte! – als Nachspeise dienen. Warum „konnte“? Tja, weil es hauptsächlich nach Karamelltönen riecht, ein bisschen auch wie getrocknete Datteln. Beim Trinken wird es für ein Dunkles relativ bitter. Das scheint mir weniger Hopfen, als Röstmalz-Bittere zu sein. Doch die Duftaromen wie gesagt sind ok. Leider fehlt es auch diesem Bier, wie schon dem Rostocker Pils, am kräftigen Körper. Dieser ist deutlich zu dünn geraten, womit das Karamellaroma fast allein im Glas stehen bleibt. Auch das Aroma könnte gerne reichhaltiger sein. Es riecht zwar sehr schön und deutlich heraus, so wie „Werther’s Echte“ etwa. Das war es dann aber schon. Zu einfach und klar gestrickt würde ich sagen. Die Absicht der Brauer scheint hier sehr durchsichtig erkennbar.

Insgesamt damit: Nicht überragend, aber auch nicht wirklich schlecht. Ich bleibe trotzdem beim Rostocker Pils, das in sich stimmiger und deutlich ausgewogener ist.

Die Kogge muss sein!

Hmmm … wenn ich oben noch mal drüber lese, klingt das so, als ob ich wegen der beiden Rostocker Biere alleine jetzt nicht unbedingt einen weiten Weg auf mich nehmen würde. Wenn ich das so stehen ließe, dann täte ich der Kogge aber ganz schön unrecht. Ein stilvoller eingerichtetes Restaurant als die Kogge könnte ich mir nämlich in Rostocks Hafengegend kaum vorstellen. Von außen wirkt das Gebäude noch recht unscheinbar, aber innen sieht es dann fast so aus wie ein authentisches Seefahrtmuseum. Allerlei nautische und maritime Gegenstände sind da überall verarbeitet, dazwischen immer wieder historische Bilder gekonnt platziert. Der Gastraum in zwei Etagen ausgelegt, die obere Etage als Galerie. Und die Krönung des ganzen sind die vielen echten Schiffen nach gebauten Modelle, die von der Decke hängen. Das ist für jedermann in jedem Fall für sich allein schon sehenswert, auch wenn man nicht so sehr auf maritime Ostseekost oder mecklenburg-vorpommersches Bier steht.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

2 Kommentare

  1. örks .. Jever .. das steht bei mir im Freundes- und Verwandtenkreis für „3 Tage in der Sonne stehengelassenes Pils“, in das versehentlich eine Hopfenstaude gestolpert ist.

    Dann lieber ein 08/15-Pils Marke Bajuwarien.

    cu, w0lf.

  2. Ach, w0lf, 1x im Jahr weiß sogar ich ein Jever zu schätzen, nämlich zu Grünkohl mit Pinkel, da muss dass einfach so bitter schmecken, sonst passt es gar nicht zum Korn der vorangehenden Kohlfahrt ;-)!

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