Eindrücke vom 5. Festival der Bierkulturen in Köln

Auf dem Festival der Bierkulturen hatten wir Gelegenheit, eine Menge Biere zu probieren, an die man sonst eher nicht rankommt. In dieser Auswahl geben sie auch eine Ahnung davon, welche immense Bandbreite in dem Produkt „Bier“ steckt:

DeMolen Saison „White Witch“

Was ist ein „Saison“? Nun, ein belgischer Bierstil, ein „leichtes, nur kurz gelagertes Bier mit heller Farbe“ (Wikipedia) – eine viel schönere Erklärung liefert das bierdestages-Blog. Jedenfalls wollte ich so eines schon längst mal verkosten, bekommt man bei uns doch eher die heftigen alkoholstarken Biere aus Belgien. Das White Witch ist mit 6,5% allerdings auch nicht wirklich ein „Leichtbier“, höchstens im Vergleich zu den Triple-Trappisten (8-9%).

Hell ist es jedenfalls. Die Nase freut sich über einen schönen Grapefruit-Ananas-Cocktail, im Gaumen ist allerdings doch mehr Grapefruit- als Ananas-Aroma zu spüren. Dazu eine sehr dezente säuerliche Note, und ein eher trockener Abgang. Das schmeckt mir, das ist perfekt für die Sommersaison!

Emelisse Porter

Die niederländische Brouwerij Emelisse hat gleich einige sehr interessante Spezialbiere dabei. Fangen wir mal bei dem Porter an, wir können uns uuuungefähr vorstellen, wie ein Porter grundsätzlich schmeckt. Dieses hier enthält aber auch Rauchmalz! Außerdem, wir sind ja nicht ans Reinheitsgebot gebunden 😉 Kaffee und frische Orangen! Da erscheinen uns die Hopfensorten Simcoe und Amarillo ja schon fast banal…

Das Bier ist auf jeden Fall schön schwarz, mit einem ordentlich braunen Schaum drauf, perfekt fürs Auge. Man riecht einen deutlichen Nougat-Duft, wie Mokka-Kaffee mit Vanille. Es schmeckt auch Kaffee-artig, aber trotzdem auch frisch. Ein schöner fruchtiger und gleichzeitig röstiger Körper trägt den Geschmack weit, ohne je brandig zu wirken. Es bleibt ein sehr angenehmer Nachgeschmack hängen, etwa wie Orangenstäbchen light.

Das ist auf jeden Fall nicht bloss ein Porter, das ist schon ein fantastischer Nachtisch!

Emelisse Imperial Russian Stout

So, jetzt wagen wir uns zu einem Stout vor, das eine dem Porter ähnliche Sorte ist. Es soll kräftiger schmecken, auch mit ungemälzter Gerste gebraut werden. Noch kräftiger sei das in Rußland daraus entstandene Imperial Stout. Mit 11% ist das bei Emelisse auch im Alkohol spürbar. Mit 70 EBU Bittereinheiten ist es aber auch stärker gehopft.

Gut, dunkler als Schwarz kann es ja nicht sein, aber der Schaum ist dunkler. Im Duft kommen hier auf jedenfall die Malzaromen zur Geltung: Kaffee, Espresso, Mokka! Auch im Geschmack ist hier kaum Süße, sehr viel Kraft, eben alles aus einer richtig guten Tasse Kaffee ist hier auch zu spüren. Das ist ein feiner Digestif!

Emelisse Imperial Russian Stout „Whitelabel“

Emelisse haben nun dieses Imperial Stout nochmal 7 (!)! Monate in einem Bourbon-Whiskeyfass gelagert. Was das wohl tut?

Es ist definitv schwärzer als Schwarz! Auch der Schaum wirkt noch eine Nuance dunkler.  Im Duft wirkt es cremiger, erinnert an Irish Coffee. Der Antrunk kommt klar wie ein italienischer Espresso, aber es folgt ein Brombeer-Aroma darauf, und im Abgang erst kommt trockener Whisky (eigentlich eher schottischer Provinienz, nicht so sehr das süßliche der Bourbons).

Ich würde sagen, das Imperial Stout trinken wir direkt nach dem Essen (anstelle eines Espresso), das Porter am Nachmittag, anstelle eines Dessert, und das Whitelabel am Abend vorm Kamin!

Volkerbräu Buchweizenbier und Haferbier

Auch beim Stand vom Volkerbräu konnte ich Neues entdecken. Dieter Birk ist ja neben seiner Brautätigkeit als „Volkerbräu“ auch Mälzer, und als solcher experimentiert er wohl gerne mit Malz, was im allgemeinen Hype um die aufregenden neuen Hopfensorten meiner Meinung nach zur Zeit sowieso ein wenig zu sehr vernachlässigt wird. Da empfand ich es als wohltuenden Kontrast, ein Bier verkosten zu können, dass das Malz in den Mittelpunkt stellt.

Beide Biere sind untergärig und mit jeweils 30% des Spezialmalzes gebraut und dezent gehopft. Beide Biere sind hellgelb und trüb, etwa wie eine naturtrübe Apfelschorle. Beide sind nicht so „malzig“, wie ich mir das vorgestellt habe, sondern sehr spritzig und fruchtig, ja, fruchtig-säuerlich. Dabei ist das Haferbier etwas fruchtiger, das Buchweizenbier etwas mehr säuerlich. Erinnert mich ein bischen an Federweißer und Äppelwoi, und beim Buchweizen sogar an den „Himmel“ von „Himmel und Ääd“…

Das sind sehr gute Durstlöscher mit tollen Geschmacksnoten, die man sonst wohl eher dem Hopfen zutraut!

‚t Hofbrouwerijke Anarkriek

Diese junge kleine belgische Brauerei hatte ein Porter auf Sauerkirschen gelegt. Das klang einfach interessant, das wollte ich probieren. Die Farbe ist dunkelst braun, der Duft malzig-fruchtig-sauer. Es ist sehr frisch im Antrunk, dann kommen mehr malzige Aromen, auch ein entfernter Hauch Kaffee, und schliesslich geht das Aroma in das von dunkler Sauerkirsche über, das lange nachhängt. Wie eine Schwarzwälder Kirschtorte, die man schichtweise von oben nach unten ißt! Oder als würde man die Marmelade von Dominosteinen herausnaschen…

Ein sehr lohnenswertes Dessert-Bier, würde ich sagen.

Lahnsteiner Grutbier

Am Stand der Lahnsteiner Brauerei gab es allerhand Leckereien, von denen mich das Grutbier aufgrund seines Namens am meisten interessierte. Es ist gemeinhin die Bezeichnung für Biere, die wie im Mittelalter üblich, nicht mit Hopfen sondern mit Kräutern gewürzt sind. Früher waren das vor allem Gagel, Schafgarbe und solche Sachen.

Die Lahnsteiner nehmen dabei jedoch in einer Variante Minze, Ingwer und Salbei. Damit schmeckt das Bier natürlich sehr ungewohnt kräuterig, auch ein bischen fruchtig-sauer. Es ist wohl am ehesten als Aperitiv zu verstehen.

Die zweite Variante („mild“) ist mit Wacholder, Salbei und Muskatblüte und noch weniger fruchtig, rein kräuterig. Man muss diese Kräuter kennen, dann schmeckt man sie auch deutlich heraus.

Die Brauerei gibt auf ihrer Homepage noch den interessanten Hinweis „Grutbier ist ein historisch belegtes Bier des Rheinlands und ist nach dem deutschen Biergesetz ein Bier, entspricht jedoch wegen der Zugabe von Kräutern nicht dem Reinheitsgebot“. Naja, dagegen haben wir hier ja andauernd verstossen und trotzdem tolles Bier getrunken!

Helios Braustelle Die Schwarzen Brüder: Jack und Jaques

Die Braustelle ist ja der Gastgeber hier und zeigt sich mit einem interessanten Versuch: einen schwarzen Weizendoppelbock (7,5%) einmal in einem Whisky-Faß (Jack) und einmal in einem Wein-Faß (Jaques) reifen zu lassen.

