Pub-Empfehlung in London: „Ye Olde Cheshire Cheese“

Dies dürfte einer der ältesten Pubs im alten London sein. „Rebuilt 1667“ steht über dem Eingang, das ist ein Jahr nach dem Großen Feuer von London. Wenn man den Pub betritt, meint man, seit jener Zeit hat sich hier nichts verändert, mal abgesehen vom elektrischen Licht. Denn das erste, was mir auffiel, war der Geruch vom offenen Kaminfeuer, der alte Holzboden im Erdgeschoss und der nackte Steinboden in den Kellergewölben. Diese Kellerräume erstrecken sich schier endlos über drei(!) Stockwerke in die Tiefe. Einfach einmalig, die Atmosphäre im „Cheshire Cheese“.

Spit and Sawdust

Mit dem Klischee von modernen Englischen Pubs mit flauschigem Teppichboden hat das alles nichts zu tun. Ye Olde Cheshire Cheese ist der authentischte Pub, den ich in London kennengelernt habe.

Hier werden sogar noch Sägespäne auf dem Boden ausgestreut. Im dunklen Schummerlicht hatte ich diese zuerst für Flugasche vom Kaminfeuer gehalten, was mir aber bei weiterem Grübeln ein wenig viel vorkam. Ich fragte den Barkeeper und bekam die Auskunft, es wären Sägespäne. Als ich weiter nach deren Sinn fragte, sprang ein Einheimischer, ein „local“ ein, offenbar ein Stammgast. Er erklärte mir, dass dies eine alte Reinigungsmethode wäre. Die Späne saugen tagsüber den Dreck auf, abends wird zusammen gekehrt, und am nächsten Morgen neu ausgestreut. „Spit and Sawdust“ sagt man auf Englisch dazu, lehrte mich der Gast. Weiter erzählt er, dass diese Methode früher vor allem in Metzgereien ihre Anwendung fand, um dort das Blut geschlachteter Tiere aufzusaugen.

So kommt man hin

Man schlendert von der Themse kommend durch die Fleet Street in Richtung St. Paul’s Cathedral und biegt an der richtigen Stelle nach links ab in eine unscheinbare schmale dunkle Gasse. Das ist echtes England.

Google Maps sagt dazu, der Pub wäre hier: Klick!

Und so sieht es aus

Samuel Smith’s „Old Brewery Bitter“

Das war soweit ich es überschauen konnte das einzige „handpumped“ Ale im Pub. In allen seinen Eigenschaften sehr sehr mild; deutlich mild.

Nase

Da ist enorm viel Hefe drin. Sogar durch den Schaum hindurch (oder gerade aus dem Schaum?) steigt der Hefeduft deutlich in die Nase. Der Malzgeruch gesellt sich sachte dazu. Insgesamt ergibt das einen leicht teigigen Geruch.

Mund

Mit diesem Bier lässt sich das richtige Trinken lernen. Es wirkt nämlich zuerst etwas dünn, bis man es ordentlich unter die Zunge spült. Wenn es von dort unten wieder über den Zungenrand schwappt, hat es die richtige Temperatur, und die entfleuchende Rest-Kohlensäure reisst die malzige Geschmacksnote mit in die Gaumenhöhle. Dann schmeckt das ganze so wie ein hefehaltiger Pfannkuchenteig. Wer „Liwanzen“ (auch „Plinsen“) aus der böhmischen Küche kennt, weiß was ich meine. Die dem Dunklen des Bieres entsprechende karamellige Malzsüße unterstützt diesen Eindruck dezent. Dezent! Wäre dieses Bier ein Musikstück, würde es in „piano“ gespielt. Einfach nur entspannen und zuhören, bzw. hin schmecken und träumend auf das Kaminfeuer schauen.

Samuel Smith’s

Das „Old Brewery Bitter“ war das Bier, auf das ich mich eingeschossen hatte. Die Brauerei Samuel Smith selbst ist in Tadcaster, North Yorkshire. Nach dem Studium der Homepage von Samuel Smith scheint es mir ein alter Englischer Traditionsbetrieb zu sein, der mit alten Braumethoden und Bio-Bieren (englisch: „organic“) für sich wirbt. Schlecht war keines. Das „Brewery Bitter“ war genial. Und es passte mir am besten zum Kaminfeuer und dem Gefühl, sich in der Zeit irgendwo zwischen den Jahren 1667 und 1900 zu befinden.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

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