Live-Protokoll eines Brautags im Kommunbrauhaus

Vor zwei Jahren, am Tag des Spiels England-Deutschland der Fußball-WM 2010, waren wir zum ersten mal in der Zoiglhochburg Windischeschenbach/Neuhaus. Unseren ersten Zoigl tranken wir beim „Gloser“, der Zoiglstube der Familie Popp. Dabei hatten wir Moritz Popp kennengelernt, den Juniorbrauer der Familie. Moritz hatte uns damals bereits das Kommunbrauhaus der Gemeinde Windischeschenbach gezeigt. Für dieses Jahr hat Moritz uns eingeladen, mal wieder nach Windischeschenbach zu kommen. Er hatte eine Überraschung für uns parat: Wir dürfen mit ihm einen kompletten Brauvorgang im Kommunbrauhaus erleben.

Erster Brautag – Würze Sieden

07:00 Das Blog-Team schläft noch. Braumeister Moritz schürt derweil im Brauhaus den Heizkessel mit Holz. Rund 23hl Wasser in der Sudpfanne und 20hl im Vorwärmer sind auf Temperatur zu bringen.
08:25 Von unserer Unterkunft aus können wir hinüber schauen zum Brauhaus. Aus dem Kamin steigen dicke dunkle Rauchwolken auf. Moritz ist offenbar schon am Werken.
08:45 Wir haben Moritz in der Zoiglstube abgeholt und gehen gemeinsam zum Brauhaus. Moritz bereitet gleich den Maisch- und Läuterbottich vor. Die Ventile werden justiert, diverse Klappen umgelegt und Rohre richtig gesteckt.
09:00 Das Warten auf das Thermometer beginnt. 26°C werden schon angezeigt.
09:20 30°C
09:40 35°C
10:00 42°C. Ab jetzt, so Moritz, soll nur noch langsam nachgeschürt werden, damit die Temperatur besser gesteuert werden kann.
10:10 47,5°C. Von nun an wird digital gemessen.
10:40 Während die Temperatur weiter steigt, nützen wir die Zeit, um uns von Moritz etwas Braugeschichte und Theorie erzählen zu lassen. Er erzählt uns auch, dass er die Hopfenpellets demnächst durch Naturhofpen ersetzten möchte.
10:45 57,6°C – wir haben gleich die Einmaischtemperatur von 58°C erreicht. So schnell können wir gar nicht schauen, wie Moritz die Malzschüttung startet. 500kg müssen in den Maischbottich fallen. Das Schroten hat am Vortag schon Papa Popp erledigt.
10:55 Während weiter eingemaischt wird, erklärt uns Moritz schon mal die vielen Rohrleitungen. Was wann wohin usw.
11:03 Das Malzschrot läuft und läuft und läuft… Im Sudhaus duftet es wie nach frisch gebackenem Brot.
11:08 Die Malzschüttung ist beendet. Die Maische wird in die Sudpfanne gepumpt. Der Bottich wird ausgepült, damit alle Malzbestandteile mitgenommen werden. Nichts wird verschenkt.
11:18 Die Maische ist komplett aus dem Maischbottich in die Sudpfanne hinüber geflossen. Temperatur: 62°C
11:32 Wir sind schon mitten drin in der 1. Rast, zwischen 62 und 65°C. Alles findet noch in der Sudpfanne statt.Auch wir legen im Schalander des Kommunbrauhauses eine kleine Weisswurstrast ein.
12:00 68°C – die zweite Rast beginnt.
12:10 70,2°C – die zweite Rast ist durch.
12:22 Mit 72/73°C sind wir in der Verzuckerungsrast angelangt.
12:30 Die Verzuckerung ist abgschlossen, daran erkennbar, dass sich auf der Würze einzelne Schaumflecken beim Rotieren abreißen und nach außen treiben. Der Sud ist deutlich dunkler geworden.Jodprobe. – Bestanden! Die Stärke ist jetzt zu Zucker geworden.
12:32 Abziehen der Teilmaische, d.h. die Hälfte der Würze wird in den Läuterbottich umgepumpt. Oliver legt 5 Scheite Holz nach. Die Restwürze in der Sudpfanne zum Sieden gebracht werden.
12:50 Oliver legt weitere 5 Scheite nach. Die Temperatur steigt auf 82°C
13:10 90°C
13:35 100°C !!!!
13:45 102°C!!!??? – Die Anzeige des Thermometers stimmt nicht ganz. Jetzt aber siedet die Würze. Man sieht es auch.Langsam wird sie zur bereits abgezogenen in den Läuterbottich umgepumpt. Langsam, damit die Würze dort nicht „verbrennt“.
13:55 Die Würze ist komplett in den Läuterbottich gepumpt. Die Rührwerke werden beide gestoppt. Im Läuterbottich beginnt die Läuterruhe. In der Sudpfann werden alle Leitungen ein mal durchgespült. Der Pfannenboden wird mit Wasser bedeckt, um ihn zu kühlen. Darunter brennt ja noch das Feuer.
14:25 Moritz öffnet die Hähne des Läutergrand und stellt die Fließgeschwindigkeit ein. Die erste Trübwürze wird wieder in den Läuterbottich zurückgepumpt.In der Zwischenzeit wird die Würzepfanne gründlich gereinigt.

Nun läuft die Flüssigkeit auch viel klarer. Es ist die Vorderwürze. Diese wird jetzt in die Würzepfanne eingebracht.