Als Whisky-Liebhaber versuche ich mich zuerst an Jack: Der Duft sagt gleich „Sauerkirsche“. Auch im Antrunk dominiert Kirsche, aber auch Kräuter-Aromen. Im Verlauf wird es dann schön malz-knusprig, um dann wieder einen fruchtig-fluffigen Abgang hinzulegen. Schön, mit Jack könnte ich den Abend verbringen!

Jaques ist schon in der Nase anders: fruchtig-holzig. Auf dem Gaumen ist er gleichmässiger, eher fruchtig-würzig, viel weniger säuerlich. Leider ein sehr kurzer Abgang, aber man kann ja noch einen Schluck nehmen… Auch Jaques ist ein angenehmer und interessanter Partner!

Bayerischer Bahnhof Yesterday NoHops!

Nach dem ungewöhnlichen, doch interessanten Grutbier fiel mir beim Leipziger Bayerischer Bahnhof das Yesterday NoHops! auf, noch ein Bier ohne Hopfen „wie früher“ gebraut. Stattdessen enthält es Wermuth, Galgant, Berthramwurzel, Bifferdistel, Tausendgüldenkraut… klingt schon nach Mittelalter! Wo bekommt man solche, fast schon ausgestorbene Kräuter bloß her? Aus dem Apothekenhandel! Noch spannender ist die Zubereitung: nach der normalen Hefegärung sei das Bier nochmal 2 Jahre (!) in Milchsäure vergoren!

Jetzt traute ich mich fast nicht mehr zu probieren. Ich habe mich überwunden und eine totale Überraschung erlebt: Es ist zitronig-sauer und sehr, sehr erfrischend! Gar nicht bitter, auch nicht sehr kräuterig, einfach nur fruchtig, zitronig, erfrischend. Wow!

Huisstekerij H. Ertie Lindemanns Lambik with Rochefort 8 and Rochefort 16

Unter diesem Namen vertreibt Ulrich Kremer seine Lambik-Blends. Von der langen Liste wähle ich mir einen mit zweierlei Rochefort, mit den beiden stärksten (mit 9,2% und 11,3% alc.). Das Rochefort 8 kenne ich ja schon, aber bei Lambiks bin ich mir unsicher, ob ich hier schon ein typisches Geschmacksbild im Kopf habe. Und dann das, ein „gepanschtes“ Bier.. muß das sein, bringt das was?

Dieser Blend ist jedenfals ein absolutes MUSS, dieses Geschmackserlebnis muss man sich gönnen: es ist unglaublich vielschichtig, von einer Blumenwiese bis zum Regenwald sind hier alle Eindrücke versammelt, ich fang gar nicht erst an, mit einzelnen Worten das in den Griff kriegen zu wollen… Es ist unvollstellbar, wie man durch verschneiden die Aromen so sehr vervielfältigen kann! Top!

Mein Sudhaus Rauchweizen

Eigentlich kenne ich MeinSudhaus.de eher als Informationsquelle für Brauen und Rezepte, es ist wohl weniger eine Brauerei als ein Anbieter von Braukursen. Aber es bietet sich natürlich an, mit einem guten Bier hier einen Qualtitätsbeweis zu liefern.

Obwohl ich mich mit Rauchbier nicht anfreunden kann und auf normale Weizenbiere auch nicht allzusehr stehe, probiere ich dieses erstaunlich helle Rauchweizen. Und es schmeckt mir! Ich merke nämlich kaum Rauch (jedenfalls nicht diesen Schinkengeschmack) und auch keine Banane (wegen der ich das meiste Weizen verschmähe), es ist eher zitrusfruchtig. Darin erinnert es mich an die Düsseldorfer Weissbiere, wie z.B. das Füchschen.

Black Isle Red Kite Ale

Zum Schluss schaff‘ ich es nochmal ins Zelt zum Black Isle Stand, einer schottischen Bio-Brauerei. Hier gibt es noch ein schönes, rot leuchtendes Amber Ale; ein leichtes (4,2%) – im Vergleich jedenfalls! – und süffiges, irgendwie unkompliziertes Alt, das man einfach so trinken kann ohne sich dabei verkünsteln zu müssen – genau das, was ich jetzt brauchte!

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

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