Forschungsbrauerei München-Perlach: Das neue Sommer-Hell

Es ist noch kein ganzes Jahr vergangen, seit im August 2011 die Brüder Silbernagl die Forschungsbrauerei wiedereröffnet hatten. Und man kann nur staunen, was sie in dieser kurzen Zeit alles auf die Beine gestellt haben. Für uns Bierliebhaber war ihre größte Leistung, dass sie es geschafft haben, uns die beiden Ausnahmebiere der „Forschung“, das helle Exportbier „Pilsissimus“ und vor allem den hellen Bock, den „Sankt Jakobus“ in unveränderter Qualität zu bewahren. Doch auch bei den Freunden der bayerischen Gemütlichkeit haben sie kräftig gepunktet. Die Speisekarte ist reichhaltiger, die Gerichte  sind abwechslungsreicher – mit Mittagsmenü und pfiffigen Tageskarten, auf denen sich auch schon mal mein neues Forschungs-Leibgericht findet: Spaghetti Bolognese. Und dass die seit Jahrzehnten legendären „Stundenhendl“ und der „Forschungs-Obadzde“ weiter mit dabei sind, dürfte ich auch schon erwähnt haben, muss ich aber trotzdem immer wieder betonen. :mrgreen:

Tja, etwas in dieser Richtung war irgendwie schon zu erwarten, wenn ein Gespann aus Brauer und Schnapsbrenner (Manfred), noch einem Brauer (Hans, Zwillingsbruder von Florian) und einem Koch (Florian, Zwillingsbruder von Hans) eine Tradtionsbrauerei mit Bräustübl übernimmt. Aber innerhalb einer Zeit von weniger als einem Jahr aus einer Brauerei mit bestem Ruf eine mit noch besserem Ruf zu machen, das ist fast schon wie im Märchen. Hatte die Forschungsbrauerei früher ihren Wirkungskreis auf das Bräustübl und den Biergarten an der Unterhachinger Straße in Perlach beschränkt, so war die „Neue Forschung“ inzwischen schon außerhalb Perlachs aktiv. Beim Bierfestival „Braukunst Live!“ z.B. im vergangenen April haben die Silbernagls das Catering für die Veranstaltung übernommen. Und demnächst, vom 6. bis zum 15. Juli, werden sie beim Unterhachinger Bürgerfest mitwirken.

Die Silbernagls verstehen das Gastwirtsgeschäft offensichtlich sehr gut. Das hat man in der Braustätte in Perlach in den letzten elf Monaten oft und gut erfahren können. Ich erinnere an die „heimliche Eröffnung“ am 1. August. Dann an den schon legendären Bockbieranstich mit Ochs am Spieß im September. Es folgte ein Weiberfasching mit der Band „Tropical Rain“,  und im Frühjahr ein festlicher Fastenbockanstich. Und wenn in der Forschung gerade mal kein Fest ist, dann ist es trotzdem schön 😎 .

Neben all diesen Aktivitäten, man glaubt es kaum, haben die Brüder auch am Bier „geforscht“. Und was echte Profis sind, die beginnen dabei mit den Grundlagen, an der Brauanlage. Im Winter wurde ein Whirlpool in das Sudhaus eingebaut, und ein neuer Würzekühler mit Wärmerückgewinnung. Das muss erst mal auf die oben genannten Traditionssorten eingestellt werden, was nach meinem Geschmacksempfinden bestens gelungen ist. Und wenn alles passt, dann kann man auch mal was neues probieren. Das haben die Brüder getan, und im Mai bereits eine neue Forschungsbrauerei-Sorte eingeführt: Das „Forschungs-Sommer-Hell“. Mit dem Feedback der Gäste haben sie jetzt schon den zweiten Sud davon gebraut. Am Sonntag, dem 17. Juni 2012, war er ausgereift – Zeit für ein weiteres tolles Fest in der Forschungsbrauerei:

Vorstellung des neuen Sommer-Hell mit Festprogramm

Zu diesem Festprogramm gehörten Auftritte einer Trachtentanzgruppe, einer Gruppe von Goaßlschnalzern sowie die Trachtenkapelle „De Richtig’n“. Und natürlich das neue Bier! Wenn dieses Bier aber schon seit Mai ausgeschenkt wird, was war denn dann so neu am neuen Sommer-Hell? Im Grundgeschmack hat sich nichts geändert. Der ist noch genau so, wie ich ihn bei meinem Erstkontakt mit dem neuen Bier beschrieben habe (klick), also leicht, frisch, zart malzig, mild gehopft, schön abgerundet, rundum angenehm. Doch mancher Stammgast hatte gerade mit der Leichtigkeit dieses Bieres sein Problem. Verständlich, wenn jemand seit Jahrzehnten die kräftigen FoB-Biere trinkt. Das haben die neuen Brauer aufgenommen und dem zweiten Sud ein wenig mehr Stammwürze verliehen. Die Malz- und Hopfenmischung wurde ansonsten aber beibehalten. Es gab ja auch keinen Grund, dieses auf Anhieb so gut gelungene Rezept zu ändern. Zur Feier des Tages wurde sogar ein kleiner Teil des ansonsten natürlich geheimen Rezeptes Preis gegeben: Vor dem Stüberl waren die Grundzutaten Wasser, Malz und Hopfen ausgestellt, die im Sommer-Hell verwendet werden. Ich freute mich besonders über den Behälter mit dem Naturhopfen der Sorte „Hallertauer Aroma“. Ich musste im Laufe des Tages immer wieder hin gehen, und meine Nase daran befriedigen.

