Auf „ein“ Bier nach Prag

Es ergab sich, daß ein Großteil des Blogteams ein Konzert in Prag zum Anlass nehmen konnte, auch die dortige Bier-Szene zu erkunden, denn die ist sehr, sehr lebendig!

Am ersten Abend kamen wir noch in die Novomestsky Pivovar, wo ein Helles und ein Dunkles gebraut wird. Beide werden als unfiltriertes Lager bezeichnet und sind mit 4,0 – 4,3 % alc. aus 11 Grad Stammwürze leichte „Trinkbiere“ und passen gut zum deftigen Essen, das hier in rustikalem Ambiente serviert wird.

Das Helle ist ein naturtrübes, goldfarbenes Kellerbier. Fruchtig und zitronig-trocken ist der Duft, klassische Kellerbier-Eindrücke gibt der Antrunk, mit einem seidenweichen vollmundigem Malzkörper und einem trockenen Abgang. Gut gelungen!

Das Dunkle ist schon fast schwarz mit einem schönen braunen Schaum, über dem ein „Brauerei“-Geruch liegt. Es ist sehr malzig, aber ohne übertriebene Süße, recht gehaltvoll. Ein sehr schönes Dunkles!

Am nächsten Tag war zunächst mal Stadtbummel angesagt, aber wir legten die Route natürlich so, daß wir neben den wunderbaren Jugendstilhäusern und den beeindruckenden Plätzen auch Flüssiges zu bewundern hatten:

Zur Mittagszeit erwischten wir einen kleinen Ausschank, in dem wir 3 verschiedene Brauereien probieren konnten:

Ein Velkopopovický Kozel (zu deutsch: Groß-Popowitzer Ziegenbock) Dunkles hat mich trotz der dunklen Farbe durch seine nur leichte Malzigkeit, geringe Süße und angenehme Frische beeindruckt. Die Brauerei ist zwar durchaus keine Hausbrauerei und auch nicht aus Prag, aber hat eine lange Tradition und Velke Popovice liegt auch nur 30 km südlich.

Radegast Ryze Horka ist ein hellgold-seidiges Pils mit cremigem Schaum. Die Nase bekommt erstmal eine Ladung dieses „Brauerei-Dufts“, den ich persönlich immer ein wenig abgestanden empfinde. Der Antrunk kommt ganz schön kräftig: fruchtig-trocken einerseits, aber auch mit deutlichen Malznoten. Irgendwie changiert das zwischen einem Kellerbier und einem bayrischen Hellen – feine Sache!

Fenix Wheatbeer – ok, das stammt aus den Niederlanden, aber ich wollte es trotzdem probieren! Ich liebe belgische Witbiere, und dies ist eines mit Koriander! Sieht schon mal sehr schön aus, so hell, mit dem cremigen Schaum, auch der frische Duft nach der belgischen Hefe ist einladend. Man hat den Eindruck, einen exotischen Fruchtkorb zu trinken, es ist wunderbar, nicht übertrieben, so daß noch Aromen von Weizen und Getreide allgemein und auch das Hefige durch schmecken. Bloß den Koriander vermisse ich. Ein tolles Sommerbier!

Da wir nicht genug Zeit haben, um kreuz und quer durch die Stadt alle wichtigen Brauereigasthöfe abzuklappern, entschließen wir uns, im „Brauereimuseum“ einzukehren. Das ist mitnichten ein Museum, auch wenn hübsches altes Bierzeugs herumsteht, sondern eine Kneipe mit sicherlich der größten tschechischen Bierauswahl in Prag.

Das praktische dran: es gibt Verkostungsbretter mit nach Wunsch zusammengestellten Bieren, wenn man die dann noch gemeinsam verkostet, kann man schon eine Menge „mitnehmen“:

Auf dem ersten Brettl waren:

Kvasničák Opat Chocolate – Special dark Lager 13°

Opat pours a dark brown, almost black, lager with an amber head and lacing. Lots of chocolate up front, nice nose, lots of malty aromas as well. Tastes great, thanks to lots of cacao and burnt and roasty characteristics. There’s a nice bitterness in the flavors, but remains sweet as well, both characteristics which make this a very interesting beer.

