Zoigl-Wanderung Windischeschenbach – Oktober 2011

Weil es uns letzten Herbst in der Oberpfalz so gut gefallen hat, macht das ganze Blogteam auch dieses Jahr wieder einen Ausflug dorthin. Diesmal steht neben dem Zoigl selbst auch eine Wanderung durchs Waldnaabtal auf dem Programm:

Vorabend

Wir werden vom Bahnhof abgeholt und ins Hotel gebracht und erfahren unterwegs schon, wer von den Zoiglbrauern dieses Wochenende denn auschenkt.  So beschliessen wir, den Auftakt in der Wolframstubn zu machen: Diese ist – im Vergleich zur sonst eher privaten Athmosphäre der Zoiglstuben – recht professionell aufgemacht. Es ist schon ziemlich voll, aber Wirt Georg Forster kommt gleich herbeigeilt und räumt uns einen Tisch für 6 (!) Leute frei. Das ist Klasse und wir spüren: man ist willkommen hier! So kommen wir auch gleich ins Gespräch mit unsern Tischnachbarn, junge Einheimische.  Im Lokal sind alle Altersklassen stark vertreten (bis auf Kinder natürlich ;-)).

Nun aber zum Bier: Gold-bernstein in der Farbe ist es zwar leicht trüb, aber nicht flockig, schön durchsichtig, mit einem ganz leicht bräunlichen Schaum, der schnell zerfällt. Sein Geruch ist sehr zart, leicht kräuterig und ein bischen wie Tannennadeln. Am Geschmack bemerken wir erstaunlich wenig Hopfen, und den erst im Abgang. Überhaupt schmeckt man hauptsächlich die Gerste – und zwar nicht etwa malzig-rösch, sondern grasig-würzig, mit einer erstaunlichen Vielfalt in den Feinheiten. Wir erfahren, dass 2 Malze Verwendung finden: „Urmalz“ und „Pilsner Malz“ (beides Gerstenmalze) von IREKS aus Kulmbach. Unser Fazit zu diesem Bier: es ist sehr feinsinnig und trotzdem extrem süffig. Sehr professionell! Bei „nur“ 4,9% alc. ist es zudem sehr bekömmlich.

Dazu wird uns „ein halber Meter Brotzeit“ serviert, bei dem uns vor allem die Speckwurst und der milde, käsige (wenn auch kümmel-freie) Obatzde beeindruckt, dazu das Brot aus eigener Bäckerei.

Die Führung

Am nächsten Tag nehmen wir – nicht ganz ausgeschlafen – an der geführten Zoiglwanderung im Waldnaabtal teil. Unser Wander- und Brauhausführer ist Georg Mann. Wir – und die restlichen Wanderer – treffen ihn am alten Brauhaus in Windischeschenbach, wo wir bei einer Führung durchs Kommunbrauhaus auf den Tag eingestimmt werden. Wir hatten zwar letztes Jahr hier schon eine sehr spezielle persönliche Führung, haben aber auch jetzt wieder dazugelernt. Georg Mann erzählt zur Entstehung des hiesigen Kommunbrauwesens: In Windischeschenbach gab es ursprünglich 3 Grundbesitzer mit je einem eigenen Brauhaus: seit ca. 1200 das des Zisterzienserklosters Waldsassen, das vernichtet wurde (das Brauhaus, nicht das Kloster!); dann das der aus Böhmen abgewanderten Lobkowitzer; sowie das der Freiherren von Herding im Schloss, welches 1848 abbrannte. Dannach wurde das alte Malzhaus zum Brauhaus umgebaut. Zunächst hatten 80 Bürger das Recht, darin zu brauen, nach der Revision 1950 nur noch 30 (das Recht hängt ja am Grundstück). 10 davon sind noch aktiv, davon wiederum sind 8 Privatleute, dazu kommen noch der Oberpfälzer Hof und der Schwanerer, die beiden gewerblichen.