Mir wäre der stärkere Stammwürzegehalt kaum aufgefallen, wenn nicht Manfred Silbernagl mich darauf aufmerksam gemacht hätte. Aber nachdem ich es nun wusste, muss ich sagen: geschadet hat die leichte Verstärkung auf keinen Fall. Nur vorher war es eben auch schon gut. Deutlicher noch als die Stammwürzeerhöhung hat mich aber der Fassauschank beeindruckt. Durch den Direktausschank war das Sommer-Hell unverfälscht, mit natürlichem Kohlensäuregehalt. Dazu kam dann noch der Effekt, dass das Sommer-Hell im Sommer sich im Steinkrug natürlich erwärmt, aber langsam, mit der richtigen Geschwindigkeit. Da entsprang an diesem Tag aus dem Fassbier erst das feine Malzaroma, zu dem sich mit zunehmender Temperatur immer mehr vom milden Hopfenaroma mischte und umgekehrt, und nach etwa der Hälfte der Maß erschien schließlich auch noch eine leichte aber angenehme Hefenote, das könnte durch die  Naturtrübe kommen. Wäre der Geschmack des Sommer-Hell nicht perfekt, spätestens am Ende der Maß, bei einer Temperatur weit weg vom Lagerkeller würde ich es merken. Ich merke aber nichts, rein gar nichts, was irgendwie störend oder unangenehm wäre. Nur das Gegenteil!

Die Bilder vom Fest

(Tipp zum leichteren Betrachten: Ein Bild anklicken und dann unter dem Pop-up mit den Pfeilen navigieren.)

Fazit

Manchem langjährigen Stammgast war das Sommer-Hell zu leicht (die Stammtischausdrücke dazu will ich hier nicht wiedergeben). Ich dagegen sage: es ist genau richtig! Ein Helles für den Sommer muss leicht sein. Und im Geschmack ist es für diesen leichten Charakter ebenfalls perfekt getroffen. Vor allem wenn man bedenkt, dass es die erste Neukreation der Brüder Silbernagl ist. Zu diesem wohlschmeckenden perfekten Durstlöscher kann ich ihnen nur herzlichst gratulieren.

Man darf gespannt sein, was auf das Sommer-Hell folgen wird. Nach dem „Sommer-Hell“ vielleicht ein „Herbst-Gold“? Und danach dann das „Winter-Dunkel“? Für den Frühling besitzt die Forschung ja bereits das Frühjahrsstarkbier, den „Sankt Jakobus“. Die Gäste munkeln aber schon von einem Forschungs-Weißbier. Das könnte dann doch eine „Frühlings-Weiße“ werden, oder? Ich könnte mir einen solchen oder ähnlichen Reigen durch die Jahreszeiten in der Forschung eigentlich ganz gut vorstellen. Wahrscheinlich haben die drei Brüder aber bereits ganz andere bierige Überraschungen für uns im Kopf, so einfallsreich wie wir sie im vergangenen Jahr kennengelernt haben.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

3 Kommentare

  1. Hut ab vor den Gebrüdern Silbernagl. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt und ein wunderbares leichtes Sommerbier gebraut. Ich kenne viele Forschungsbesucher, die dieses Sommerbier sehr gerne trinken. Verstehen kann ich die ewig gestrigen Biertrinker nicht, die sich darüber abfällig äußern. Sollen die doch weiter ihren Pilsissimus oder ihr Bockbier trinken und ihre dummen Kommentare für sich behalten.

  2. Hallo,

    ich habe das Sommer-Hell probiert und es schmeckt gut – bin gespannt wie lange es angeboten wird und was noch folgt.

  3. Inzwischen konnte auch ich mal am Sommerhell nippen – aber mir taugt es nicht so sehr. Obwohl ich im Sommer auch gern was Lufitges habe, war mir dieses Bier – jedenfalls an diesem Tag – eindeutig zu leicht, einfach irgendwie zu wenig, viel zu zart. Es mag damit zu tun haben, dass ich vorher ein unschlagbares Ayinger Zwicklbier hatte, das ja schon einen sehr deutlichen Charakter hat. Zumindest läßt sich also sagen, dass die Reihenfolge wichtig ist, und von kräftig/charaktervoll auf leicht/zart ist keine gute…

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