Schloßbrauerei Ellingen – Spezialführung

Vor zwei Jahren hatte benhur bei einer Flaschenbierprobe ja einmal das Bier der Schlossbrauerei Ellingen verrissen. Inzwischen hatte Ralf über seine Brauer-Kontakte auch den Braumeister aus Ellingen kennengelernt, Stefan Mützel, der das nicht auf sich sitzen lassen wollte, und uns zu einer Spezialführung in sein Schloß einlud, um uns von der Qualität seiner Biere zu überzeugen.

Um es gleich vorwegzunehmen: er konnte uns nicht überreden – aber überzeugen! Aber es ging an diesem Abend nicht bloss darum, wie man hier Bier braut – nämlich genauso wie anderswo, die Details der 4 Zutaten können wir nicht-Brauer ja sowieso nicht bewerten – sondern es ging vor allen Dingen auch darum, den Charakter der einzelnen Biere zu erfahren und erschmecken und dabei so manche Anekdote „mitzunehmen“.

Wir wurden also durch den Empfangsbereich in den ersten Raum geführt, in dem auf einem Podest wie auf einer Bühne die Hauptdarsteller sich präsentierten: die Sudpfannen. Wir nahmen auf den Bierbänken Platz und erfuhren erst ein mal ein paar grundelgende und auch außergewöhnliche Fakten und Anekdoten:

  • Das Ellinger Sudhaus wurde von Ziemann im Jahr 1985 gebaut. Ziemann ist eine Firma aus dem Schwäbischen. Heute baut Ziemann nur noch Groß- und Größtbrauereien.
  • Der Braumeister und Betriebsleiter Stefan ist mit seinen 31 Jahren noch recht jung, ist nun seit 3,5 Jahren in Ellingen, vorher hat er in Weihenstephan studiert.
  • Die Brauerei gehört tatsächlich noch dem Fürsten, nämlich dem Junior. Sie hat einen Jahresausstoß von 10.000 Hl eigenes Bier, und zwar Untergäriges, am meisten Export sowie Pils; dazu werden noch Weißbier (von Gutmann) und Limo etc. vertrieben, insgesamt 18.000 Hl.
  • Regionales wird groß geschrieben: das Wasser kommt aus dem eigenen Brunnen – bei 18 Härtegraden muss es aber vorher enthärtet werden, das Malz stammt aus der Pappenheimer Mälzerei Wurm, die Hefe stammt von Herrnbräu in Ingolstadt und der Hopfen aus der Hallertau und aus Spalt. Die Hopfensorte „Saphir“ hat Stefan Mützel in Spalt eingeführt. Dazu musste er einen Hopfenbauer gut überreden und ihm die Abnahme zusagen. Stefan Mützel kennt auch die „Hopfenweisse“ von Schneider – „Tap 5“. Der spezielle Aromahopfen darin ist die Sorte „Cascade“, ein US-Hopfen. Es gibt 199 Hopfensorten! Man unterscheidet sie nach ihrer Betonung von 3 Geschmacksanteilen: das eigentlich Hopfige, das Grasige („herbal“) und das Würzige („spicy“).
  • Ein Pils soll nach einem Konsens deutscher Brauer 36 Bittergrade haben. Helles hat 14-16 Bittergrade.
  • Der „Trick“ an Beck’s Pils ist, dass es Dünnbier ist. Man braucht dann weniger Hopfen, damit es „pilsig“ wird.
  • Es gibt 2 Sorten von Märzen: das „endvergorene“ wie etwas das Strauss-Märzen, und solches mit einer Rest-Süße.
  • Ein Trick zur Erzeugung trüben Bieres ist die „physikalische Trübung“. Das Bier wird erhitzt, wodurch Eiweiß ausfällt. Diesen Trick wenden Großbrauereien bei Weißbier an.
  • „Kochende Gärung“ entsteht durch unterschiedliche Temperaturzonen und ist deshalb nicht erwünscht.
  • Beim Gären wird der Sauerstoff verarbeitet, was davon jedoch bis zur Abfüllung noch im Bier verblieben ist, würde dieses später kaputt machen. Darum werden die Flaschen vorher mit CO2 gefüllt, auch beim „Schlauchen“ (Umpumpen in den Gärkeller).
  • Diacethyl als Gärnebenprodukt z.B. im Pilsner Urquell, geht in die Nase. Wird durch Lagerung wieder abgebaut. In Deutschland verpönt, aber in der CZ gewollt.
  • Bier ist idealerweise bei 10-12 Grad aufzubewahren und bei 12 Grad zu trinken. Je wärmer, desto stärker ist der Geruch, was besonders für dunkle Biere gilt, bei denen dann vornehmlich der Färbemalzgeruch steigt.
  • Einschenken: Im Augustiner „Gasthaus Isarthor“ in München wird die Kunst des Gläserspülens so gut beherrscht, dass jeder Schluck einen „Jahresring“ an der Glasinnenwand hinterlässt. Das erreicht man durch Spülen mit Zitronensäure (2%ig) und gut mit Wassser nachspülen. Dadurch bleibt der Schaum so gut am Glas haften.
  • Spannung: Stefan empfiehlt uns das Buch „Der Bierzauberer“ von Günther Thömmes als Lektüre.
  • Empfehlung: Der „13. Apostel“ in Eßlingen, gleich nach den Zwölf Aposteln 😉 im Altmühltal sei eine schöne alte Gaststätte mit gutem Essen & Trinken.
  • Empfehlung: Der Biersommelier Bernhard Zitter im Wellnesshotel „Gut Riedelsbach“ sei ein echtes Original, hat über 100 Biere im Haus, „stachelt“: einen rotglühenden Stab ins Bier halten, sodaß dies karamelisiert und den typisch dunklen Geschmack bekommt, ähnlich wie auch ein Steinbier funktioniert.
  • Empfehlung: Der Biertempel in Bad Tölz ist ein Wirtshaus als Tempel oder umgekehrt, auf jeden Fall eine Attraktion, die man erlebt haben soll.