Dem kann ich nur noch hinzufügen, daß dieses bitter-süße Aroma erstmal sehr krass ist, man muß sich schon drauf einlassen, dann aber HALLO!

Cornel Red Ale – Red Ale 12°

Unfiltered, unpasteurized, top-fermented British style ale. A Czech made version of a proper bitter. Mild reddish in colour with an amber head. Top fermented and bitter in taste.

Nein, bitter finde ich das Ale nicht. Der Hopfen ist dominierend, aber zitronig, bestenfalls noch trocken. Ein bischen untypisch, aber fein.

Prague Beermuseum Real Deal Ale – India Pale Ale 13°

Created exclusively for The Prague Beer Muesum. This bitter ale is the real deal. This beer has a full body and a bitter malt taste, which balances perfectly between citrus, pine, and spicy herbal notes of hops. An excellent IPA.

Ja, aber ich würde noch mehr die exotischen Früchte hervorheben: Zitrus und Ananas. Statt „bitter“ würde ich auch wieder eher „trocken“ sagen, aber das ist ja vielleicht auch der ganz persönliche Geschmack. Auf jeden Fall sollte man es probieren!

Černa Hora Velen – Wheat Beer 12°

A perfectlty fermented golden amber English beer with a medium sized creamy head, bouquet of malt, hops and grass, Velen has a full caramel taste that is pleasantly sweet.

Ergänzung für süddeutsche Biertrinker: es handelt sich um einen spritzig-leichten, fluffigen belgischen Trunk mit schönem zarten Zitrus-Orangen-Duft, kein sämig-schweres Nelken-Bananen-Weizen.

Two Tales Expedition Ale – American strong ale 17°

In the words of the The Two Tales Brewery, to be Czech is to love beer and to love beer is to discover your unique taste and preference. Inspired by the old Czech brewing law, Two Tales Brewery started a small brewing house with the mission of restoring diversity to a deserving market.

Das ist jetzt für mich der Hammer: ein komplett anderer Duft als alles bisher. Weich, malzfruchtig, unbeschreiblich und was ganz neues auch im Geschmack! Toll, das macht alles richtig!

Chotebor Premium – Pale Lager 12°

Chotebor was awarded “Beer of the Year” on 11th of November 2010 by the Association for Friends of Beer. Chotebor Premium took first place in the Journalists beer award.

Der Duft ist zart nach Zitrone. Mild, weich und getreidefruchtig im Geschmack. Schön, ausgereift.

Das zweite Brett brachte uns:

Ferdinand d’Este Special Lager 15°

Clear, deep golden in color with a pleasant herbal flavor and a hint of vanilla, moderately bitter sweet, slightly hoppy with a bitter sweet finish, this lager is aged for exactly 70 days. The proof of this is a full-bodied and highly frothy beer.

Ein sehr feines, sehr ausgewogenes Lager mit mildem Aroma – obwohl so „normal“ im Stil, doch hervorragend in der Ausführung!

Matuska California – I.P.A 12°

Mr. Matuska, one of the most innovative and progressive brewers in the Republic. Martin Matuška is a living legend. He and his son Adam brew beer that is regared as some of the best in the country.

Heute gab’s das IPA: tpyisch der zitronige Duft; mild-fruchtig und nicht zu trocken der Antrunk, aber dann ist da auch noch Malzkörper, neben all dem wunderbaren Citrushopfen! Das finde ich ein ausgesprochen schönes IPA.

Žatec Baronka – Special Pale lager 13°

This golden-bodied special pale lager tastes of hay and hazelnut and has a slight honey aftertaste. It was named after the baroness Ulrika von Lewetzow, the lifelong love of Wolfgang Goethe.

