Der listige Kellner und das Holzfass

In diesem Jahr hat es sich so ergeben, dass ich mich einmal etwas mehr mit dem Oktoberfest und seinen Bieren beschäftigt habe. Und auf der Wiesn ist es nun so, dass sich doch die Augustiner Brauerei durch eine bekannte Besonderheit von den übrigen fünf unterscheidet: Durch ihren nach wie vor traditionellen Ausschank aus den „Hirschen“, den 200l fassenden Holzfässern. Und auch außerhalb der Wiesenzeit begegnet einem diese Schankart an vielen Orten in München. Natürlich im Bräustüberl der Brauerei selbst, in guten Biergärten wie dem Hirschgarten oder dem Biergarten des Augustiner Kellers, sowie in vielen Augustiner Brauereigaststätten. In der Regel bekommt man das „Lagerbier Hell“ oder den „Edelstoff“, das helle Exportbier. So ist einer meiner Lieblingsplätze im Sommer der Biergarten des Augustiner Kellers, wo ich bei gutem Wetter neben dem Edelstoff vom Holzfass an Montagen auch eine hochwertige Live Blasmusik genießen kann. Am ersten Montag dieses Oktobers war der Saisonabschluss dieser Montagsmusiken angesagt. Wegen Regen fand dieser im großen Saal des Augustiner Kellers statt. Eine Augustiner Holzfassstätte mit Musik von „De Richtig’n“ und dem Oktoberfestbier – das sollte nochmal ein schöner Abend werden!

Ich bestellte mir zum Anfang erstmal eine Halbe. Die war auch so kräftig, wie ich das Bier im Festzelt aus der Maß kannte. Nur wirkte sie im Mund nicht so, wie ich es heuer bislang gewohnt war. Nicht mit dieser angenehmen Mundfülle und nicht mit dem vollen malzfeinen hefigen Kellerduft, den ich am Augustiner Edelstoff und gerade am Festbier so sehr liebe. Gut, denke ich mir, eine Halbe ist halt keine Maß, und bitte den Kellner als nächstes um eine solche. Und ja! Das ist schon viel besser. Das Mundgefühl passt wieder, und auch der typische Duft aus dem feinen Malz und der untergärigen Hefe ist endlich wieder da. Das ist so schön, dass ich ihm bei der nächsten Runde sage, dass das so in der Maß genau das Richtige ist. Doch oh! Was sagt er mir darauf? Er gestand ganz offen, dass das gar kein Oktoberfestbier war, was er mir da gebracht hatte. Es war der Edelstoff! Der Edelstoff so wie er im Augustiner Keller immer ausgeschenkt wird. Aus dem Holzfass. Die Halbe davor wäre jedoch das echte Wiesenbier gewesen. Ei ei ei. Da könnt ich mich jetzt ärgern, dass ich mich so hab überlisten lassen. Wie konnte das nur passieren?

Zuerst mal ärgere ich mich nicht. Ich freue mich stattdessen über diese unerwartete Forschungsmöglichkeit. Und um der Sache jetzt auf den Grund zu gehen, bestelle ich mir als drittes nochmal eine Maß. Diesmal mit Schwur des Kellners, dass es nun auch wirklich das ist, was es sein soll. Nur, dass ich jetzt auch weiß, dass es über die Schankanlage kommt, und somit wirklich nicht dasselbe ist, wie auf dem Oktoberfest. Leider bin ich nun nicht mehr so schön unvoreingenommen, wie zu sein es mir der listige Kellner zuvor ermöglich hatte. So „meine“ ich jetzt eben vielleicht nur, dieses wahrzunehmen: Das Oktoberfestbier aus der Schankanlage „sticht“ ein wenig in der Nase statt angenehm zu duften. Und das edle Aroma entfaltet sich nicht, wirkt stattdessen wie eingesperrt. Was gleich ist, ist die alkoholische Stärke von 6,3% vol.

Merke

Die Stärke des Bieres lässt sich nicht unterdrücken. Die Schönheit kommt von guter Pflege. Es sollte durch den Akt des Ausschenkens nicht verändert werden. Bier gehört getrunken „so, wie es der Herr gemacht hat“! Nur dann zeigen sich mir die hellen untergärigen Augustiner in ihrer ganzen Schönheit als

Das typisch schweflig hefig Gärige, feinstofflich hochverarbeitet Malzige, samtig weich Flüssige, edel herb Hopfige.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

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