Bei der letzten Bierverkostung im Freundeskreis hatte jeder – ganz ehrgeizig! – so viele tolle Biere mitgebracht, daß wir es an einem Abend gar nicht schaffen konnten. So mußte einfach ein Folgetermin her, bei dem in ähnlicher Runde der ganze „Rest“ dran kommen konnte. Und der hatte es in sich …
Wir ließen uns einfach von der Faustregel leiten, zuerst die (alkoholisch) schwächeren Biere zu verkosten und uns dann zu steigern. So kam es, daß das Erste gleich ein Exot war:
Cotta 21 der ital. Brauerei Mastri Birrai Umbri
Es sieht schon in der Flasche toll aus, leider wissen wir nicht viel drüber, außer: obergäriges Ale, 5% alc. und mit Dinkel! Mit der hellorangen Farbe und dem schnell zerfallenden Schaum könnte es ein IPA sein, fruchtig, besonders citrusartig, paßt auch der Duft.
Zart, leicht bizzelig und etwas säuerlich ist der Antrunk, das würde doch eher zu einem Witbier passen. Kurz und eher trocken gibt es sich im Abgang.
Das ist anders, aber gut und ein passender Aperitiv für diese Runde.
Faust Auswandererbier 1849
Die Brauerei aus Miltenberg am Main ist uns zwar bekannt, aber so richtig verkostet hatten wir noch nichts. Dieses I.P.A. mit der schönen Geschichte ist eine tolle Gelegenheit, das endlich nachzuholen. Die 7,5% Alkohol passen gut zum Ale, auch die klassische Bernsteinfarbe, vor allem aber die Zitrus-Düfte. Deutsche und amerikanische Hopfen wurden verbraut, das erklärt das fruchtige Aroma. Überraschend und individuell ist aber der deutliche Malzgeschmack in der Mitte des Gaumens, der uns direkt an Mousse aux Chocolate erinnert! Während man darüber noch erstaunt ist und sich begeistert, geht das Erlebnis in einen extrem trockenen Abgang über, der auf eine sehr schöne Art nachhängt.
Das ist zwar nicht ganz einfach, aber ein wunderbares Geschmackserlebnis, ein tolles Bier!
Brauerei im Eiswerk: Bourbon Bock³
Bock hoch drei heißt der eigentlich: gebraut mit 3 Malzen, 3fach fermentiert, 3 Monate in Bourbon-Eichenfäßern gelagert ist der Ale-Bock. Einer der ersten von den ultra-teuren Bieren, die ich dort mitgenommen hatte. Ist er es wert oder ist da zuviel Hype drauf, fragen wir uns. Ich sag’s gleich geradeheraus: die Meinungen gehen auseinander.
Bei der rostbraunen Farbe sind wir uns noch einig: das ist hübsch. Der Duft erinnert an Vanille, Holz, ist modrig und gleichzeitig fruchtig, das ist schon verwirrend. Etwas unbestimmt im Antrunk, ist der Körper zart, jedoch nicht leer. Malzige Süße und hefige Aromen sind bestimmend. Im Abgang kommt sehr deutlich die Vanille heraus. Ich persönlich finde das sehr lecker, aber nur in kleinen Mengen.
Eine Flasche habe ich noch, die möchte ich lagern, mal sehen, was daraus noch wird…
Pax Bräu Bière d’Abbaye Double
Ein Bier, das den belgischen Klosterbieren nachempfunden ist, mit 7,5% alc. allerdings nicht ganz so stark. Durchaus Tradition ist dabei auch der Zusatz von Honig bei einer zweiten Gärung, sowie Koriander als Gewürz.
Die etwas diffuse Farbe erinnert an Schokolade, der Duft ist deutlich nach Honig und Karamell. Malzig-brotig startet der Antrunk, wird dann malzig-fruchtig im Körper und schließt mit einem fruchtig-süßen Abgang. Das alles ist schön rund und weich, den Koriander schmecke ich (leider) gar nicht heraus.
Ein durchaus schönes Bier, das zu Süßspeisen (Käsekuchen!) passen könnte – oder einfach selbst eine ist!
Pax Bräu Imperial Chocolate Mint Stout
Schon allein diesen Namen könnte ich den ganzen Abend vor mich hin deklamieren, das klingt einfach genial. Inspirieren ließ sich der Brauer dabei von After Eight, das ich als Kind zwar nie mochte, aber inzwischen schätze ich die Spannung, die von der Süße der Schokolade und der Frische der Minze erzeugt wird. Tatsächlich ist im Bier sowohl Kakao als auch Minze, aber auch geröstete Gerste (unvermälzt).
Das dunkle Schwarz kontrastiert auch toll zum weißen Schaum. Die Nase erschnuppert ganz deutlich die Minze, aber auch Lakritz. Der Antrunk ist zunächst voller Minze, dann kommt die trockene Bittere des Kakao hinzu, im Abgang überwiegt wieder die Minze, mit etwas von dieser pseudo-Fruchtigkeit der Lakritz. In meinen Gedanken zieht noch eine Schwarzwälder Kirschtorte und eine Donauwelle vorbei…
Das ist definitiv ein schwieriges Bier. Aber wenn man diese Aromen mag und sich auf das ungewöhnliche Erlebnis einläßt, dann funktioniert das ganz toll!
Riegele Noctus 100
Das Imperial Stout der Augsburger hatte ich bereits im Rahmen deren Braukunstselektion verkostet, daher wiederhole ich hier nur kurz:
Schwarzer Samt! Die Nacht!
Damit könnten wir jetzt alle nach hause gehen, aber wir sind so aufgekratzt von den Geschmackserfahrungen und sitzen so schön beisammen, da zieht der Gastgeber noch einen Trumpf aus dem Hemdsärmel…
Rittmayer, Hallerndorf: Hochzeitsbier – Dani, die Braut
Als der Bräu aus Hallerndorf letztes Jahr im Mai heiratete, hat er seiner Braut ein Bier kreiert: ein Weißbier mit Amarillo-Hopfen gestopft. Der ist mit seinem Mandarinen-Aroma schon im Duft ganz deutlich zu genießen, und auch für den Gaumen werden die typischen Weißbieraromen von Banane und Nelke vollkommen durch die Fruchtnoten überlagert. Ein ganz tolles Bier, das eben vollkommen dem Amarillo gewidmet ist.
Rittmayer, Hallerndorf: Hochzeitsbier – Georg, der Bräutigam
Sich selbst hat Georg aber auch ein Hochzeitsbier gemacht: mit 50 Bittereinheiten ist es quasi das Gegenstück zum Weißbier seiner Braut. Gestopft wurde aber auch hier, nämlich mit Cascade und Citra. Orange bzw. mandarinfarben mit kräfitgem Schaum sieht das sehr gut aus, der Duft nach den Mandarinen und Blutorange ist trotzdem deutlich. Sehr zart aber ist der Antrunk, Citrusnoten. Es baut sich auch kaum Körper auf, hier ist Malz definitiv reiner Hintergrund für den Hopfen, der am Besten im extrem trockenen Abgang mit seiner Würzigkeit hervorkommt.
Rittmayer Hallerndorfer Märzen
Jetzt gibts aber für den Nachhauseweg noch etwas „Normales“, um den Gaumen wieder einzunorden. Ein Märzen mit schönen 5,6%. Aber was ist das? Im Verkostungsglas besticht ein zarter zitroniger Duft, es ist so bizzelig, dass es schon schwer herunterzuschlucken ist. Fruchtig und seltsam zitronig kommt dieses Märzen daher. Wir gießen es daher doch lieber in einen Krug, und siehe da: alles ist gut, schön ausgewogen kommt auch Malz durch, es ist halt ein etwas feineres Sonntagsmärzen 😉