Es muß ein tschechisches Pils sein, ich habe wieder diesen Brauereigeruch in der Nase. Auch der typische Unterton im Mund, den ich persönlich als „seifig“ empfinde, der aber die Fans tschechischen Pilses schwärmen läßt, ist da. Viel Kohlensäure gibt mir auch zuviel Volumen im Mund. Nicht so meins.

Svijany Maz – Pale Lager 11°

This lager is lightly creamy with lots of pure sweet notes and has plenty of aromatic hops with hints of hay and flowers. The aftertaste is soft and a bit sweet with a hint of fruit and a bitterness that slowly grows.

Alles sehr, sehr zart hier: der Duft ist kaum erspürbar, leicht zitronig. Grobe Richtung „Helles“, würde ich sagen, aber vielleicht habe ich meine Geschmacksknospen schon überfordert…

Merlin Černy – Dark Lager 12°

Merlin is an exceptional lager that can be recognized by its truly dark color. The brewery brews according to a special recipe, during which three types of malt, crystal clear water from a deep lake, high quality hops and roasted barley are used. The result is a magical combination of flavors with a distinct bitterness reminiscent of stout, which every true beer connoisseur can appreciate.

Ja, Malz ist der Ton beim Merlin. Nicht brachial, auch eher zart, aber eben die Röstaromen, die Getreide-fruchtigen Aromen und das Karamellige.

Konrád – Light lager 12°

2013 World Beer Awards Best Czech Lager. Pours golden clear with a big smooth slightly bubbling head. Notes of hay, malt and some sweetness. Taste has nice balance, not too hoppy. Well balanced.

Wieder etwas helles, aber auch eher getreidige Aromen. Leicht, zart, und ausgewogen. Ein Bier, das man nicht auch einfach trinken kann, für den Durst, zum Essen, eher wieder etwas „normales“…

Jetzt reichts aber auch erst mal, wir müssen sowieso los, denn es kommt noch ein weiterer Höhepunkt: die Führung durch die Brauerei Staropramen. Klar, das ist ein großer Industriebetrieb, aber allein schon die Historie ist interessant,und die Multimedia-Show ist durchaus sehenswert!

Und das Bier muss man vor Ort gezapft natürlich auch probieren:

Staropramen Černy

Tief dunkel, rotbraun sieht es schön aus, leider zerfällt der Schaum sehr schnell. Obwohl, den seifigen Duft könnte ich mir sparen… Auch im Geschmack ist es mir zu wenig malzig für ein Dunkles, überhaupt eher unscheinbar bis auf das Seifige. Nee, lieber keins mehr für mich.

Staropramen Nefiltrovany

Das ungefilterte ist ein hellbraun bis oranges, trübes Bier auch fast ohne Schaum. Aber es verströmt einen sehr angenehmen fruchtigen Duft. Es ist auch leicht fruchtig im Antrunk, hat einen passablen Körper und einen geradlinigen Abgang. Das ist recht ok. Gebraut mit 34% Weizenmalz, lese ich nach, und Koriander – von dem ich aber nix spürte.

Staropramen Granat

Granaten-Rot ist es zwar nicht, aber schön bernsteinfarbig bis kupfern. Es hat einen sanften Malzduft. Malzfruchtig ist auch der Antrunk, dazu ein guter Körper. Das ist ein sauberes, gut trinkbares malzbetontes Bier, paßt.

 

Und hier sind noch ein paar weitere Bilder von der Führung und Hintergrund zu den Bieren:

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

Ein Kommentar

  1. A Wahnsinn! So viel Biervielfalt in einem Wochenende zu erleben war schon was ganz besonderes! Das kann man sonst eigentlich nur auf Bierfestivals, wie sie in der Craftbierszene heute gerne veranstaltet werden, haben. Toller Bericht- gerne wieder!

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