Des glaabst ned – Glaab’s Grie Soß

Gewöhnlich verkoste ich nur reine Biere. Die allermeisten davon sind nach dem Reinheitsgebot gemacht und dürfen demnach sich auch „Bier“ nennen. Nun ist mir aber von der Glaabsbräu in Seligenstadt etwas untergekommen, wofür ich gerne von meiner reinen Gewohnheit einmal abweiche: „Glaab’s Grie Soß“ heißt es, und ist ein „Biermischgetränk mit 90% Bieranteil und 10% Kräuteranteil“. Jetzt muss man nur noch wissen, dass die Glaabsbräu in Seligenstadt am Main beheimatet ist, so auf halbem Weg zwischen Aschaffenburg und Frankfurt, sprich in Hessen, und dass mitten im Main in Seligenstadt die Grenze zwischen Bayern und Hessen verläuft, um auch nur halbwegs erahnen zu können, was den Brauer dazu geritten haben mag, so ein Getränk zu ersinnen.

„Grie Soß“ – das ist die berühmte Frankfurter oder Hessische Soße, die aus sieben Kräutern hergestellt wird. Auf der „Biermischgetränkeflasche“ sind sie alle schön korrekt abgedruckt:

Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch

So weit also die kräuterigen Zutaten aus den 10% Nichtbieranteil. Nachdem diese nun so ordentlich aufgelistet sind, macht die Brauerei in gleicher transparenter Weise weiter mit der vollständigen Nennung der Zutaten im 90%igen Bieranteil. Da stehen natürlich erst in gewohnter allgemeingültiger Weise die „Zutaten: Brauwasser, Gerstenmalz, Hopfen, … (hier die Kräuter) … , Hefe“, wobei die interessanten Dinge noch weiter aufgedröselt werden in

Malz: Pilsner Malz
Hopfen: Cascade,
Mittelfrüh aus der Hallertau

Allein vom Lesen kann man sich nun gar nicht vorstellen, wie das schmecken soll. Ich habe mich daher auch lange nicht getraut, die Probe zu öffnen. Die Kräutermischung ist mir aus Reisen nach Frankfurt durchaus bekannt. Dort werden die Kräuter mit saurer Sahne oder ähnlichem angemacht. Keine schöne Vorstellung, wenn ich an Bier denke. Andererseits Pilsner Malz und so schöne Aromahopfen, das gibt in der Regel im Kopf schon ein feines Bier. Muss man das aber mit dem Kräuterzeug verhunzen? So mein erster Gedanke.

Heute, nach der Verkostung, denke ich ganz anders: Die „Grie Soß“ als Bier – nein, darf man ja nicht sagen – als Biermischgetränk ist ein ganz besonderes Getränk ums Bier, das ich wohl nicht so schnell vergessen werde. Optisch und nasal kommt die Soß nämlich zunächst daher wie ein klassisches und ziemlich gut gemachtes Helles mit leicht würziger Hopfennote. Die Kräuter rieche ich erst gar nicht so recht. Sie könnten auch eine besondere Hopfensorte sein. Erst nach ein paar Minuten Zeit zum Aufwärmen in Richtung Zimmertemperatur entsteigen die Kräuternoten dem Verkostungsglas. Das Wundersame dabei ist, dass ich, hätte ich das Getränk blind serviert bekommen, wohl keines der Kräuter einzeln wahrnehmen könnte. Sie vereinen sich so vollkommen ausbalanciert mit dem Hopfenaroma, dass sie eher wie ein cleverer Hopfenersatz wirken, eine sanfte aromatische Ergänzung für den Hopfen. So weit also die grünen Zutaten.

Und die Bierzutaten? Ja, auch diese perfekt aufbereitet. Von 11,7% Stammwürze Ausgangspotenzial zu 4,7% Alkohol, 19 IBU Bittere und 13 EBC Farbe verarbeitet, ist der Bieranteil ein schönes Helles, würde ich sagen. Sehr behutsam verarbeitet, sodass der Bieranteil von seiner Seite aus die feine Kräutermischung nicht erschlägt. Ich habe selten in einem Bier(mischgetränk) die unterschiedlichen Dimensionen der Geschmäcker und Aromen derart ausgewogen erlebt. Ich würde diese Gleichung als Formel der „Grie Soß“ niederschreiben, worin jeder Einzelposten in seiner Bedeutung und Wirkung gleich stark gewichtet zu denken ist:

Grie Soß = Malz + untergärige Hefe + echter Hopfen + echte Kräuter.

Das sind für mich anders betrachtet: feine Süße + peppige Nase + edle Herbe + raffinierte Würze.

Am Ende von alledem steht die Grie Soß. Eine am Anfang verrückt klingende Idee, die aber in einer perfekten Harmonie vollendet wird. Nicht in einer wahnwitzigen Geschmacksexplosion, wie manch andere derartige Craftbier Experimente. Nein. Mir fehlen nun tatsächlich die Worte. Irgendwie ist sie ein Wunder, die „Glaab’s Grie Soß“. Ich schließe einfach mit den Worten, welche die Leute von Glaabsbräu selbst auf die Flasche geschrieben haben: Die „Grie Soß“ ist „Kräuter Craft“.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

2 Kommentare

  1. Hallo Ralf,
    Ich habe mir da auch mal eine Flasche zum Probieren gekauft und bin nun auch in den Genuss der Grie Soß gekommen.
    Schöne Farbe, aber unklarer Duft. Im Nachgeschmack ist dann auch etwas Unbieriges zu schmecken. Das müssen die Kräuter sein!
    Aber alles schön komplex und nicht langweilig. Wann kommt denn die Soß ins Bier? Im heißen Sud oder schon ins fertige Bier?
    Gruß Oliver

  2. Ja genau, Oliver! „Unbierig“, so kann man es auch beschreiben, dieses „Kräuterige“. Kräuter sind eben kein Hopfen, das ist eher umgekehrt.

    Ich vermute, dass die Kräuter ähnlich behandelt werden wie Hopfen. Und weil die Wirkung der „Soß“ so dezent ist, würde ich auf eine kurze Whirlpoolgabe schließen.

    Wie er es wirklich macht, wird wohl das Geheimnis des Brauers beleiben. Auf alle Fälle hat er mit seiner „Grie Soß“ was erfrischend anderes für uns geschaffen. 😛

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert