Brauereiführung bei Paulaner

Anfang Mai bekam ich die Gelegenheit, an einer exklusiven Brauereiführung bei der Münchner Paulaner Brauerei teilzunehmen. Der Braueierführer, ein pensionierter Braumeister von Paulaner, machte eine Führung speziell für seine Nachbarn und Freunde. So erzählte er auf etwas persönlichere Art als sonst üblich und öffnete auch mal die eine oder andere Tür, die den Brauereibesuchern sonst verschlossen bleibt.

Als ich die Einladung zur Führung bekam, stand ich ihr zunächst etwas skeptisch gegenüber. Dem interessierten Blogleser dürfte aufgefallen sein, dass hier überwiegend unbekannte kleine Brauereien, meist Familienbetriebe, vorgestellt werden. Die großen „Fernsehbiere“, zu denen ich auch das Paulaner zähle, werden ja schon allgegenwärtig zur Genüge beworben, und geschmacklich … naja. Ich habe mich aber bemüht, alle meine Vorurteile auszublenden, um möglichst unbefangen den Ausführungen des Braumeisters folgen zu können. Und ich war ganz schön beeindruckt von dem, was er so alles erzählte und zeigte.

Hintergrund

Zu Beginn der Führung bekamen wir ein viertelstündiges Einführungsvideo von Paulaner gezeigt. Darin wurden die Grundlagen des Bierbrauens erklärt, sodass auch Bierneulinge eine Ahnung davon bekamen, was in so einer Brauerei alles passiert. Der Film war inhaltlich vollkommen korrekt, wie ein Schulfilm für den Biologieunterricht, und die Werbung für Paulaner selbst hielt sich angenehm in Grenzen. Wenn man die wenigen paulanerspezifischen Bilder ausblendet, könnte man ihn guten Gewissens auch im Dritten Programm des BR im Schulfernsehen ausstrahlen, oder als Sachgeschichte einer Erwachsenenausgabe der „Sendung mit der Maus“.

Danach begannen die freien Ausführungen des Braumeisters. Hochinteressant fand ich vor allem die Zahlen, die er uns nannte. Zuerst musste natürlich die Platzierung der Brauerei am Markt geklärt werden: Die Paulaner ist die größte Braurei Bayerns, und die drittgrößte Brauerei Deutschlands. Diesen Status erreichte das Unternehmen durch den Aufkauf bzw. die Übernahme anderer ehemals sehr bekannter Brauereien. Zur Paulaner-Gruppe gehören nämlich heute auch die Marken Hacker-Pschorr, Hopfweisse, Thurn und Taxis und die Auerbraeu. Ich habe mal gegoogelt, wie das alles zusammengehört, und habe fast einen Schwindelanfall bekommen: Die Paulaner-Gruppe ist nämlich nur ein winziges Unterteil der Schörghuber-Unternehmensgruppe. Diese befasst sich mit Bauen und Immobilien, Hotels, Flugzeugleasing und eben Getränken. Der letzte Sektor wird genau „Brau Holding International GmbH & Co. KGaA“ genannt. Darunter ist dann die Paulaner-Gruppe und die Marken „Kulmbacher“, „Fürstenberg“, „Karlsberg“ und „Hoepfner“. Da steckt also ganz schön was dahinter, wenn man sich eine Halbe Paulaner einschenkt. Und damit nicht genug. Denn diese Brau Holding gehört nur zu 50,1% Schörghuber. Paulaner ist also gerade mal so noch bayerisch. Der Rest, 49,9%, gehört der niederländischen Heineken N.V.