Während dieser Erzählungen bekamen wir auch den obligatorischen Brauerei-Werbefilm zu sehen, aber der war hier wirklich was besonderes, nämlich in 3D! Das kommt ziemlich gut bei den Aufnahmen des Hopfens oder beim Blick in die Sudpfanne… Aber auch das Bier selbst ist hier in Ellingen seit neuestem in 3D: das Ettikett nämlich trägt 3D-Bilder der Brauerfamilie und lokaler Gastronomen, die man mit der den Kästen beifegügten rot-grün-Brille betrachten kann (sofern man nicht schielt ;-)).

Nun aber zum Bier selbst:

Winterbock

wird mit 5 Malzen (Pilsner, Münchner, Karamalz, 2 Färbemalze) im 2-Maisch-Verfahren gebraut und ist endvergoren, d.h. nicht süß, er hat 45 Bittergrade und einen Alkoholgehalt von 7,5% vol. Er wird 12 Wochen zum Reifen gelagert. (Ähnlich stark ist auch  der Josefi-Bock, den mann dann auch im Faß bekommen kann.)

Farbe: dunkelbernstein. Der Schaum hält sehr gut. Wir stellen zufrieden fest: kein Brandgeruch, sondern so, wie es sein soll. Geschmack: nur leicht süß, dafür erdig. Mit der Wärme kommt zwar tatsächlich mehr Färbemalzgeruch, jedoch kein stärkerer Malzgeschmack.

Schloßgold

 Mit über 12% Stammwürze ordentlich stark. Ein Export eben. Das Standardbier vieler Stammgäste im Schlossbräustübel.

Farbe: goldgelb. Ein zarter Geruch, ausgewogen. Ebenso zart im Geschmack, weich, sehr „golden“. Mit viel Kohlensäure.

Edelpils

hat einen tollen Hopfenduft, „edel“ eben. Dieser wird durch die Hopfensorte „Saphir“ erreicht.

Farbe: sehr klar, etwas heller als das Schloßgold. benhur empfindet den Geruch als sehr „grün“, grasig. Das Pils hat einen leichten, luftigen Geschmack genau passend zum Geruch.

Urhell

wird seit gut 300 Jahren hier unverändert so gebraut. Es erreicht 4,9% alc. aus 11,5 Stammwürze. Das Urhell hat 21 Bittergrade, etwa soviel wie ein Becks Pils.

Farbe: goldgelb fast wie der Winterbock. Der Geruch ist eher strohig, nach Gerste.

Dunkles

ist mit 90% Münchner Malz gebraut. Es ist mit 4,9% alc. auch nicht stärker.

Farbe: sehr dunkel. Es entwickelt einen Geruch nach Kastanie oder gar Pistazie, Paranuß? Auch bei diesem Bier ist der Geschmack die Fortsetzung des Geruchs. Es ist allerdings ein wenig zu spritzig, man sollte nicht zu kleine Schlucke nehmen.

Kellerbär

ist Ellinger Dialekt, passend dazu ein altmodisches Ettikett. Das Bier war früher nur als Faßbier erhältlich, da es nicht pasteurisierbar ist und dadurch schwierig im Handling. Ist das einzige Unfiltrierte im Sortiment.

Farbe: Der Geruch ist erstaunlich fruchtig (durch die Hefe). Auch im  Geschmack sehr fruchtig, leicht „weizig“, nur durch die noch aktive Hefe.

Einfach toll! Für benhur die Entdeckung des Abends.

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

Ein Kommentar

  1. ich war zu besuch am brauereifest ende juni 2011, habe mit dir gesprochen übers bier. deinnbericht über brauerei und bier hat mir sehr gut gefallen und selbst ich als braumeister habe noch dazu gelernt. braue selbst in meiner minibrauerei im sommer hefeweizen. mein bier heißt: klosterbier

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