Brauerei Pinkus Müller in Münster: Altbier & Co.

Einer der Mit-Stammgäste in meiner Lieblingsbrauerei in München ist mehrmals im Jahr in Münster – das Münster in Westfalen, wie die DB immer in die Fahrpläne schreibt. Wenn er dann wieder kommt, erzählt er immer ganz aufgeregt, dass es auch dort, in Münster, ein sehr gutes Bier geben soll. Und zwar von einer Brauerei namens „Pinkus Müller“. Die machen ein Altbier, aber auch andere Biere. Urig sei die Gaststätte. Und eine traditionelle Trinkkultur gebe es auch: Die Krüge der Stammgäste fassen 0,5l, während heute die übliche „Maß-Einheit“ in NRW 0,4l ist. Ein Problem. Die Lösung von Pinkus Müller: Stammgäste bekommen ihren Krug mit 0,5l gefüllt, zahlen aber wie jeder andere für ein 0,4-er Bier. Das alles klang für mich interessant genug, sodass ich die erste Gelegenheit die sich mir bot nützte, um in Münster diese Brauerei aufzusuchen.

Original Pinkus Alt

Das allererste, das man über das Pinkus Alt wissen muss, ist dass es weder so schmeckt noch so aussieht wie man sich Alt für gewöhnlich vorstellt, also wie etwa die Düsseldorfer Altbiere. Als ich mich an einem Tisch vor der Brauerei in der Kreuzstraße in Münster niedergelassen hatte, fragte ich den Kellner gleich: „Alt – das ist Euer Berühmtes (Bier)?“, worauf er antwortete:

Ja, aber es ist ein helles Alt!

Ok, also ein helles obergäriges Bier. Das könnte dann so ähnlich schmecken wie ein Kölsch, oder wie ein Düssel-Alt, wenn man das karamellige vom Malz wegnimmt, denke ich mir. Doch nix dergleichen, sondern ganz ganz anders! Mit dem „Pinkus Münstersch Alt“, das mir der Kellner serviert, schickt er mich los auf eine Abenteuer-Entdecker-Reise der Geschmacksempfindungen.

Ich rieche wie immer erst am Bier. Es duftet eindeutig obergärig, leicht fruchtig. Sonst aber nicht allzu sehr. Vielleicht wegen der kühlen Schanktemperatur. Das Alt will getrunken werden, was ich umgehend tue. Es ist äußerst erfrischend, prickelnd, sehr feinporig. Während es wärmer wird, wird es auch malziger, fruchtig-malzig. Darunter entfaltet sich eine zarte Säure. Im Abgang schließlich wird es bierig herb, doch nicht zu arg. Der Hopfen scheint mir für die Bitterwirkung gewählt, also eine recht tradtionelle Hopfung.

Als das Alt noch wärmer wird, es ist ja Anfang Juli, merke ich, dass es stark – im Positiven – auf die Temperatur reagiert. Das Malz wird noch deutlicher schmeckbar, die Hopfenherbe wird intensiver. Das Prickeln wird ausdauernder und schöner, während es gleichzeitig so schön feinporig bleibt.

Nachdem mein erster Durst nun gestillt ist, kann ich mich auch mit der Bierkarte und den darin enthaltenen Informationen beschäftigen. Ich lese mit Erstaunen:

Pinkus Alt ist ein aus Malz, Hopfen und „obergäriger Hefe“ nach altbewährtem Brauverfahren hergestellter Labetrunk, welcher durch lange Lagerung (ca. 6-7 Monate) seinen weinähnlichen Charakter erhält …

6-7 Monate 😯 – du gute Güte! Das habe ich bisher noch nie gehört. Aber es erklärt doch einiges. Vor allem das fruchtige Malz und das feinporige Prickeln, duch welches das Alt einen leicht metallisch wirkenden Charakter erhält. Dazu noch die Säure. Das ist in der Tat etwas Weinartiges. Gut, Wein prickelt in der Regel nicht. Aber die Prickel-Kohlensäure und der hopfenherbe Abgang machen den „Labetrunk“ damit vom Malzwein zum Bier. Das obergärig Fruchtige schließlich macht das Bier zum Alt.

