Bier aus USA: Manzanita Brewing – eine echte Microbrewery

Bei meiner Brauereitour in Escondido hatte ich am Tasting Table von Stone einen Flyer von der „San Diego Brewers Guild“ aufgegriffen, in dem die Brauereien in und um San Diego aufgelistet waren. Die Liste war höchstwahrscheinlich nicht vollständig, aber für meinen kurzen Urlaub mehr als ausreichend. Der Flyer hatte auch den Vorteil, dass die Brauereien schön übersichtlich mit Landkarte zusammengefasst waren. Ich hatte inzwischen schon so viele Namen gehört und auch teilweise getrunken, dass da schon allerlei bekannte drauf waren. Die „Alpine Beer Company“ in Alpine CA z.B. Und diese hatten wir uns für heute ausgesucht. Auf der praktischen Karte sahen wir, dass auf dem Weg dort hin noch eine Brauerei lag, deren Name mir bis dato noch gar nichts sagte: die Manzanita Brewing Company in Santee.

Die Homepage von Manzanita war (Stand Februar 2011) ziemlich unspektakulär, einfach und leicht billig wirkend gestrickt. Gab aber alle wichtigen Informationen wie die gebrauten Biere und die Öffnungszeiten des sog. „Tasting Room“, der Probierstube. Einen Brewpub schien es nicht zu geben, auch keine Angabe, wo außer in der Brauerei selbst die Biere noch erhältlich wären. Tasting war von 4 bis 8 pm. Also war unser Plan: erst Manzanita in Santee, und dann weiter nach Alpine. Zu letzterem sollte es nicht mehr kommen.

In Santee leitete uns unser Navi in einem Gewerbegebiet auf einen Hinterhof, auf dem in verschiedenen garagenartigen Gebäuden allerlei Werkstätten untergebracht waren. Und eine von diesen Werkstätten, die in 9962 Prospect Ave Suite D, schien doch tatsächlich so eine Art Pub zu beherbergen, das zeigte uns das Leuchtschild „Open“ im Fenster. Und in diesem Pub waren schon einige locals fleißig bei der Bierprobe. Als wir eintraten, fielen wir gleich auf, vor allem ich mit meiner Kamera. Darauf angesprochen erklärte ich, dass dies mein erstes beer tasting dieser Art war (in den Staaten hatte ich gemeint), worauf Stefanie, die Bedienung, freudig grinsend laut ausrief „Oh! Virgins! :-)“. Mein Begleiter erwiderte darauf, nur er wäre eine „virgin“, wohingegen ich eher „like a bleeding virgin“ wäre. Der Erfolg war großes Gelächter der Anwesenden, und wir waren damit bestens eingeführt.

Durch ein großes Fenster war die Brauerei einsehbar. Die Gerätschaften sahen teilweise nach ausrangierten Teilen einer Wäscherei aus, teilweise nach Brauereihobbystallation. Alles in allem aber sympathisch klein, sodass ich hier erstmals das Gefühl hatte, in einer echten Microbrewery zu sein. Stefanie meinte, man könne es sogar eine „Nanobrewery“ nennen. Neben dem Fenster befand sich der Ausschank mit den Manzanita-Taps und davor die Theke, an der die echten Americans saßen, die ab und an mal interessiert zu uns herüberblickten, und mit denen wir im Laufe des Abends recht rege ins Gespräch kamen. An den im im tasting room verteilten Tischen saßen weitere Gäste. Diese waren bereits bei der Bierprobe, und hatten je sechs Probiergläser vor sich stehen, angerichtet auf einem Blatt Papier, auf dem die jeweiligen Biere kurz beschrieben waren.

