Hellerbräu Bamberg – stiftsgartenbier

Das „stiftsgartenbier“ ist mir zum ersten Mal begegnet am berühmten Gassenausschank der Brauereigaststätte zum Schlenkerla. Dort hängt seit einiger Zeit ein Hinweis, dass dort auch ein mit besonderem Hopfen aus Bamberg gebrautes Bier zu bekommen sei. Allerdings müsse man es in Flaschen am Kiosk kaufen. So so, ein Spezialbier von Schlenkerla, so dachte ich. Wann immer ich mich dann aber in der Bräustube niedergelassen habe und das anheimelnde Holzfass sehe, vergesse ich stets die Flasche und konzentriere mich auf das nach althergebrachter Weise gezapfte Bier. Ich kann nicht mal sagen, ob das stiftsgartenbier in der Schenke serviert wird. Tja, es wäre ja auch ein Fremdbier, weils ja nicht aus der „Brauerei Schlenkerla“ kommt. Woher aber dann?

Schlenkerla Brauereigeschichte

Die berühmteste der Bamberger Rauchbierbrauereien ist weltweit bekannt unter dem Namen „Schlenkerla“. Und genau so wird die Brauerei meist bezeichnet. Ist auch ausreichend, denn damit weiß jeder gleich Bescheid. Erst bei genauerem Hinsehen, insbesondere auf die Biertragerln, erfährt man, dass die Brauerei den Namen „Heller-Bräu“ trägt. Noch genauer hingeschaut liest man den vollen heute gültigen Namen:

„Heller-Bräu“ Trum GmbH, Dominikanerstr. 6, 96049 Bamberg

Davor gab es die Namen „Eberlein Breu“ (1387), „Brauerei zum blauen Löwen“ (1678), „Brauerei Heller“ (1767 bis heute). Für belastbare Detailinformationen verweise ich dazu auf die Informationsseite von Schlenkerla im www (click).

Das stiftsgartenbier nun ist, so soll es wohl den Anschein erwecken, von einer Brauerei „Graser“, bzw. von einem „Konrad Graser, ehem. Bräu Michaelsberg“. Ui ui ui, hier wurde allerlei Brauereigeschichte reingepackt. Unter obigem Informationslink findet man heraus:

  • Konrad Graser wurde um 1866 „Braumeister zum Heller“. Davor war er „mehrere Jahrzehnte der Bräu der Brauerei Michaelsberg gewesen“, als Pächter, so liest man.
  • Andreas Graser, Sohn von Konrad, übernimmt 1875. Auf dessen volksmündischen Spitznamen geht der Beiname der Brauerei zurück: „Schlenkerla“, der heute in aller Munde ist und wie der Hauptname des Ganzen benutzt wird.
  • Seit 1936 trägt die Brauereiinhaberfamile den Namen „Trum“.
  • 2003 wird der heutige Inhaber Matthias Trum der „Braumeister zum Heller“.

Marketing

mit der Geschichte

Die Werbetrommel rühren tut heute Not, in Zeiten wo Bier eher weniger getrunken wird als mehr, aus unterschiedlichsten Gründen. Da legt sich die Brauerei Heller seit 2020 etwa schwer ins Zeug. Sie geht dabei zum Teil auch einen Ansatz, den ich schon bei einigen anderen, meist kleineren Brauereien gesehen habe: man erweckt die Ahnen aus früheren Generationen wieder zum Leben. Das kann dann so aussehen, wie beim Bräu z’Loh, mit Erinnerung an einen Vorfahren aus der Brauereigeschichte (siehe mein Artikel über das „Bräu Mare Hell“). Die Brauerei Heller macht ähnliches und wirbt mit „Konrad Graser Originalrezepturen“ (siehe den Zeitstrahl der Hellerbräu). So übernimmt der „ehem. Bräu vom Michaelsberg“ also den geschichtlichen Part mit seinem Namen und Rezept.

