Beamish oder „Das wahre Irish Stout“

Am vergangenen Wochenende gab es im Großraum München ein Irisches Festival: Das „Green Farm Festival“ auf dem Hauslerhof in Hallbergmoos. Und dort gab es etwas ganz besonderes zu schmecken: Beamish Irish Stout, gebraut in Cork. Beamish kennt jetzt wahrscheinlich nicht jeder Leser. Aber EIN Irish Stout dürfte sogar fast jeder Bierverächter kennen: Guinness. Es ist schon erstaunlich, wie übermächtig und allgegenwärtig dieses Guinness inzwischen ist. Jeder, der so eine schwarze Brühe im Bierglas sieht, ruft gleich: „Ah – Guinness!“. So wie jeder Alleskleber nicht mehr Alleskleber heisst, sondern „Uhu“, und Klebestreifen eben nur noch „Tesa“ sind. Glückwunsch an die Marketingleute von Guinness also!

Dieser Marketingerfolg zeigte sich auf dem Festival dann unter anderem dadurch, dass einige Gäste an den Bierzapfstellen irritiert nach dem „richtigen Guinness“ fragten, als man ihnen ein Beamish kredenzte. Dabei ist das Beamish gar nicht schlecht, ja ich möchte behaupten, es ist um einiges besser als das Guinness. Ich habe dann dem einen oder anderen Guinness-Suchenden auch beruhigend mitgeteilt, dass er keine Angst vor dem Beamish haben muss und ein hervorragendes Bier bekommen wird. Die meisten Festivalbesucher waren dann auch so freigeistig, sich auf den Versuch einzulassen, und wurden mit einem besonderen Geschmackserlebnis belohnt. Aber einer war nicht so offen und ließ mich wissen, dass das Guinness das einzig wahre sei und nur das Guinness richtig schmecke. Da gebe es keine Diskussion. Basta. Ich weiss zum Glück selber, dass man beim Geschmack nicht diskutieren kann, und habe mich einfach still zu den zauberhaften Klängen eines Leierorchesters (die Leier bzw. Harfe ist auch das Wappen von Guinness!) an meinem Beamish vergnügt.

Trotdem habe ich ernst genommen, was der Guinnesfreund mir sagte, und bin am folgenden Tag in einen Irish Pub in München gegangen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Bestellte also ein Guinness, und bekam es – wie von den Marketingleuten gezapft – mit dem feinporigen Schaum obendrauf serviert, in den ein Shamrock, das dreiblättrige Irische Kleeblatt und Wappenzeichen Irlands quasi eingraviert war. Ein sehr hübscher Anblick, das muss ich schon sagen. Und der Geschmack? Kühl, cremig, wie dunkle schwarze Wassercreme. Aber halt! Ich beschreibe ja gar nicht den Geschmack! Ja, wo ist der eigentlich? Nach dem Schlucken liegt da was Bitteres auf der Zunge. Das Dunkelwasser scheint doch ein bieriges Getränk zu sein. Aber damit hat es sich dann zunächst auch schon. Ich musste noch länger dran nippen, um auch den Rest schmecken zu können: Das bittere röstmalzige, ein bischen was malzfruchtiges und den doch vorhandenen Alkohol. Noch mal dran riechen: Ja, der Fruchtbody ist real vorhanden, ebenso das bittere, und beides wird vom Alkohol und etwas Kohlensäure an die Nase getragen. So hat das Guinness also doch einen Biergeschmack, aber nur gerade mal so. Sozusagen einen „Alibi-Biergeschmack“.

Ganz anders war da tags zuvor das Beamish: Es riecht schon vor dem Trinken deutlich malzig-fruchtig-herb. Und im Antrunk schmeckt es dann wie fruchtiger Kaffee – Irish Coffee mit Rum – und hat einen feinen bitteren lang anhaltenden Nachgeschmack. Dieser Nachgeschmack blieb mir während meiner 30km langen Heimfahrt auf dem Rad noch lange erhalten und hat sich sogar noch weiterentwickelt, als ob ich feine Zartbitterschokolade auf der Zunge liegen hätte, die noch langsam vor sich hinschmilzt. Im Vergleich zum blassen Guinness, blass den Geschmack betreffend, hat das Beamish also ordentlich was für den Gaumen zu bieten.

Wie kommt es also, dass es Guinnessfans gibt wie den Herrn am Beamish-Ausschank, der über sein Guinness nichts kommen läßt, wenn doch das Guinness so minimal nach Bier schmeckt, dass man das Bieraroma gerade so noch wahrnimmt? Ich meine, dass gerade in diesem Minimalgeschmack der Trick verborgen ist: Das Guinness schmeckt nicht übermäßig nach irgendwas, kann also gar nicht schlecht sein. Gut dann natürlich auch nicht. Und gerade dieser Geschmack an der unteren Wahrnehmungsgrenze läßt dann der Phantasie des Trinkers alle Türen offen. Wird die Phantasie dann noch von der Erinnerung an die Guinnesswerbung gut unterstützt, kann es zu einem tollen Geschmackserlebnis kommen, so wie die Marketingleute es designed haben. Und wenn dann plötzlich ein Beamish mit seinem starken eigenen Charakter daherkommt, fällt dieses Kartenhaus in sich zusammen, und das erste Urteil ist: es schmeckt nicht. Ich glaube sogar, der Durchschnittsgenießer ist dann mit dem plötzlich vorhandenen Eigengeschmack seines Getränkes richtig überfordert.

Jetzt da ich das geschrieben habe, fällt mir auf, dass ich sowas eigentlich schon öfter beobachtet habe, wenn Bierlaien, die bisher nur die Supermarktbiere getrunken haben, plötzlich ein hochqualitatives Charakterbier vorgesetzt bekommen. Was den Bloggern hier so gut schmeckt, wird dann oft als schlecht empfunden. Ein Paradebeispiel wäre da z.B. das Aecht Schlenkerla Rauchbier aus Bamberg. Das ist auch für fortgeschrittenere Biergenießer meist erst mal stark gewöhnungsbedürftig. Und es heißt, man müsse erst noch ein zweites Schlenkerla trinken und dann noch ein drittes, ab dem dann aber der Durst nimmer aufhören mag. Das wurde mir schon vielfach bestätigt. Also nicht von Anfang an gefällig muss ein gutes Bier sein, sondern einen stimmigen und starken Charakter muss es haben.

Es ist auch noch gar nicht so lange her, da hatte so ein charakterstarkes Bier, auch ein Irish Stout, erst mich so überfordert, dass ich zuerst sagte: schlechtes Bier. Es war das Irish Stout der Hausbrauerei Messrs Maguire in Dublin. Das war im ersten Eindruck so richtig bitter malzig und kratzte sogar ein wenig, so dass ich zunächst kein weiteres mehr wollte. Aber dann gab ich ihm doch noch eine zweite Chance, und siehe da – der Schlenkerla-Effekt trat ein. Da merkte ich erst, dass so ein Irish Stout, die dunkle Brühe, tatsächlich auch so stark schmecken kann, wie sie aussieht. Und eben auch gut schmecken kann! So hat mir die Geschmacksbombe von den Messrs Maguire erst den Zugang zu den Irish Stouts freigesprengt und mich in die Lage versetzt, den Trick von Guinness zu durchschauen.

Zum Schluss würde ich gerne noch einige Orte aufzählen, wo man ein gepflegtes Beamish oder andere Nicht-Guinness bekommt. Die sind leider ob der Übermacht von Guinness äußerst rar. Wer gelegentlich nach Erlangen kommt, kann täglich außer Sonntag im English Pub ein Beamish zu Gary’s Fish & Chips trinken.

Gary’s English Pub, 91056 Erlangen, Gerberei 17

Und die Adresse der Maguires in Dublin ist:

Messrs Maguire, 1-2 Burgh Quay, Dublin 2

Wer noch andere Adressen mit Ausschank von Nichtguinness Irish Stout kennnt – Kommentare sind höchst willkommen!

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

6 Kommentare

  1. Da ich auch ein großer Fan vom Bamberger Schlenkerla bin, tritt der der Schlenkerla-Effekt bei auch öfters auf. Beim Beamisch war das auch der Fall. Das Beamisch ist ein absolut geniales Bier. Wer es mal in München und Umgebung findet, kann mir gerne Bescheid geben.

  2. Ich kann Dir nur zustimmen, das Beamish auf dem Festival war saulecker. Es war ja auch gut gezapft.
    Wir hatten am Abend (oder war es Morgens?) noch in Minga an der Frauenkirche ein Beamish getrunken, das war längst nicht so trinkbar wie das auf dem Festival. Das Guiness übrigens auch nicht.
    Schätze, es hängt auch irgendwo von der Art des Zapfens ab, wie gut oder wie schlecht ein Bier schmeckt.

  3. na ja, so selten ist die Guinness-Marke „Beamish“ nun auch nicht; wird am St.Patricks-Day immer mit dem Guinness ausgeschenkt. In Nürnberg kriegt mans beim Iren am Plärrer. Obwohl es den Ruf eines „Mädchenbiers“ hat, schmeckts mir trotzdem besser als die schwarze Brühe; ausserdem sieht es auch noch einigermassen nach Bier aus.

  4. Es stimmt schon das Beamish wesentlich aromatischer ist als Guinnes aber vilen schmeckt ja schon Guinnes zu stark nach Kaffee. Die werden dan mit Beamish net glücklich :-). PS: Kommt doch auf Geistreichwiki.de vorbei und schrwibt ne rezesion für Beamish (und Guinnes). Wär Super

  5. weiß jemand wo man bamish beer bez stout in München am ausschank oder im laden bekommen kann?
    Auch andere stouts anstelle von Guiness?
    Habe es einmal im Shamrock getrunken, es gab es dort aber nur kurz.
    Schöne Grüße Hollar

  6. München scheint leider komplett in der Hand der Guinness-Mafia zu sein. PittDeluxe hat oben ja geschrieben, dass es auch im Kilians Irish Pub hinter der Frauenkirche (Frauenstraße 11) mal kurz zu bekommen war, aber schlecht behandelt: CO2 statt Stickstoffzapfung.

    Ein anderer Blogleser hat sich sogar die Mühe gemacht und bei Beamish direkt in Cork, Irland nachgefragt: Es gibt für Deutschland wohl nur Fässer für Gaststätten, Flaschen überhaupt nicht.

    Wir müssen wohl bis zum nächsten Green Farm Festival bei Hallbergmoos warten … *seufz*

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