„The Turf Tavern“ – Mein liebster Pub in Oxford

  In Oxford gibt es einen Pub, von dem man sagen würde, dass es ihn gar nicht gibt, wäre man nicht wie ich schon mal dort gewesen. Das „nicht gibt“ muss man beim „The Turf Tavern“ gleich auf zwei Arten verstehen:

Zum ersten ist der Weg zum „Turf“ so gut versteckt, dass man wirklich einen Fremdenführer braucht, der einen im rechten Moment von der Straße weg zwischen die Hauswände schubst. Das liegt unter anderem sicher auch daran, dass „The Turf“ wohl einer der ältesten Pubs in Oxford ist, wenn nicht gar DER älteste.

Und zum zweiten gibt es im Turf immer einige der kleinsten und feinsten Englischen Real Ales im Ausschank, von denen, so ging es mir, man vorher nicht ein mal zu träumen gewagt hätte. Nicht umsonst steht ja auch auf einem der seltenen Wegweiser auf dem Weg zum „Turf“ geschrieben:

The Famous Turf Tavern

An Education in Intoxication

Das verspricht viel, und hält es auch! Vorausgesetzt, man findet diesen sagenhaften Ort.

Hinkommen zu „The Turf Tavern“

Wie gesagt ist das selbst in Zeiten von Smartphones, GPS und Google StreetMap&View kein leichtes Unterfangen. Das Navi kann einen noch bis in die „New College Lane“ führen. Aber dann beißt es aus. Man muss schon sehr gute Augen haben, um die schmale fast nur schulter breite Gasse zu sehen, in die man von der auch schon nicht so großen Straße abbiegen muss. Ich glaubte schon, mich in einem Harry Potter Roman zu bewegen. Und das war bei Tag. Bei Nacht hat man als Fremder eigentlich gar keine Chance. In Google Street View z.B. fällt die Gasse selbst auf dem Tageslichtfoto nur auf, wenn man weiß, dass man eine suchen muss: So sieht das aus (klick).

Und so sah das für mich in Echt aus:

     

Einzigartiges Old Oxford Ambiente

Der alte Schankraum vom „The Turf“ ist so alt und niedrig, dass sich auch klein gewachsene Menschen darin ein mal ganz groß fühlen können. So gut wie jeder Gast kann mit seinen Fingerspitzen die Decke erreichen. (Bei mir waren es die Haarspitzen … wenn ich mich duckte.) Und in diesem sagenhaften mittelalterlichen Ambiente werden aktuelle beste Englische Real Ales ausgeschenkt, in der Regel ständig wechselnde Guest Ales. Wer nur alle paar Jahre mal nach Oxford kommt, braucht sich die Ale-Marken gar nicht einzuprägen. Beim nächsten mal sind eh ganz andere, aber wieder genau so gute da. Wenn man sich also für eines der gerade angebotenen Ales entschieden hat, setzt man sich am besten in irgendeiner der vielen mehr oder weniger dunklen und mehr oder weniger kuschligen Ecken im Pub hin und genießt die Zeitreise in ein fernes altes Land. Oder man geht gleich nach draußen in einen der kleinen malerischen Innenhöfe. Die sind natürlich auch nicht übermäßig groß, wirken aber riesig, wenn man an die winzige Gasse denkt, durch die man (hoffentlich) her gefunden hat.

Eine Auswahl von Real Ales – März 2011

Turf Tavern Summer & Winter Ales

 

Das sind die Hausmarken des Turf. Ich habe leider vor lauter Genuss vergessen zu fragen, welche Brauerei diese beiden Biere macht. Es scheint aber die Greene King Brewery aus Bury St Edmunds in Ostengland zu sein, von der ich noch mehrere andere Ales im Turf gesehen (und getrunken) habe. Alle gut.

 

Das Summer Ale ist hell. Das ist ungewohnt. Meist sind die Ales dunkler, eher braun. Es schmeck malzbetont, leicht. Und hopfenherb, auch leicht. Das Winter Ale danach ist krätiger malzig, herb hopfig mit medizinischer Kräuternote. Damit ergänzen die beiden Ales sich prima. Ich bin froh, dass ich die Gelegenheit hatte, beide bei einem Besuch kosten zu können. März liegt halt zwischen Winter und Sommer 😎 . Ich habe es sogar im micro timing gut hin bekommen. Das Winter Ale hatte ich genau zu meinem Essen, den „Cod & Chips“ bestellt. Dazu ist mir nämlich das Winter Ale mit seiner malzigen Note (etwas) lieber.

Titanic Steerage

von der Titanic Brewery in Burslam Stoke-on-Trent in Mittelengland. Das war mir bis dahin vollkommen unbekannt und somit genau das, was ich am liebsten probiere. Ein wenig habe ich mich von der Plakette an der Ale-Pumpe animieren lassen, gebe ich zu. Die sah irgendwie interessant aus. Und Titanic als Produktname macht sich auch immer ganz gut, finde ich.

  Im Erlebniswert war das dann ein echter Volltreffer: Es roch nämlich außerordentlich untypisch für ein Ale. Sowas von malzig und würzig hopfig, wie ich das von den good old German beer festivals in der Heimat aus den 80er Jahren in Erinnerung habe. Ich kann meine Nase gar nicht mehr aus dem Glas ziehen, so großartig ist die krätig würzige Hopfenblume. Schöner hätte ich es an diesem Tag in der Frühlingssonne im Innenhof des Turf nicht treffen können. Und auch der Trinkgenuss: Spritzig vollmundig malzig im Antrunk mit ebenso vollem hopfig herbem Abgang. „Das ist kein Ale“ muss ich mir immer sagen. „Das ist ein Festmärzen von früher daheim. Sowas müssten die Münchner heute noch brauen und in den Münchner Biergärten ausschenken, dann wär die Welt dort wieder etwas mehr in Ordnung.“

Bei all dem vollen Hochgenuss in vor allem Hopfen, aber auch in Malz, bin ich völlig baff, wie wenig Alkohol dieses Spitzenbier mit seinen 3,5% doch hat. Das ist ein Beweis dafür, dass für viel und guten Geschmack nicht automatisch auch viel Alkohol notwendig ist.

Bildeindrücke

Ich war dieses Jahr gleich zwei mal in Oxford und natürlich im Turf. Ein Nacht- und ein Tagbesuch. Hier meine übrigen Eindrücke davon.

 

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
8 + 5 = ?
Reload