Aber zurück auf den Boden der Münchner Tatsachen. Jetzt sind die Unternehmensverknüpfungen der Brauereimarken ja schon schwer vorstellbar. Spätestens bei den Austoßzahlen des Braugiganten aber versagt jede menschliche Vorstellungskraft. Hier die Daten, die uns der Braumeister nannte, und die gelten nur für den Münchner Betrieb alleine:

  • Die Brauerei zählt ca. 650 Mitarbeiter, 200 davon sind direkt mit der Bierproduktion beschäftigt.
  • 10.000 hl Bier werden im Paulaner Sudhaus an einem Tag gekocht. Die größten Familienbetriebe in Franken brauchen für diese Menge schon mal ein ganzes Jahr.
  • Jeden Tag fallen durch den Brauvorgang 9.000 Zentner Biertreber an. Dieser wurde früher von den Bauern aus München und dem Münchner Umland zur Tierfütterung verwendet. Heute kommen ganze LKW mit Anhänger bis aus Österreich und transportieren das wertvolle Tierfutter ab.
  • In den Lagertanks von Paulaner, tief drin im Nockherberg, ruhen 300.000 hl Bier. Das würde reichen, um jeden der 1,3 Mio Einwohner Münchens fast zwei Monate lang mit täglich einer Halben Bier zu versorgen.

Sudhaus

Auf dem Weg durch den Betrieb überrascht es dann nach all dem, dass das Sudhaus innen doch noch ganz tradionell aussieht, mit den typischen Kupferkesseln wie man sich eine Brauerei vorstellt. Nur dass da nicht nur das übliche eine Paar aus zwei Braukesseln (Maischebottich und Sudpfanne) sondern eben gleich zehn solcher Paare nebeneinander stehen, die alle gleichzeitig und rund um die Uhr in Betrieb sind. Das könnte sich jedoch bald ändern. Der Braumeister erzählte, dass die alte Malztenne abgerissen und an deren Stelle ein neues Sudhaus errichtet werden soll. Eigenes Malz stellt die Paulaner seit über zehn Jahren schon nicht mehr her. Durch das Gebäude der Malztenne sieht die Paulaner heute ja noch ganz typisch nach Brauerei aus. Ich bin gespannt, wohin sich das Bild mit dem Neubau entwickeln wird.

Gärung

Auf dem Weg vom Sudhaus zum Lagerkeller kamen wir an den über 20m hohen Gärtanks im Hof vorbei. Darin gärt je nach Bedarf das ober- oder untergärige Bier. Die Brauerei erstreckt sich vom Gelände an der Falkenstraße bis hinauf zur Hochstraße über dem Nockherberg, wo weitere solcher Gärtanks stehen. Zur Zeit der Führung gärte, als ob es eine Eselsbrücke für die Besucher sei, das Obergärige oben an der Hochstraße, und das Untergärige unten an der Falkenstraße.

Lagerung

Vom Sudhaus ging es durch einen langen unterirdischen Gang in den Lagerkeller im Nockherberg. Die Tanks im kalten Lagerkeller waren recht unspektakulär anzusehen. Hauptsächlich sind sie groß, zahlreich und kalt, um die 0°C.

Nach der Stille im kalten Keller war der Lärm in der Abfüllanlage ein ziemlich heftiger Kontrast. Dort wird richtig viel Bier abgefüllt, mehrere Millionen Flaschen jeden Tag! Und weil mich ja vor allem die Zahlen so beindruckt haben, hier noch mal gesammelt die Zahlen zur Abfüllanlage:

  • 200.000 Flaschen Bier können in einer Stunde befüllt werden.
  • 3.000.000 (in Worten „Drei Millionen“) Flaschen sind das an einem Tag.
  • Paulaner hat natürlich mehr als eine Verschließmaschine. Die besten haben eine Spitzenleistung von 40.000 Flaschen pro Stunde. Der Braumeister bezeichnete so eine Maschine dann auch einfach nur als „Vierzigtausender“.

Die Flaschen werden zumeist mit dem klassischen Kronkorken verschlossen. Für das natürtrübe Kellerbier (von der Marke „Hacker-Pschorr“) gibt es auch eine Bügelverschlussverschließanlage. Die war leider gerade nicht in Betrieb, als wir daran vorbei kamen. Hat aber trotzdem ganz schön Eindruck gemacht, auch der bereitgestellte Vorrat an Bügelverschlüssen. Siehe Foto. Kleine Brauereien haben es da schwerer. Siehe dazu ganz rechts das Vergleichsfoto einer fränkischen Bügelverschlussverschließ-„Maschine“.