Wirklich höchst ungewöhnlich, das Pinkus Münstersch Alt. Vor allem die Säure beeindruckt mich. Nach dem zweiten Alt würde ich sagen, und notiere mir das auch so, dass das Verhältnis von Fruchtnote zu Säure etwa Eins zu Drei beträgt.

Um 22:00 Uhr müssen wegen der Anwohnerschonung die Tische im Freien geräumt werden. Daher gehe ich noch auf ein letztes Alt in die Gaststätte mit dem Brauereiausschank. Weil ich immer noch ganz baff bin von den 6-7 Monaten, spreche ich den jungen Kellner darauf an. Eigentlich wäre ein Brauer ja der beste Ansprechpartner dafür gewesen, doch die sind eher tagsüber am Werk, und dann auch weniger am Ausschank als in der Brauerei. Der junge Mann, ein Student, war sehr ehrlich und gab mir gleich zu verstehen, dass er von dem Bier noch nicht allzu viel wüsste. Es wäre auch sein erster Tag in der Gaststätte. Aber er könne ja seine Kollegin holen, die wüsste Bescheid. Sie war jedoch nicht mehr da, aber er war dennoch sehr hilfreich und besorgte mir einen kleinen Brauereikatalog mit den Beschreibungen der Pinkus Biere. Und diesem Katalog entnahm ich eine kleine Sensation. Darin steht nämlich, dass das Alt natürliche Milchsäure enthält. Milchsäure! Sagenhaft! 😎 Das ist also das Geheimnis der feinen Säure, die ich die ganze Zeit schon geschmeckt habe. Mit diesem Wissen schmeckt mir das Alt doch gleich noch mal um einiges besser.

Bio-Brauerei mit MeisterIn

Der Katalog ist natürlich ganz klar ein Werbemittel. Warum auch nicht. Die darin herausgestellten Fakten über die Brauerei Pinkus Müller kann ich alle voll und ganz unterstützen und gebe sie gerne wieder:

  • Es werden ausschließlich Bio-Zutaten verwendet, beim Malz genau so wie beim Hopfen. Die Lieferanten sind in der Regel Betriebe der Verbände Bioland oder Demeter.
  • Pinkus Müller hat sich schon früh auf Bio eingestellt und nennt sich damit die „Älteste Bio-Brauerei der Welt“.
  • Der Familienbetrieb wird heute von der BraumeisterIn Barbara Müller geführt.

Alt-Zusammenfassung

Rückblickend bleibt von meiner Alt-Abenteuerreise folgendes übrig.

Im Gesamtcharakter hat es einen dezenten Duft, leicht fruchtig. Auch im Geschmack leicht fruchtig, leicht bis mittel malzig und stark und gleichzeitig fein säuerlich. Der Abgang hopfenherb. Über die ganze Strecke feinporig prickelnd, mit metallischem, leicht mineralisch salzigem Charakter.

Vollmundig, aber mal ganz anders: Spritzig, sauer, fruchtig, frisch und herb.

Ein einzigartiges Alt. Hell! – Genial!

& Co.

Das Alt ist für mich eindeutig das Flaggschiff von Pinkus Müller. Die anderen Pinkus Biere verdienen es jedoch auch, erwähnt zu werden, so weit ich sie in dieser Woche auch verkosten konnte.

Pinkus Spezial

Ein unfiltriertes Bier. Schmeckt mehlig, jung, wie Zwickel. Ist schön kräftig würzig herb. Vom Gesamteindruck würde ich sagen: Typisch „Bioland“ 😛 Aber bitte nicht falsch verstehen. Damit meine ich kein „Müsli-Bier“, sondern ein Bier mit sehr naturbelassenem, naturnahem Geschmack.

Pinkus Pils

Im Kontrast zum Spezial zuvor deutlich kristallklar und rein vollmundig malzig. Feinherb mittelkräfig gehopft. Sehr ausgewogen mit angenehmer Würdigung der Malzseite. Ein Pils im goldenen Mittelweg zwischen Hopfen und Malz.

Jubilate

Ein dunkles Bier. Brotig malzig. Zart, mild, cremig. Ganz leicht süß. Feinherb. Das deutlichste Charakterzeichen dieses Dunklen, das sich mir einprägt, ist seine halb-samtige Weichheit und die zarte Süße wie von Karamell.