14:40 Wir probieren heiße Vorderwürze. Es schmeck wie Tee mit Honig. Die Farbe ist für uns Laien bereits die des fertigen Zoigl. Sie ist jedoch geringfügig heller.
15:07 Ein Läuterhahn hat sich mit Mehl zugesetzt. Moritz setzt das Rührwerk an, um den Treberkuchen anzuheben und sich wieder absenken zu lassen. Das Quellgebiet ist wieder frei. Die Würze läuft wieder ungehindert weiter.
15:25 Nachschüren. Denn die geläuterte Würze soll auf 90°C gehalten werden.
16:05 Die Würze ist komplett abgelaufen. Der erste Nachguss wird aufgegossen.
16:35 Zweiter Nachguss. Die Temperatur in der Würzepfanne erreicht knapp unter 100°C
16:50 Die Würze kocht! Der zweite Nachguss läuft noch durch.
17:05 Wir sehen zum ersten mal den Treberkuchen. An seiner Beschaffenheit erkennt Moritz, dass der Maischvorgang nach Plan verlaufen ist.

3. Nachguss.

17:20 Vierter Nachguss. Durch alle Nachgüsse zusammen sind jetzt ca. 10hl Wasser dazugekommen.
17:45 Jetzt muss der Treber aus dem Läuterbottich ausgebracht werden. Wir hatten uns zuvor schon gefragt, auf welche Weise das gehen wird. Die Lösung der Kommunbrauer ist so genial wie einfach: Durch eine Auslassöffnung in Höhe des Läuterbodens wird der Treber in eine Mörtel- oder Putzpumpmaschine geschoben, wie sie auf Baustellen verwendet wird. Damit wird der Treber durch einen Schlauch direkt in den Transporthänger vor dem Kommunbrauhaus transportiert. Einfach genial!
18:10 Erste Hopfengabe. 3,7kg.
18:30 Das Kühlschiff wird ausgespritzt, alle Fenster werden aufgerissen. Der Läuterbottich und die Putzmaschine werden gereinigt.
18:50 Zweite Hopfengabe. 2,1kg. Und sofort beginnt das Ausschlagen, das Umpumpen in das Kühlschiff.
19:00 Die letzten Würzetropfen fallen in das Kühlschiff. Das Ausschlagen ist beendet.

Zweiter Brautag – Würze Transportieren und Anstellen

08:30 Der Sud vom letzten Brauvorgang wird aus dem Gärtank in die Lagertanks geschlaucht. Moritz reinigt den Gärtank. Auch der Transporttank muss gereinigt werden. Einfaches Ausspritzen riecht dazu nicht aus, Moritz muss komplett in den Tank einsteigen und ihn von innen mit einem Schrubber putzen.
08:50 Der alte Eicher (ein Traktor) wird angeworfen. Moritz fährt den Tank zum Brauhaus. Der Würzeschlauch wird gereinigt und in die Tanköffnung, das „Mannloch“, gehängt.
09:00 Unspektakulär wirddDer Stöpsel am Kühlschiff gezogen. Unmerklich langsam läuft die Würze ab. Wir blicken auf das Raumthermometer: 10°C. Die Würzetemperatur dürfte dieselbe sein.

Im Dachstuhl duftet es ganz leicht nach Würze, denn der Raum ist gut gelüftet. Eine Geschmacksprobe zeigt natürlich immer noch sehr viel Süße, im Vergleich zur Vorderwürze von gestern ist jetzt vom Hopfen ein Aroma wie von Kräutern dazu gekommen. Es schmeckt am ehesten wie Kräutermalzbonbon.

Während Kühlschiff sich langsam leert, taucht in der Mitte ein spiralförmig zusammengehäufter weißlich schimmernder Haufen auf. Das sind die Eiweißrückstände aus dem „Kalttrub“. Am Rand des Kühlschiffs bleibt eine dünne Oberflächenhaut hängen. Diese kommt hauptsächlich von Hopfenstaub.

09:30 Das Schiff ist leer, der Tank ist voll. Auf, um und unter dem Tank liegt eine dichte Schaumkrone.

Der schwere Wagen macht sich auf den Weg nach Hause. Da die Einfahrt sehr steil ist, und der Traktor rückwärts etwas schwächlich bremst, hilft Moritz mittels eines Spanngurtes mit der Hängerbremse nach – doch es reicht nicht. Mit blockierenden Rädern, trotz abgelassener Ackerschiene, wird Moritz mit seiner Fuhre davon gezogen. Immer schneller und schneller, bis er geschickt an der Vorderachse durch die Mauer und am Hänger durch berstenden Gartenzaun zum Stehen kommt. Puuuh – das war knapp!

09:40 Die Hefe, die im ein Edelstahleimer von der vorherigen Gärung aufgehoben war, wird in den Gärbottich gekippt, während die Würze eingepumpt wird.
10:03 Der Wagen ist leer gepumpt. Moritz spindelt den Stammwürzegehalt: 11,9. Das dürfte einen Zoigl mit 4,8 bis 4,9% vol.alc. ergeben, meint Moritz. Für uns ist damit das Brauwochenende beendet.

Wie es „unserem“ Zoigl ab jetzt weiter ergehen wird, werden wir leider nicht mehr so direkt mit erleben können. Es wird wohl so weiter gehen: am 22. Mai muss die Hefe mit ihrer Arbeit fertig sein, denn da soll geschlaucht werden. Von da an wird er noch ca. sechs Wochen lagern müssen.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

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