Neben der Flaschenabfüllung gibt es auch noch eine große Fassabfüllanlage. Die Belegschaft dieser Abteilung hatte am Freitagnachmittag zu unserer Besuchszeit aber bereits ihren Feierabend angetreten. So konnten wir diese Anlage nicht in Aktion sehen.

Abgefüllt werden dort heute fast ausschließlich nur noch die modernen Stahlfässer. Holzfässer spielen so gut wie keine Rolle mehr. Die Paulaner befüllt diese nostalgischen Behälter heute nur noch für einen einzigen Großabnehmer, die Hacker-Pschorr Gaststätte in der Schrannenhalle am Münchner Vikutalienmarkt.

„Bier macht nicht dick“

Zum Abschluss der Brauereiführung ging es in die Betriebskantine zur obligatorischen Bierverkostung bei Leberkäs mit Kartoffelsalat und Brez’n. Beim Biergeschmack scheiden sich aber wieder die Geister und hier kämen wieder meine persönlichen Vorlieben zum tragen. Das Geschmacksergebnis der Verkostung möchte ich daher lieber in einem anderen Beitrag kund tun.

Beim gemütlichen Beisammensitzen hat der Braumeister dann noch so manchen Schwank aus seinem Brauerleben zum besten gegeben. So habe er einmal ein paar Damen darüber aufgeklärt, dass Bier entgegen aller Vorurteile ganz und gar nicht dick macht. Er selbst sieht nämlich gar nicht so aus, wie man es von einem Bierbrauer erwartet. Dabei trinke er im Schnitt täglich zwei Liter Bier. Aber eben nur Bier von Paulaner! 🙂

Und mit etwas mehr Ernsthaftigkeit erläuterte er später noch woher dann doch so mancher Bierbauch stammt: Bier hat einen pH-Wert von ca. 4,5. Es ist also ein saures Nahrungsmittel. Und dieser Säuregehalt, hauptsächlich von der Kohlensäure stammend, regt die menschliche Verdauung an. Es ist also nicht das Bier selbst, das den Bierbauch verursacht, sondern seine appetitanregende Wirkung, so der Braumeister. Diese Wirkung hat dann freilich auch das Paulanerbier.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

3 Kommentare

  1. Wow, Ralf, klasse, dein Bericht! Ich habe diese Führung ja auch schon mal mitgemacht, aber fast keine Daten mehr behalten…
    Ich kann jedem Bier-Interessierten nur empfehlen, so eine Führung einmal mitzumachen, auch wenn es eine Großbrauerei ist: wenn sie von einem enthusiastischen (Ex-)Brauer gemacht wird, ist das ein sehr schönes Erlebnis!

  2. Spitzenklasse, Ralf! Vermutlich ernährt sich der Braumeister ausscliesslich von seiner Produktion und kommt durch diese Riesenanlage ja auch kräftig auf Laufkilometer / Tag 🙂

  3. Die Paulaner Brauerei ist mir sehr vertraut. Ich habe selbst dort Brauerin gelernt und mache jetzt als Studentenjob Brauereiführungen. Daher möchte ich zwei Kleinigkeiten des sonst guten Artikels korregieren:

    1. Die Paulaner Brauerei hat ACHT Sudkessel im Sudhaus stehen. Dabei wird mit einer Vier-Geräte-Technik gearbeitet (d.h. Maischbottich, Maischpfanne, Läuterbottich, Würzepfanne). Dementsprechend wird in dieser Brauerei mit nur ZWEI Sudstraßen gearbeitet und nicht mit 10 Zweierpaaren.

    2. Die 40.000 Flaschen/Stunde treffen lediglich bei der Bügelflaschen-Abfüllanlage zu. Im Mehrweg-NRW-Flaschen-Bereich wird mit 60.000 Flaschen/Stunde gearbeitet.

    Alles in allem aber sehr beeindruckend wie viel sich die Gäste doch merken 🙂

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