Crash-Braukurs – Stadlbräu Oberhaching

Vor einiger Zeit schon hatte einer meiner Arbeitskollegen von seiner Familie einen mydays Erlebnisgutschein für einen Crash-Braukurs geschenkt bekommen. Er fand aber keine Zeit, diesen einzulösen, verfallen lassen wollte er ihn jedoch auch nicht. Da er das BLOG-UMS-BIER gut kennt, dachte er, dass der Gutschein bei mir vielleicht besser aufgehoben wäre. Tja, damit hatte er wohl auch recht. Doch auch ich hatte letztes Jahr allerlei Krimskrams um die Ohren, sodass ich das Geschenk schon fast vergessen hatte, bis ich am 1. Dezember meine Postablage durcharbeitete. Da fiel mir der Gutschein unverhofft wieder in die Hände. Ein Blick auf das Gültigkeitsdatum: Einzulösen bis 1. Dezember 2009. Ola! Ich handelte schnell und meldete mich online über mydays.de zum Kurs an. Am 27. Dezember, Sonntag Nachmittag, genau passend nach den Weichnachtstagen war ein Termin frei.

Bayrische Brauhaus Consulting

Als ich dann per Internet mein Eventticket heruntergeladen hatte, stand darin als Ort und Veranstalter:

Veranstaltungsort: Kybergstraße 19 82041 Oberhaching Deutschland

Treffpunkt: Bayrische Brauhaus Consulting

„Was ist jetzt das?“ dachte ich mir. Brauhaus Consulting? Das klang mir ein bisschen neu-modisch esoterisch. Passte aber zu Begriffen wie „Event“ und auch zu „mydays“. Weniger zu „Bayerische Tradition“, was man sonst eher mit Bier verbindet. Naja, immerhin stand im Ticket unter dem Stichwort „Leistungen“ noch geschrieben:

• Informationen und Wissenswertes über das Bierbrauen
• 1 Wurst- oder Leberkässemmel
• 2 Freibiere
• Bierkennerdiplom und Kursunterlagen zum Mitnehmen

Semmel und Freibier. Ich würde also nicht verhungern und verdursten müssen. Und Freibier ist ja eh eines meiner Lieblingsbiere. Also ließ ich das mal einfach auf mich zukommen.

Stadlbräu Oberhaching

Am Sonntag nach Weihnachten machte ich mich dann mittags auf den Weg nach Oberhaching. Mit der S-Bahn, wegen des Freibieres. Mit dem GPS-Gerät war die Kybergstraße 19 schnell gefunden. Ganz unauffällig steht da hinter einer Betonmauer ein Stadl mit einer Art Biergärtchen davor. Man muss schon ganz genau hinsehen, um zu bemerken, dass sich dahinter eine Kleinstbrauerei verbirgt. Fast wäre ich sogar, obwohl per pedes unterwegs, daran vorbeigegangen. Zum Glück ist in auffällig rot-oranger Farbe ein Braukessel auf die Mauer gemalt.

Das sah dann alles doch nach einem zünftigen Ort bayrischer Bierkultur aus. Und als ich aus der winterlichen Umgebung den Stadl betrat, erwartete mich eine gemütlich eingerichtete und mit einem Holzofen beheizte warme Stube, in der mich der Kursleiter Sepp empfing und mir zur Begrüßung gleich ein hausgebrautes Bier vom Stadlbräu anbot. Ein Weizen war es. Und sein Geschmack ließ keinen Zweifel daran, dass hier mit großem Können gebraut wird. Der Kurs konnte nur noch gut werden.

Auf dem Tisch in der Stube standen schon die Lehrmittel bereit: Eine Kochplatte mit Kochtopf, Kochlöffel und Thermometer, umgeben mit Schälchen, gefüllt mit einigen Malzsorten zur Anschauung. Bald kamen auch die restlichen Kursteilnehmer, und Sepp verschwendete keine Zeit und legte los. Schließlich sollte in nur vier Stunden hier etwas zusammengebraut werden.

Kursinhalt

Für die Ausbildung zum echten Brauer braucht man mindestens ein Jahr Vollzeitstudium beim Brauer- und Mälzermeister bzw. sieben Semester beim Studiengang zum Diplom-Braumeister. Was kann man dann an einem Nachmittag überhaupt erreichen? Man muss sich auf das aller-aller-wesentlichste beschränken, und das ist der Kernprozess des Brauens, die Würzebereitung, d.h. die Umwandlung der anfänglich im Braumalz enthaltenen Stärke zu Zucker für die spätere alkoholische Gärung. Und genau das machten wir auch in dem kleinen Topf. „Wir“, d.h. dass wir Kursteilnehmer, unter Anleitung von Kursleiter Sepp, tatsächlich das Kochen übernehmen durften, insbesondere das ununterbrochene Umrühren der Biersuppe und die Überwachung der Temperatur. Dabei ging der Kochlöffel mehrmals reihum an diesem Nachmittag. Und während wir so rührten und regelten, brachte uns Sepp die theoretischen Grundlagen des Bierbrauens bei: Die Chemie des Wassers, das Mälzen, die Biochemie der Eiweiße und Enzyme, die Physik der Brautechnologie beim Abläutern und der Ermittlung des Stammwürzegrades, die Bedeutung und Wirkung des Hopfens, das Würzesieden, Gärung und Lagerung, die Kunde der verschiedenen Biertypen, Fachbegriffe wie „Pfanne“ und „Bottich“, „Sieden“ und „Ausschlagen“. Und damit die Sache nicht rein theoretisch blieb, gab es neben der praktischen Erfahrung des Rührens und des Duftes der Biersuppe auch genügend Kostproben der selbstgebrauten und bereits trinkfertigen eigenen Biersorten vom Stadl-Bräu.

