Störtebeker Baltik-Lager

Vergangene Woche bekam ich ganz unerwartet eine Mail von DHL mit einer Paketankündigung. Ich war zunächst etwas verwirrt, hatte ich doch in der Vorwoche einiges bei Amazon bestellt gehabt, und die Sendungen waren alle bereits bei mir angekommen. Hatte ich vielleicht unbemerkt einen Bestellknopf gedrückt? Nach wiederholtem Studium der Nachricht von DHL habe ich aber schließlich gelernt, diese Mails richtig zu lesen, und den Absender des Pakets entdeckt: „Paket von: Stoertebeker Braumanufaktur WebShop“ stand da. OK – alles klar 🙂 – das wird wohl ein Bierpröbchen werden. Und so war es auch. Stoßfest und bruchsicher verpackt und dank der Jahreszeit auch perfekt gekühlt konnte ich dem Paket eine Packung mit zwei Flaschen Störtebeker Baltik-Lager entnehmen.

Das Paket enthielt auch einen „Beipackzettel“, dem ich den Anlass des Überraschungspräsentes entnehmen konnte: Die Brauerei hat ihrem Sortiment von „Störtebeker Brauspezialitäten“ ein 14. Bier hinzugefügt, das Baltik-Lager. Es wird beschrieben als

ein feinmalzig-mildes, untergäriges Lagerbier mit leichtem Duft nach Biscuit und Marzipan. Zurückhaltend-herb ist das Baltik-Lager der ideale Begleiter zur österlichen Festtagsküche.

Neben dieser Geschmacksbeschreibung steht weiter auf der Packungsbeilage

Mit seinen ausgewählten Braumalzen und den drei verschiedenen Hopfensorten aus kontrolliert biologischem Anbau in Hersbruck bei Nürnberg ist das Baltik-Lager außerdem die bereits 6. Störtebeker Bio-Brauspezialität.

Feinmalzig-mild, Duft nach Biscuit und Marzipan, drei Hersbrucker Bio-Hopfen („Perle, Tradition und Cascade“, da habe ich schnell auf der Flaschenrückseite gespickt), eine Bio-Brauspezialität. So lautet die Herausforderung an meine Verkostung.

Öffnen

Zuerst mal kurz an der Flasche schnuppern. Ein satt malziger Duft kommt da heraus, etwas bierig herb gefärbt. Wie ein volles Bier. Auch die Untergärung ist zu riechen, jedoch eher nur untermalend.

Einschenken

Ein großartiger Schaum bäumt sich auf, fein glänzend, so satt aussehend wie auch der Duft aus der Flasche in die Nase stieg. Mit der ungleichmäßigen Größe der Blasen erinnert mich das lustigerweise irgendwie an die Ostsee. Und ich kann mich lange an diesem Anblick erfreuen. Der Schaum ist außerordentlich stabil. Das Bier darunter hat eine leicht rötliche Färbung, Goldmessing würde ich das nennen. Nun fällt mir auch auf, dass der Schaum etwas von dem Goldmessing mitgenommen hat. Lauter Zeichen von hoher Qualität also.

Der Trunk

Das Baltik-Lager ist auf jeden Fall ein vollmundiges Bier, hebt sich aber mit vielen feinen Eigenschaften von anderen Lagerbieren ab. Im ersten Schluck empfinde ich es gleich als ungewöhnlich süß. Mit dem Kohlensäureaufprickeln in der Trunkmitte arbeitet sich diese Süße sogar noch weiter heraus. Im Abgang schließlich, nach der Vorgeschichte eigentlich gar nicht mehr überraschend, oder eigentlich doch, wird der Schluck dann richtig süß, sodass ich glaube, diese Wirkung haben die Störebekerbrauer mit Absicht erzeugt. Die Worte „Biscuit und Marzipan“ stehen zwar bei der Duftbeschreibung von Störtebeker, nach meinem ersten Trinkerlebnis könnte ich jedoch glatt meinen, das ganze Bier ist ein Extrakt aus Mutters Biscuitteig. Ja!

Hopfen?