Wir bestellten uns auch so ein Probierset, und gleich beim ersten Bier haute es mich fast vom Hocker, als ich las

Riverwalk Blonde – Kolsh Style Blonde Ale

Ein Kölsch also! Bzw. ein Bier kölscher Brauart, um die stolzen Karnevalstädter nicht zu beleidigen. „Kolsh“. Der Braumeister Garry und sein Brauer Jeff sagten mir, dass sie mehr oder weniger zufällig auf das Rezept gestoßen sind, und es einfach mal ausprobiert haben. Ein Bier mit den Zutaten für Kölsch, und mit Kölsch-Hefe gebraut. Diese Hefe beziehen sie nicht aus Köln, sondern von einem Brauereizulieferer namens „White Labs“ hier in Kalifornien.

Wärend der Probe ist mir auf dem „Beiblatt“ bei der Malzangabe zum „Brown Ale“ der Begriff „Cara-Pils“ aufgefallen. Mir kam der Verdacht, dass das von der Mälzerei Weyermann aus Bamberg sein könnte. Als ich Head Brewer Garry Pitman danach befragte, meinte er, er wüsste gar nicht, woher das jetzt käme. Könnte schon Deutschland sein. – hmmm – Aber dann zeigte er doch wenigstens auf Anhieb auf den richtigen Stapel im Regal und war selber ganz überrascht, dass er tatsächlich auch mit deutschem Malz braut: Sein Cara-Pils ist aus Heidelberg.

Die Biere

Ich muss sagen, dass das Manzanita Kölsch in Geschmack und Trinkerlebnis den Kölschen aus Köln in nichts nachsteht, ich fand es sogar besser als so manches Original aus Köln. Das habe ich auch im Tasting Room öffentlich geäußert, was die Brauer gerne hörten. Und auch die Americans waren über mein Urteil sehr erfreut. Denn nicht wenige von diesen trinken auch gerne das Kolsh und nutzten meine Anwesenheit, um mich ein bisschen über das „echte“ Kölsch auszuhorchen. Sie waren sichtlich erfreut, dass sie ein offenbar recht authentisches Bier deutscher Brauart in ihrer local brewery genießen können.

Doch jetzt der Reihe nach.

Riverwalk Blonde – Kolsh Style Blonde Ale

Das habe – nein – musste(!) ich oben gleich als erstes erwähnen. In Köln gibt es zum Teil wesentlich schlechtere. Ich fahre jetzt lieber nach Santee CA als nach Köln DE 😉

Red Ale

Das war dezent malzig, fruchtig im Aroma, hatte eine leichte Röstmalzbittere.

Pale Ale – American Pale Ale

Das ist schon ein ziemlich herbes Ale. Eifert aber den über-starken amerikanisierten Hopfenduftnoten der „großen“ IPAs nicht nach. Insgesamt sehr natürlich gerstig, malzig schmeckend. Auch den Alkohol merke ich so langsam.

Brown Ale – Amercan Brown Ale

Jetzt wird es richtig schön vollmundig malzig wie Kaffee und aromatisch wie Schokolade. Aber auch sehr alkoholisch mit 8.0% ABV. Echter Kaffee und echte Schokolade sind bitter, das Brown Ale dagegen nicht 🙂

Bei einem der Stammgäste hatte dieses Bier wohl früher mal derart eingeschlagen, dass Stefanie die Ausgabe an diesen Gast verweigerte. 😯

IPA – American IPA

Ich lese 90 IBU, die Bittereinheiten. 90 sind sehr heftig. Somit erwarte ich eine amerikanisierte Hopfenduftspielerei. Das ist es dann auch ein wenig. Aber ganz und gar nicht so übertrieben wie die „großen“ Microbreweries es machen. Das Malz wird hier nicht kaputt-geschrien. Eines der besten IPAs, die mir bisher unter die Nase und in den Mund gekommen sind. Ich habe auch mit Jeff, Garry’s Brauer darüber gesprochen. Er ist mit mir einer Meinung, dass im Bier doch das Malz die Hauptzutat ist. Hopfen ist wichtig und auch schön, aber man kann es auch übertreiben.