Pinkus Bock

Dieser (und auch das nächste) standen nicht im Werbekatalog. Ich habe es an einem Nebentisch bei Münsteraner Studenten gesehen und von diesen zur Info bekommen, dass der Bock und das Extra neue Biere im Sortiment sind, seit Oktober 2011, sagt man mir.

Den Bock gibt’s aus der Flasche. Darauf steht, dass er mit Weizenmalz gebraut wird. Demnach müsste es ja ein obergäriges Bier sein. Aber auch hierzu kann mir der Kellner keine Auskunft geben, und im Katalog ist es auch noch nicht beschrieben. Für den guten Geschmack ist diese Wissenslücke jedenfalls überhaupt kein Problem. Ich genieße den Bock voll und ganz.

Er ist mittelschwer malzig, mit schönem kräftigen Karamellton auf 6,5% vol. alc. – nicht zu viel und nicht zu wenig. Dazu passt auch die Kastanienbraune Farbe.

Pinkus Extra

Dies ist ein Bier vom Typ Pils. Ebenfalls aus der Flasche, auf welcher steht: „extra herbes Bier“. Daher also der Name. Wie beim Bock schon erwähnt ist das Extra ebenfalls ein jüngeres Bier aus dem Pinkus Sortiment. Es hat, wie übrigens die anderen Pinkus Biere alle auch, keinen sehr starken Geruch. Ich nehme vor allem den würzigen Hopfen wahr. Alles andere wäre jetzt auch verwunderlich gewesen, bei einem Bier, das laut Flaschenbeschriftung besonders, sprich „extra“ herb sein soll. Die Flasche sagt weiter, dass es sich bei dem Hopfen um Naturhopfen handeln soll. Das wiederum beeindruckt mich sehr. Denn der Abgang und der Nachhall sind sowas von klassisch bitter-herb. Da möchte die Brauerei wohl ein Konkurrenzprodukt zum Jever herstellen. Falls dem so ist, dann ist dieses Vorhaben mehr als gelungen. Jever u. ä. sind nämlich in der Hauptsache nur bitter, und das besonders im Abgang. Das Pinkus Extra dagegen ist auch vorneweg deutlich vollmundig malzig. Und dann eben doch auch mit dieser extra starken Hopfenwirkung – aus Naturhopfen. Da sag ich nur: Hut ab, Pinkus Müller(In)! 😎

Mein Pinkus-Favorit

ist und bleibt rückblickend jedoch mein allererstes Pinkus-Bier, das Alt. Nach einer Woche Aufenthalt in Münster wage ich fast zu behaupten: Das beste Alt der Welt!

Alt – hell – mit Milchsäureanteil. Hmjam!!! 😛

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

4 Kommentare

  1. mhhh…ich war auch gerade in Münster und muss leider sagen, dass ich von den Bieren der Pinkus-Brauerei enttäuscht war. Der Ausschank ist genial und gemütlich, aber die Biere, naja….
    Zum einen werden die Biere viel zu kalt serviert. Nicht gerade ein Ruhmesblatt für ein Brauereiausschank und dann ist das Alt für mich nur dünn und säuerlich gewesen. Kaum eine andere Geschmacksentfaltung. Ich habe mir extra nochmal ein Flaschbier geholt, aber auch da wollte mir das Alt nicht munden. Aber Geschmäcker sind halt verschieden…

  2. ich habe gestern zum ersten mal, ein paar biersorten probiert. ich war begeistert, ich werde es öfter tun

  3. Manfred Kurzbach

    ich wohne in 26603 Aurich.Wo kann man in der näheren
    Umgebung Pinkus Bier kaufen?

  4. Auf der Brauereiwebseite unter http://pinkus.de/brauerei/vertrieb/ sind die Bezugsquellen aufgelistet.

    Daneben wird im Artikel erwähnt, dass es sich um eine „Bio-Brauerei“ handelt. Dann stehen die Chancen gut, dass der lokale Bio-Markt das Bier führt oder vielleicht auf Kundenwunsch bestellen kann.

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