Wo sind nun diese? Perle, Tradition und Cascade? Cascade, ein Klassiker der Craftbierbrauerei! Da müsste man doch was mit machen. Haben die Störtebekers auch, aber anders als ich dachte. Die Hopfen kommen aus dem Baltik-Lager kaum eigenständig hervor. Sie sind es aber wohl, die dem Bier den bierigen Duft geben, und die im Abgang für die bierige Bittere sorgen. Gerade so viel vom Bierigen wie nötig, und nicht mehr. Wozu auch? Das Baltik scheint als süßes, fein-malziges Bier gedacht, und in diesem Sinne ist es exzellent gemacht. So überwiegt eben auch im Nachtrunk die süße Wahrnehmung, und die Hopfen dürfen neben ihrer Bitteraufgabe diese Süße aromatisch unterstützen. Unterstützen! So werden aus dem Caramelmalz und den dunklen Braumalzen Biscuit und Marzipan. Wieder einmal darf ich mich fragen: Wussten die Brauer schon vorher, was sie da machen, oder ist es ihnen einfach so passiert und die Beschreibung kam danach? Egal. Das neue Störtebeker ist von vorn bis hinten absolut stimmig und schön. „Fein“, um dieses Wort noch mal zu strapazieren.

Fazit: Sehr „fein“ gemacht!

Ein typisches Lager ist das Baltik eher nicht, für mich vor allem wegen seiner feinen Süße. Damit unterscheidet es sich schon deutlich von anderen Bieren dieses Typs. Wenn ich nun aber nicht an „klassisches“ Lager denke, sondern einfach nur ein schönes Bier genießen will, einfach nur ein „Bier“, dann habe ich mit dem Baltik-Lager genau dieses. Ein schönes kräftiges voll süß malziges unherbes – Bier 🙂 Den, wie ich es nenne, „klassischen“ Lager-Charakter hat es trotzdem. Am ehesten in der Nase mit dem untergärigen Beiduft. Toll aber, wie die Malzsüße schon dort in der Nase zu erkennen ist. Noch toller dann, wie dieser erste Eindruck sich nahtlos im Mund fortsetzt, sich verstärkt, um nach dem Schlucken noch lange nachzuwirken. Ein absolut feines Bier. „Fein“ hier nicht als „sachte“ und „zurückhaltend“ gedacht. Zurückhaltend, das haben die Störtebekers in ihrer eigenen Bierbeschreibung sehr gut getroffen, sind vor allem die Hopfen in ihrer Bittere und in ihren Eigenaromen, die sie voll und ganz in feinster Abstimmung in den Dienst der Malze gestellt haben.

Baltik-Lager, „der ideale Begleiter zur österlichen Festtagsküche“? Unbedingt! Das ist ein Festbier, und das nicht nur der 13,2% Stammwürze und der Alk. 5,5% vol. wegen. Rundum festlich fein ist es, und ich kann es mir zum Osterlamm ganz hervorragend vorstellen. Wobei bei mir die zweite Flasche Baltik-Lager sehr gut zur ersten gepasst hatte, und zu der zweiten Flasche passt sicher … aber nein, für übermäßigen Genuss wäre dieses feine Festbier viel zu schade.

Ich bedanke mich bei der Störtebeker Braumanufaktur ganz herzlich für die Zusendung des Probier-Pakets und gratuliere den Brauern zu dieser höchst gelungenen feinen Neukreation. Jetzt kann Ostern kommen!

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Ein Kommentar

  1. Störtebeker wütet ja ganz ordentlich in der „Crafterei“ herum. Bis dato die einzige Brauerei, die mich mit einem für Otto-Normal-Biertrinker geeignetem IPA-„Redux“ überzeugen konnte. Nennt sich dann „Atlantik-Ale“ und hat im Gegensatz zu 95% aller anderen Varianten nur normale 5,irgendwas Vol. Alk. ..

    .. und ist wirklich regelrecht zitronig frisch. Ob das jetz wirklich was mit dem Atlanktik zu tun hat – keine Ahnung. Frisch und spritzig ist es aber definitiv; ein gern gesehener Gast 😉

    Das „Malz-Porter“ dagegen ist eher so pappiges Zeug, was die Leut hier im Pott / NRW gerne mögen, also: GAR NICHT MEINS. Bäh. Malztrunk mit Alkohol *schauder*

    Gewöhnungsbedürftig, aber nicht so falsch: Glüh-Bier – mit einem zusätzlichen Schluck Holunderbeerensaft.

    Noch zu testen: Roggen-Weizen – klingt interessant.

    Und das Alkoholfrei, wobei ich mir da sicher bin, dass das genauso beschissen schmecken wird, wie sämtliche anderen bleifreien Sorten .. but one never noes ^^

    cu, w0lf.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
7 - 4 = ?
Reload