Geschlossene Braustätten: Familienbrauerei Ernst Bauer in Leipzig

Eigentlich wollte ich ja an diesem Wochenende in Leipzig nur fröhlich mit feiern beim Biergartenfest der Gosenschenke „Ohne Bedenken“. Aber als ich von meiner Unterkunft los zog, fiel bereits nach knapp 100m mein Blick auf ein altes Werkstor, an dessen Gitterstäben das Symbol der Brauer angebracht war, das aber aussah wie ein Überrest aus alten Tagen. Ein umherschweifender Blick auf das alte Gemäuer mit den teilweise zerbrochenen Fenstergläsern schien das zu bestätigen. Das sah alles so aus wie eine stillgelegte Brauerei. Seltsam war nur im Hof dahinter der in Gebrauch scheinende Brauereilaster mit gültiger Zulassung und die vielen recht sortiert aufgestellten Getränkekästen.

Die Sache sollte sich für mich schneller aufklären als ich dachte. Noch bevor ich wieder online gehen und im Internet recherchieren konnte, hörte ich von einem Kellner der Gosenschenke, dass bis vor kurzem noch von eben der Brauerei Bauer die „echte“, d.h. die historische „Döllnitzer Rittergutsgose“ gebraut wurde. Diese kommt heute allerdings aus Hartmannsdorf bei Chemnitz, weil nämlich das Lebensmittelamt Leipzig im August 2007 die Brauerei wegen hygienischer Mängel still legen ließ.

Ich fand später sehr schnell folgende Artikel zur tragischen Geschichte der Familienbrauerei und deren Chef Hans Bauer:

Bauer kämpft um Bier und Fassbrause im Leipziger Lokalradio Mephisto 97.6

Bauer Bier Leipzig im LeipzigCity-Blog

Am folgenden Tag traf ich einen Insider der Leipziger Braureienszene, einen Braumeister der Reudnitzer Brauerei, der eine Erklärung dafür hatte, warum es überhaupt so weit kommen konnte: Seiner Meinung nach hat die Brauerei Bauer den Zeitpunkt verpasst, an dem man das Gelände am Täubchenweg hätte aufgeben sollen und an neuer Stätte die Produktion hätte weiterführen sollen. So was ist aber viel leichter gesagt als getan, meine jetzt ich. Und wenn man sich meine Außenaufnahmen so anschaut – da wäre einiges an Arbeit zu tun, egal ob für Instandhaltung oder deren Gegenteil.

Und dann darf man auch nicht übersehen, dass die Familie Bauer ihr Unternehmen über die DDR-Zeit hinaus gerettet hat und dass der Name Bauer auch 20 Jahre nach dem Mauerfall noch existiert. Das verdient schon einiges an Respekt. Möglicherweise sind die unerfreulichen Entwicklungen der letzten paar Jahre dann ja auch einfach eine Spätfolge der vergangenen schwierigen Zeiten. Denn Bauer ist bis heute ein Familienbetrieb geblieben, während die anderen noch existierenden wie z.B. Reudnitzer, Ur-Krostitzer usw. ja längst alle zu einer der großen Brauerei-Konzerne oder -Gruppen gehören.

Eigenständig bleiben oder sich übernehmen lassen – sofern man die Wahl hat – ich möchte nicht in der Haut eines Familienbrauers in Not stecken. Ich weiß aber, welche Biere mir die lieberen sind, weil sie einfach schmecken. Und da ist ganz selten mal ein Konzernprodukt dabei.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

5 Kommentare

  1. Pingback:Ehem. Familienbrauerei Ernst Bauer – Leipzig-Days

  2. Harald Stuckmann

    Hallo hier schreibt Ihnen Herr Stuckmann aus Dortmund ….Das Schwarze Bauerbier kann ich das auch hier in NRW von Ihnen beziehen …würde mich über eine Nachtricht Ihrerseitz freuewn ..Mfg H. Stuckmann

    • Hallo, wir verkaufen kein Bier, wir schreiben nur darüber, vollkommen unkommerziell.
      Fragen Sie doch bei Ihrem örtlichen Getränkehändler nach.
      Viel Erfolg!

  3. Pingback:Leipziger Bauer Bier | BIER IN LEIPZIG

  4. klaus wienhold

    Das hohe Gebäude war das Kühlschiff, zumindest vor 50 Jahren, als ich dort Brauer lernte. Sie sollten nochmals einen Besuch starten, bevor die Abrißbagger ganze Arbeit leisten. Es sind schlimme Anblicke: alles entkernt; es stehen nur noch die Mauern und im Sudhaus existiert nur noch die Würzepfanne. Danke übrigens für die Bilder vom Mai 2010.
    Schade, hier wird nie wieder Bier gebraut.
    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Wienhold

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