Bei Manzanita hat man jedoch das richtige Maß gefunden.

Brown Porter

Die vorangehenden Biere waren alle mehr oder weniger die Standardbiere der Manzanita Brewing. Aber Garry probiert immer wieder mal was aus. Auch auf dem Tasting Bogen ist ein Platz für ein sechstes Bier. Bei unserem Besuch war dies gerade das Brown Porter. Es war eigentlich dem Brown Ale nicht unähnlich. Angenehm rund, vollmundig malzig, etwas schokoladig, wenig Bittere.

Nicht von Manzanita – nur „bei Manzanita getrunken“: Kirschbier von Homebrewer Randy Lewis

An diesem Abend kam, schon etwas später, als das ganze Tasting schon in vollem Gange war, ein Gast mit einer vollen(!) Flasche zu Manzanitas. Er ging mit dieser zum Brauer Jeff, und ich hörte mit, wie er ihm erklärte, dass er das selber gebraut hatte, und es Jeff zum Verkosten anbot. Er war ein Homebrewer, der ein professionelles Urteil über sein selbstgemachtes Bier abholen wollte. Ich nahm das kurz wahr und richtete meine Aufmerksamkeit wieder zurück auf mein eigenes Test-Set. Der Homebrewer leiß sich am Tisch neben uns nieder, und bemerkte seinerseits, wich ich von den Manzanita Bieren Fotos machte und Notizen dazu schrieb. Wir kamen ins Gespräch, und ich lernte, dass sein selbstgebrautes Bier ein Ale mit Kirschgeschmack war. Die Kirschen hatte er natürlich zugegeben. Nach dem Reinheitsgebot war das nicht. Egal. Er war so lieb, dass er uns auch ein Taster-Gläschen anbot. Und das Cherry war gar nicht schlecht. Der Kirschgeschmack war definitiv vorhanden, sehr echt und natürlich, das ganze etwas sauer, ganz leicht süß vom Malz und wirkte sehr erfrischend. Der Homebrewer hieß Randy Lewis. Sein Bier dagegen hatte noch keinen Namen, sagte er, da es sein erster Versuch mit den Kirschen war. „Virgin Cherry“ würde er es evtl. nennen wollen. Mein Begleiter (und Fahrer) schlug vor: Summer Valentine. Das gefiel Randy. Tja, mal sehen, was draus wird. Sein Bier war für einen Homebrewer jedenfalls bereits sehr ordentlich.

Brauereiführung

„Führung“ ist eigentlich zu viel gesagt. Brauerei und Tasting Room sind ja in ein und derselben Garage untergebracht. Und die Brauer waren ja auch beide anwesend. Wir brauchten nur kurz fragen, ob wir die Brauerei mal näher anschauen dürften, und Garry war gerne bereit, uns alles zu zeigen und um unsere Fragen zu beantworten, wie die oben nach dem Malz und der Hefe. Besonders beeindruckend fand ich den offenen Sudkessel mit dem Gasbrenner darunter. Das sah aus wie ein überdimensionierter Campingkocher. Und mein Begleiter (im Bild rechts) nutzte, wie bei jedem Kontakt mit den amerikanischen Brauern, die Gelegenheit, um für das seiner Meinung nach beste deutsche Bier zu missionieren: Aecht Schlenkerla Rauchbier aus Bamberg. Er holte geschwind die (leer getrunkene) Flasche aus dem Auto und hielt sie Garry (im Bild links) unter die Nase, welcher sich erstaunt zeigte über den immer noch deutlich vorhandenen Buchenrauchduft.