mit Innovation

Es würde aufgrund der Veränderungen bei Malz, Hopfen, Hefe, Brautechnik, bei quasi allem, nicht gut bis überhaupt nicht funktionieren, ein altes Rezept einfach im Original so nachzukochen, wie es die Vorfahren aufgeschrieben haben. Da käme wer weiß was raus. Dennoch ist es möglich, etwas historisch wirkendes zu Brauen, das aber allen Qualitäts- und Genussansprüchen von heute genügt. Das stiftsgartenbier ist ein prima Beispiel dafür. Der Part der Innovation ist hier weniger technischer Art, er liegt im Rezept, bzw. viel mehr in den Zutaten, ganz genau gesagt im Hopfen. Schon das Flaschenettikett verspricht

MIT BAMBERGER UND SPALTER HOPFEN

Etikett vom stiftsgartenbier der Brauerei Heller, Bamberg

Spalter Hopfen: die Spalter Aromahopfen sind berühmt, und solche sollen es auch im stiftsgartenbier sein. Jetzt aber kommt es, das absolute Neue: Es sind auch Bamberger Hopfen verbraut. Bamberg ist nun nicht so sehr bekannt als Hopfenregion. Dennoch gibt es seit einiger Zeit wieder ein Bamberger „Hopfenanbaugebiet“: den Garten der Gärtnerei Emmerling, die mitten in der Stadt wieder Hopfen anbaut, und teilweise auch für ihre eigene Brauerei verwendet. Ein guter Anteil des Ertrags dürfte jedoch ins stiftsgartenbier wandern.

Auf http://bierland-franken.de habe ich einen Bericht zur Markteinführung des stiftsgartenbiers im April 2022 gefunden. Auf der Berichtsseite sieht man sehr schön dargestellt, wie Kris Emmerling, Gärtner vom Bamberger Hopfengarten, und Matthias Trum, heutiger Bräu zum Heller, werbefotowirksam den Naturdoldenhopfen aus Bamberg der Würze zugeben.

Trinktelegramm

Nach so viel Geschichte, und die ist hier wirklich das Wichtigste, möchte ich mich kurz halten.

Optik

Bernstein, Honig. Kräftig leuchtende reine Malzfarbe (Wiener?). Tadelloser Schaum mit leicht dunkler Färbung. Trübe des nicht Filtrierens.

Nase

Stark im Malz und stark im Hopfen. Im Malz viel von der Kruste einer reschen Semmel, Karamell, honigartig. Der Hopfen dazu grasig, würzig. Alle Düfte gelöst in 5,7% vol. alc. Das alles weckt die Vorstellung an einen Kräuter-Met-Trunk in der Stärke eines Festbieres.

Trunk

Satt süßer malzknuspriger Antrunk. Zunächst wie reiner Met. Später kommen die grasigen Hopfenaromen. Im Abgang bleibt ein breiter wohlig herber Hopfenbitterteppich liegen. Insgesamt ein schon eher schwereres Bier, voller als vollmundig. Gibt es eine „Mittelschwermundigkeit“? Die hat das stiftsgartenbier!

Hopfenwirkung

Es ist schwer zu sagen, welche der Wirkungen ihren Hauptursprung in welchem der verwendeten Hopfen hat. Ich verbinde das Grasige eher mit den Naturdolden. Bitter sind sie ja alle, und ein Aroma haben sie auch alle. Da kommt es auf die Rezeptur an. Und die passt im stiftsgartenbier.

Fazit

Das stiftsgartenbier wird den Versprechungen des Marketings voll gerecht. Es vermittelt die Vorstellung eines historischen Bieres. Schmeckt für mich auf jeden Fall wie von früher. Ist dabei sehr perfekt und rein gemacht: Klare Linie im Malz. Viel Spiel im Hopfen mit perfekter Balance zwischen Aroma und Bittere, beide jeweils für sich deutlich und kräftig.

Das stiftsgartenbier ist in der Tat ein „neues“ Bier in dem Sinne, dass ich kein Vergleichsbier nennen könnte. Es bringt mit dem Namen des Brauereiahnen Konrad Graser die historische Geschichte der Brauerei Heller und des Schlenkerla näher (etwas Eigenrecherche notwendig). Und mit dem Hopfen aus dem Hopfengarten der lokalen Bamberger Gärtnerei umfasst man auch die jüngere und gegenwärtig werdende Geschichte der Weltbierhauptstadt Bamberg.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

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