Flasche gegen Fass im Landbierparadies

Wer in Nürnberg ein gutes Bier trinken möchte, hat es in der Tucher-Wüste fast so schwer wie die Münchner mit ihren Inbev-Großbrauereien. Aber nur fast. Es gibt auf Nürnberger Stadtgebiet zwar genauso wie in München keine größere Brauerei mit nennenswert gutem Bier (die Münchner Augustiner Brauerei lasse ich hier mal außer Acht). Dafür aber gibt es in Nürnberg aber einen „Geheim“-Tip, wo man täglich exquisite feine kleine fränkische Biere trinken kann, und das sogar von Fass, ganz wie in der guten alten Zeit.

Ich meine die geniale Einrichtung mit dem Namen „Landbierparadies“ – im Folgenden nur kurz „LBP“ genannt. benhur und oliverxt77 haben bereits davon berichtet, und dieser Artikel hier wird mit Sicherheit nicht der letzte vom LBP sein. Bevor ich zum Wettkampf „Flasche gegen Fass“ komme muss ich noch einen Fakt Hintergrundwissen zum LBP los werden: Die Fässer, aus denen im LBP gezapft wird, gehören nämlich gar nicht den Brauereien. Der Erfinder und Eigentümer des LBP hat diese traditonellen Holzfässer selbst angeschafft und lässt sie von den kleinen Brauereien für seine Wirtshäuser und für den Getränkemarkt abfüllen. Die Anschaffung und Pflege der Fässer wäre für viele Kleinstbrauereien sonst ein viel zu kostspieliger Aufwand. So aber kommen die Biere wie früher im Fass in die große Stadt und ermöglichen dem Bierliebhaber auch dort ein ganz besonderes Geschmackserlebnis. Und genau dafür war ich gestern im Landbierparadies an der Sterzinger Straße 4 in Nürnberg.

Ich hatte dort schon einige Fassbiersorten probiert: Huppendorfer, Hetzelsdorfer, Forchheimer Neder, Neder Schwarze Anna (mein bisher liebstes) und das Krug Bräu aus Breitenlesau. Die Mengenverteilung der einzelnen Brauereien bei den Fassbieren ist mir nicht bekannt. Die Trefferquote beim Krug war bei meinen LBP-Besuchen jedoch so hoch, dass ich einfach mal behaupte, dass Krug den Hauptanteil an Fässern für das LBP liefert. So war ich ein bischen enttäuscht und gelangweilt, als es gestern – mal wieder, *seufz* – nur das Krug im Fass gab. Das war dann aber wenigstens wie gewohnt schön cremig, mildherb und zartmalzig. Allerdings kam es mir diesmal ein klein wenig muffig hefig vor.

Weil ich ja schon so oft Krug-Bräu gehabt hatte, wollte ich als zweites Bier dann ein Flaschenbier testen: Das auf der Getränketafel angepriesene „Bier der Woche“, den „Adam Riese Urtrunk“ vom Brauhaus Ebernsfeld. Der war aber leider schon aus. In dieser Notlage hat mir der kompetente Kellner Chris als Alternative das Märzen der Brauerei Wagner in Merkendorf empfohlen. Eine sehr gute Empfehlung, wie ich mit Freude feststellen durfte. Vor dem Genuss des Märzen lag jedoch noch ein klein wenig Arbeit: Die Flaschenbiere darf man sich im LBP nämlich selbst einschenken. Dann erst noch schnell ein Foto für’s Blog, und los! Mmmmhh! Im Mund breitet sich sofort ein höchst angenehmer dicker Hopfenteppich aus, der auf einen Boden aus natürlich wildem Gerstenmalz gelegt wurde. Das ist für ein Flaschenbier extrem viel gutes Aroma. Das hatte ich nicht erwartet. Hätte ich aber wissen müssen – Das Wagner ist ja ein fränkisches Flaschenbier!

Mein Zwischenfazit zum Wagner an dieser Stelle: Wild malzig und breit gehopft. Einzigartig genial. Absolut keine Flasche, dieses Flaschenbier.

Als nächstes war wieder das Krug an der Reihe. Jetzt im direkten Vergleich noch deutlicher die Zurückhaltung in der Malzigkeit. Und nach wie vor vollmundig cremig und wenig gehopft. Die Getränkekarte schreibt über das Krug aus Breitenlesau:

ein dunkles, wenig filtriertes Lagerbier

Ich schmecke noch mal hin: Ja, wirklich fein und ganz mild ist es. Es ist so malzig wie es dunkel ist, und dennoch ist es dabei weder schwer noch herb. Und im Vergleich zum Wagner nur ganz leicht gehopft. Doch wieder hat das Krug eine andersartige Geschmacksnote bei sich, nämlich dieses muffig hefige. Nicht wirklich muffig, denn das Bier ist ja nicht schlecht. Nach etwas Nachdenken kommt mir der Gedankenblitz: DAS muss vom Fass kommen. Ja! – Das Krug hat eine fassige Beinote im Geschmack.

Zwichenfazit No. Zwei: Das Wagner legt einen breiten Hopfenteppich auf wildem Malzgrund. Das Krug überzieht Zunge und Gaumen mit einemfeineren malkaremelligen Belag und hat eine fassige Beinote. Beide sind je nach persönlichen Geschmacksvorlieben damit ausgezeichnete Biere.

Jetzt will ich’s aber wissen und bestelle noch ein Wagner. Die Bedienungen im LBP sind schon ganz verwirrt über das, was ich da veranstalte. Wieder kommt dieser wilde Gerstenduft aus der Flasche, man könnte ihn auch als Duft nach Malzkaffee beschreiben. Ist das Krug cremig im Körper, dann ist das Wagner eher kristallen und wirkt dadurch dünner. Ansonsten aber ist es genauso spritzig und lebendig prickelnd auf der Zunge wie das Fassbier. Die Lebendigkeit des Gerstenfeldes ist auf dem ganzen langen Weg bis in die Flasche erhalten geblieben. Nicht auszudenken, wie dieses Wagner frisch aus dem Keller oder vom Fass schmecken würde!

Endfazit: Das Krug ist fein cremig malzig. Insgesamt etwas vielfältiger und filigraner im Geschmack. Das Wagner ist vollmundig in Hopfen und Malz und glänzt mit natürlicher in die Flasche gebändigter Wildheit. Die fassige Beinote im Krug ist das i-Tüpfelchen zur Abrundung des Bieres. Das Wagner in der Flasche wirkt dagegen etwas härter und besticht mit seinen kristallklaren Aromen. Die Fassigkeit fehlt ihm aber nicht wirklich, wäre aber interessant, wie es vom Fass schmecken würde.

Mein persönliches Endergebnis lautet damit: Flasche gegen Fass: 1:1 unentschieden (gilt nur für die Biere Krug Lagerbier und Wagner Märzen!).

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Ein Kommentar

  1. Ja du Armer, so in einem Dilemma zu stecken, zwischen zwei Leckereien wählen zu müssen 😉

    Übrigens, ich kenn das Lokal nur als „el-be“, wobei offen bleibt, ob der zweite Buchstabe ein „weiches B“ oder ein „hartes P“ ist (im Fränkischen ja identisch ausgesprochen)…
    Ich werde mir deinen Wagner-Tipp merken, ich trank bisher fast immer Faß-Biere, wenn ich im LB(P) war, ganz einfach weil für mich ein Faß-Bier per se schon ein „besseres“ Bier ist.

    Und noch was: Ich trinke ja ganz gern Bier aus dem Holzkrug (siehe Fotos zu Wettelsheimer Märzen), der zwar nur ein kleines Faß ist, aber ich bilde mir ein, dass das Bier dadurch auch einen anderen Geschmack hat als aus Glas oder Krug – wobei ein unglasierter Holzkrug (hatte ich auch mal, ist aber zu pflege-intensiv) noch viel mehr von dem Effekt hat. Obwohl das Bier ja nur ganz kurz drin verweilt… Aber das tun die Faßabfüllungen fürs LBP ja auch nur kurz ;-))

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