Bilder von der Brauerei und dem Tasting Room

Uriges Manzanita

Rückblickend muss ich sagen, dass von allen meinen Brauereibesuchen in den Staaten mir der bei Manzanita am besten in Erinnerung geblieben ist. Schon der Tasting Room hatte etwas uriges – im amerikanischen Sinn. Wir fühlten uns umgehend wohl. Der Raum war nicht mit Pub- und Bar-Werbemitteln zutapeziert, und auch keine nervige Hintergrundmusik war am dröhnen. Hier stand eindeutig das Bier im Vordergrund, und das unabgelenkte Verkosten. Die Biere allesamt erstklassig. Klar dass ich auch meine Favoriten fand. Hätte ich eine Rangliste abgeben sollen, würde diese wie folgt lauten:

  1. Mein absoluter Manzanita Spitzenreiter ist das Kolsh
  2. Brown Ale, weil es so schön rund und vollmundig ist
  3. Brown Porter, die „Light-Version“ des Brown Ale
  4. IPA, weil es so ausgeglichen ist und der Hopfen dem Malz noch eine Chance lässt
  5. Red Ale. Wie gesagt nicht schlecht. Die anderen waren nur besser
  6. Pale Ale. Auch nicht schlecht. Grundsolide. Ein American Standard Beer.

Es ist nicht meine Art hier solche Bewertungslisten abzugeben. Aber das Beiblatt zu den Bieren hatte mich einfach inspiriert, ich konnte nicht widerstehen. Auf einem Siegerpodest würden das Kolsh ganz oben stehen, und der Rest zusammen auf dem Treppchen 2. Die Liste half mir aber bei der Auswahl meiner weiteren Biere an diesem Abend, die ich nachdem ich wusste, was ich am liebsten habe, aus dem Pint Glas trank: Diverse Kolshs und Brown Ales. Die Stammgäste taten ähnliches. Auch der Gast, dem Stefanie das Brown Ale verweigerte, wad ganz offensichtlich in beiderseitigem Einvernehmen stattfand. Er konzentrierte sich stattdessen auf das von mir so sehr geadelte Kolsh. Wir unterhielten uns recht rege mit ihm. Und nach Schankschluss ließ er sich eine 2l-Flasche, einen sog. „Growler“ abfüllen, den er in einer anderen Kneipe mit uns trinken wollte. Haben wir auch getan. Es war ein Asiatisches Restaurant, in dem wir eine Flasche herkömmliches Bier mit vier Gläsern bestellten. Es kam uns aber nur auf die Gläser an ;-). Unterm Tisch hatten wir schon den Growler bereit stehen, der dann sehr schnell leer wurde, wenn kein Personal zuschaute. Und die Alpine Beer Company mussten wir vertagen.

Manzanita!

Garry Pitmans Manzanita Microbrewery ist genau das, was man unter einer amerkanischen Garagen-Startup-Company versteht. Manzanita gibt es erst seit Herbst 2010. Es wird spannend sein, die Entwicklung dieser echt amerkianischen und so sympathischen Microbrewery über die kommenden Jahre mitzuverfolgen.

Oder „Kolsh“, wie man das hier schreibt. … Der Braumeister, Garry und sein Brauer, Jeff, haben mir gesagt, dass sie mehr oder weniger zufällig auf das Rezept gestoßen sind, und es einfach mal ausprobiert haben. Ein Bier mit den Zutaten für Kölsch, und mit Kölsch-Hefe gebraut, die sie aber nicht aus Köln beziehen, sondern aus einem Brauereizulieferer namens „White Labs“ hier in Kalifornien.

Ich muss sagen, dass das Manzanita Kölsch in seiner Qualität, damit meine ich den Geschmack und das Erlebnis, das dem Bierliebhaber wiederfährt, den Kölschen aus Köln in nichts nachsteht, bzw. diese sogar übertrumpft. Das habe ich auch im Tasting-Room von Manzanita öffentlich geäußert, was die Brauer gerne hörten, und auch die locals sehr mit Freude erfüllte. Denn nicht wenige der anwesenden locals haben ebenfalls dieses Bier aus dem Manzanita-Sortiment zu deren Lieblingsbier erkoren.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert