Auf meiner Niederbayerntour hatte mir ein Insider die Telefonnummer von Markus Kampf, dem Braumeister der Hutthurmer Brauerei in Hutthurm bei Passau zugesteckt. Also nicht einfach die offizielle Nummer, die man auch auf der Hutthurmer Homepage einsehen kann, sondern seine Handynummer, die Nummer für Notfälle. In Not war ich nicht, aber es ist halt doch besser, sich vorher auch für eine Ein-Personen-Führung anzumelden, als einfach so in eine Brauerei rein zu schneien. Es ist ja auch in den heutigen modernen Brauereien nicht so, dass ein Braumeister einfach nur herumsitzen und warten kann, bis der Sud fertig gesiedet hat. Ich habe Herrn Kampf dann am Montag Morgen aber sogar an der offiziellen Leitung erwischt und für nachmittags um Drei einen Termin vereinbart. Da hatte er zwischen Produktionsende und einer Brauereivorstandssitzung noch ein paar Minuten für mich frei machen können.
Die Brauerei der Bank
Die Hutthurmer Brauerei hat einen ganz besonderen Vorstand: den Vorstand der Raiffeisenbank. Im Jahr 1914 hatte die Genossenschafts-Raiffeisenbank die Brauerei gekauft und hält diese bis heute inne. Damit ist der Bankvorstand auch gleichzeitig der Vorstand der Brauerei. Das sah dann ganz lustig aus, als ich die halbe Stunde, die ich zu früh in Hutthurm war, vor der Brauerei gewartet hatte. Da kam ein Bierlaster nach dem anderen an, hielt vor der Bank, der Fahrer ging mit seiner Geldbörse hinein und kam einige Minuten später „erleichtert“ wieder heraus, um seinen Laster irgendwo hinter die Bank auf das Brauereigelände zu fahren. Hätte ich es nicht vorher gewusst, dass hier diese spezielle Verbindung zwischen Bank und Brauerei besteht, ich hätte wohl sehr gerätselt, was die Bierfahrer hier alle in der selben Bank zu erledigen haben.
Blitzrundgang
Wir begannen wie immer im Sudhaus der Brauerei. Dieses befindet sich im weithin sichtbaren Brauereiturm und war im Jahr 2003 erneuert worden. Das war noch vor der Zeit von Braumeister Kampf. Markus Kampf ist erst seit 2008 in Hutthurm. Vorher war er bei der Weißbierbrauerei Schneider in Kelheim. Und davor noch hat er sein Brauhandwerk gelernt, nein, richtig studiert: natürlich in Weihenstephan.
Außer dem Sudhaus sind im Brauereiturm noch Gärkeller (im Turm! 😉 ) und Lagerkeller untergebracht. Und ganz oben im Turm ist noch eine Luke, durch die man, wenn man nicht so sehr nicht schwindelfrei ist wie ich, das Dach erklimmen und eine angeblich vorzügliche Aussicht genießen kann. Herr Kampf wollte mir schon die Leiter vorbereiten, aber da musste ich leider passen. Es gibt ein Gerücht, dass in vergangenen Tagen an Wochenendabenden die Hutthurmer Jugend illegaler Weise auf dieses Dach geklettert sein soll um dort heftige Partys abzuhalten. Dieses Gerücht ist aber nur ein Gerücht, klärte mich Herr Kampf auf.
Biersorten und Ausstoß
Man kann sagen, dass die Hutthurmer alle Sorten Bier braut. Inklusive diverser Saisonbiere, die bei den Kunden offenbar großen Anklang finden. Das dunkle Frühjahrsstarkbier, der „Kulinator“, war heuer z.B. bereits innerhalb von sieben Tagen ausverkauft. Nicht mal Braumeister Kampf bekam was davon ab.
Insgesamt werden von der Hutthurmer Brauerei 60.000 hl Bier im Jahr ausgestoßen. Und sogar noch größer ist der Jahresausstoß an AfGs, den „Alkoholfreien Getränken“. Hier sind es 75.000 hl.
Hutthurmer Heimdienst
Diese Mengen an Bier und AfG müssen natürlich verkauft werden. Und da fährt man in Hutthurm die Strategie eines Heimdienst Service direkt ab Erzeuger. Bis in München kann man die kleinen Hutthurmer Heimdienstlaster sehen. Auf der Baustelle des TV-Bezahlsenders Sky z.B. ist mir selber einer aufgefallen, lange bevor ich wusste, wo Hutthurm ist. Nur am Passauer Kennzeichen hatte ich mir die Gegend so ungefähr erschließen können.
Logistisch stützt sich dieses Heimdienstsystem auf vier große LKW, mit denen regionale Depots beliefert werden, von denen dann die kleinen Heimdienstwägen ausschwärmen. Die Kunden werden von diesem Heimdienst komplett versorgt. „Komplett“, so Markus Kampf, bedeutet auch fremde Biere. Das Diätbier ist z.B. eines von Paulaner, weil Hutthurm eben keins herstellt. Und wenn der Kunde in München auf sein „Augustiner“ besteht, dann bekommt er auch das. Sogar Milch hat der Brauereiheimdienst aus Hutthurm in seinem Standardsortiment.
Andenken
Bei meinem Besuch in Hutthurm war es Anfang Juni, d.h. gerade Mai vorbei, und da hat Braumeister Markus Kampf, als wir in der Lagerhalle waren, kurzerhand in eine Kiste mit Maibock gegriffen und mir eine Flasche in die Hand gedrückt, und noch eine, und noch eine, und noch eine … und da war die Kapazität meiner Fototasche leider schon erschöpft. Schade. Der Maibock war nämlich ziemlich gut, als ich ihn am Abend dieses Tages genossen hatte! 😛