Die Details des vermittelten Wissens will ich jetzt hier nicht niederschreiben. Dazu empfehle ich den interessieren Bloglesern nur, auch mal an einem Braukurs teilzunehmen. Am besten vielleicht sogar an einem Brau-Seminar, in dem man den ganzen Brauvorgang mitmacht. Information dazu gibt es auf der

Webseite der Bayrischen Brauhaus Consulting / Stadlbräu .

Der Crash-Kurs bechränkt sich nur auf das Kochen. Klar – bis das Bier dann vergoren und gereift wäre, würde man noch einige Wochen brauchen. Wie es geht, das Bierbrauen, das weiß man nach dem Crash-Kurs aber. Im Prinzip … 😉

Der Kursverlauf in Bildern

Meine Aha-Erlebnisse

Ich habe nicht erst mit dem Crash-Kurs begonnen, mich mit den Hintergründen ums Bier zu beschäftigen. Ein bisschen Grundwissen war also schon vorhanden. Doch bei jeder Begegnung mit Brauern lerne ich etwas dazu. Beim Crash-Kurs in Oberhaching gab es für mich auch wieder eine ganze Reihe von Heurekas:

• Kalkhaltiges Wasser lässt auch helle Biere dunkler werden.
💡 Das erklärt wahrscheinlich die kräftige Farbe meines Lieblingsbieres.

• Das Helle Malz, das den Hauptteil an einem hellen Bier ausmacht, schmeckt roh gekaut wie Kartoffeln.
💡 Klar – das ist auf maximale Stärke- (≈Zucker-)ausbeute gezüchtet.

• Obergäriges Bier ist einfacher herzustellen als untergäriges, weil es beim Gären keine Kühlung braucht.
💡 könnte eigentlich billiger sein als untergäriges

• Obergärige Hefe produziert als Nebenprodukt der Gärung diverse Ester
💡 das sind die lustigen Aromen, die vor allem bei Weizen oft zu riechen sind.

• Untergärige Hefe produziert als Nebenprodukt Diacetyl, und das ist zuständig für Schädelweh. Erst nach mindestens acht Wochen Lagerung ist dieses vollständig abgebaut
💡 Jetzt weiß ich, woher mein Hirnsausen am ersten Ayinger Zwicklbiertag des Blogteams stammte.

Und nicht zuletzt:

Gutes Bier zu brauen, vor allem in größeren Mengen, ist und bleibt eine hohe Kunst, auch wenn man im Prinzip wüsste, wie es geht!

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

6 Kommentare

  1. Hört sich wie eine super interessante Sache an. Wann machst Du „endlich“ Dein sabbatical für ein Jahr und wirst Braumeister? Es ist nie zu spät…

  2. Toll! Nach den Fotos krieg ich direkt Lust, das mal in MEINER Küche auszuprobieren… Aber erst mal ein Grundkurs, ist vermutlich besser 😉

  3. Ich habe so einen Kurs schon einmal im Sauerland besucht und muss sagen, dass es wirklich sehr interessant ist. Allerdings sollte man sich danach nicht als Braumeister halten. Die ersten Versuche in meiner Küche sind alles andere als gelungen.

  4. Hallo Martin,
    die Versuche in meiner Küche sind – jedenfalls nach meinem Massstab „Funfaktor“ – doch so sehr gelungen, dass ich’s wieder mal machen werde!
    (Es geht ja nicht drum, ein besseres Bier zu brauen, als ich es von Profi-Brauern bekommen kann. Es geht mir nur um das Brauen selbst!)
    Trotzdem halte ich die Augen offen, mal so einen Braukurs mit zu machen…

  5. vielen Dank für den Erfahrungsbericht. Ich habe Ihn auf unserem Geschenke-Blog verlinkt: http://www.geschenkeberater.eu/biererlebnis

  6. Unsere Erfahrung war sehr enttäuschend!
    Wir waren eine Gruppe zu sechst.
    Das Ambiente ist dermaßen gratlig und die Leistung definitiv keine keine 85,- € wert. Und ich bin als Münchner einiges gewöhnt.

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