Als erstes wird man bei einem Namen wie „Bräuhaus“ wohl an Trinken denken. Und ums Trinken geht es natürlich im Weissen Bräuhaus in München, dem Stammhaus der Weissbierbrauerei Schneider aus Kelheim natürlich auch in erster Linie. Die legendäre naturdunkle Schneider Weisse brauche ich gar nicht zu erwähnen, und auch nicht den Weizenbock Aventinus. Eher vielleicht noch den Schneider Eisbock, der mit seinen alc. 12% vol. schon so manches g’standene Mannsbild übermannt hat. Heute aber muss ich – schon wieder mal – vom Essen berichten. Denn zum Beginn des Frühsommers hat sich der Nagler Joe, Küchenchef im Weissen Bräuhaus, wieder etwas ganz besonderes, und dabei doch vollkommen traditionelles ausgedacht:
Hollerkücherl
Zwischen den Monaten Mai und Juni ist in Bayern die Zeit der Holunderblüte. Man glaubt ja gar nicht, was die Bayern alles aus dieser Pflanze zaubern: Aus den Blütentrauben z.B. Holunderblütensaft und Holunderblütensirup. Und im Herbst dann aus den reifen Beeren Holundergelee, Holundersaft und Holunderwein. Jetzt aber, Anfang Juni, sind die Blüten dran, und aus denen werden in einer traditionellen bayerischen Küche Hollerkücherl gebacken: Die Blütentrauben werden in einen dünnflüssigen Teig getunkt und in heißem Fett heraus gebacken.
Es gibt die Hollerkücherl schon seit eh und jeh im Weissen Bräuhaus. Als Beilage dazu hatte ich früher immer eingemachte Pflaumen bekommen. Heute aber gab es etwas – für mich – ganz überraschend neues. Ich zitiere die Tageskarte vom 07.06.2009:
Hollerkücherl mit Rhabarberkompott und Erdbeereis 5,90€
Das klingt so einfach, wie es genial schmeckt. Da muss einer aber erst mal drauf kommen, diese drei saiosonal zusammentreffenden Spezialitäten auf diese frühsommerliche Weise zu kombinieren. Der ideale Abschluss eines Frühschoppens im Weissen Bräuhaus mit Weisswürsten, Bayerischer Blasmusik und hervorragendstem Schneider Weissbier vom Fass. Die Portion Hollerkücherl war übrigens so groß, dass sie bei meinen Tischnachbarn erstaunte Blicke und anerkennendes Kopfnicken hervorgerufen hat.
„Und auch meine Anerkennung geht an den Küchenchef vom Weissen Bräuhaus im Tal für diese – ich schreibe es noch ein mal – geniale Dessertkreation.“ – so wollte ich per UMTS direkt aus dem Tal schreiben und später Herrn Nagler eine Notiz zukommen lassen. Daher habe ich beim Zahlen der Bedienung einen Gruß an Herrn Nagler mitgegeben. Dieser war aber zufälligerweise gerade frei und kam gleich an meinen Tisch. So konnte ich ihn befragen, wie er denn auf die geniale Erdbeereis-Rhabarber-Holunder-Idee gekommen war. Tja – was sagte er:
Das bietet sich halt einfach an zur Zeit.
So sind sie eben, die Genies. 😉
Carpaccio – ganz anders
Joe Nagler hat mich dann tatsächlich noch kalt erwischt, mit der Frage, ob ich seine neueste Kreation schon probiert hätte. Die steht in der aktuellen Saisonkarte:
Carpaccio vom gekochten Ochsenkron mit Spargelsalat und Brezenbrot 9,90€
Das hatte ich doch tatsächlich übersehen, weil ich nach den gebratenen Stierhoden und den Hollerkücherln mir gar keine Steigerung mehr vorstellen konnte. 😳
Das gibt es solange, wie es Spargel gibt
sagt Herr Nagler. Wir sollten auf ihn hören, solange noch Spargelzeit ist und hingehen ins Weisse Bräuhaus im Tal, um zu trinken UND zu essen!
War da nicht mal das Augustiner drin?? Oder irre ich mich da um ein paar hundert (oder zehn) Meter?
cu, w0lf.
Oh, für die Hollerküchle muß ich hin – gleich nächste Woche? Denn die sind gar keine bayrische Erfindung, die haben auch in Franken eine große Tradition! Ich kann mich noch erinnern, daß wir beim Sonntagsspaziergang Hollerblütendolden gezupft haben und Oma dann Hollerküchle gebacken hat. Wie’s geht, wüßt‘ ich, bloss wo kriegt man gute, saubere, ungespritzte Hollerdolden in MUC-Umgebung her? Aber ich bin zuversichtlich, daß Joe Nagler hier sogar mit meiner Oma konkurrieren könnt…