Nach dieser kurzen Einführung gehen wir gemeinsam den kurzen Weg hinauf zur Burg in Neuhaus und zum Frühschoppen beim Käck’n: Wir freuen uns schon drauf, denn dort hatten wir letztes Jahr die Gastfreundschaft, das Zoigl und die Brotzeit schon sehr genossen. Auch dieses Jahr ist das Bier goldgelb hell, ein wenig trüb, aber ohne Flocken oder Schwebepartikel. Ein deutlicher Hopfengeruch liegt überm Glas, mit riechbarer Bittere und gleichzeitig blumig-fruchtig. Wir schmecken viel Frische, Spritzigkeit, Prickeln, dann Frucht wie Zitrone, danach erst kommt die Bittere dazu – sehr vielfältig. Ein tolles Frühstücks-Bier! Da auf der Imbiss-Karte die selbstgemachten Küchle locken, bestelle ich unter allgemeinem Gelächter das süße Gebäck und bin überrascht, wie toll das zum Bier paßt! Ja, entweder soll ein Bier begleitend passen oder aber gleich einen richtigen Kontrast zum Essen schaffen…

Nach einer kurzweiligen Wanderung durch das sehr, sehr abwechslungsreiche Waldnaabtal mit vielen Informationen zum Fluss, zu den Bibern, zu Mühlen, zum Gestein uvm. kehren wir zur Mittagspause in der Blockhütte Ödwalpersreuth ein. Dort gibt es Friedenfelser Zoigl Schwarzer Ritter. Wenngleich wir alle wissen, dass das kein echter Kommunbrau-Zoigl ist, klingt das Bügelflaschenbier doch einigermassen interessant – doch wir werden masslos enttäuscht: ein weiches, zartes, etwas spritzig-etwas malziges, aber irgendwie nichtssagendes (Altbayrisch) Dunkles, das überhaupt nicht in unseren Tag passen will.

Von hier geht es nur noch einen kurzen Anstieg hoch zum Busparkplatz, wo wir abgeholt und zurück nach Windischeschenbach gebracht werden. Wir beschliessen unsern Tag in der lustigen Wandergruppe bei einem Dämmerschoppen beim Roudn:  Die Zoiglstube am Marktplatz ist klein, familiär und urig, mit viel Rot an den Wänden, daher wohl der Name. Das Bier ist ebenfalls gold-rot, ein wenig matt, mit einem etwas schal liegendem Schaum. Auch der Geruch ist etwas mufflig. Im Geschmack aber ist es herb und bitter, und zwar ganz ohne dieses zitronige fruchtige – ein krasser Kontrast, der seine Reize hat!

Zoigl-Abend

Nach einer kurzen Auffrischungs-Pause entschlossen wir uns, den restlichen Abend beim Käck’n zu verbringen, denn hier konnten wir uns  am Vormittag noch nicht gebührend in den hervorragenden Zoigl vertiefen, und die tollen Brotzeiten mussten wir ja auch noch erwischen! In der Wirtschaft war es so voll, dass wir unser erstes Bier im Stehen einnahmen, aber bald wurden ein paar Plätze frei, man rutschte zusammen und wir schwelgten… Als es später ein wenig ruhiger wurde, zeigte uns der Bräu noch voller Stolz seinen diesjährigen Sud: herrlich, wie die Hefe am Arbeiten ist!

Ausklang

Da wir im Oberpfälzer Hof übernachteten, bot es sich an, das Frühstück am nächsten Morgen noch in einen Frühschoppen übergehen zu lassen, um auch diesen Zoigl noch zu testen. Das Bier hier ist wieder eins der bernstein-goldenen Farbe, sehr leuchtend, zwar nicht klar, aber auch nicht richtig trüb, und mit einem frischen, grossen, herrlichen Schaum: optisch ein Genuß! Es riecht wie ein Zwickl: Hefe, Gerste, Hopfen, alles im Einzelnen – toll! Das setzt sich zu unserer Freue auch im Geschmack so fort: spritzig-britzlig, fruchtig-herb, dann leichte Obertöne von Gerste und im Abgang dann die Hopfen-Bittere. Ein Klasse-Bier!

Der  Weg in der Übersicht

Und hier alle Bilder des Wochenendes

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Ein Kommentar

  1. Wolfram-Stub’n-Zoigl im Mai 2012:
    Anläßlich unsers Mitbrau-Wochenendes in Windischeschenbach haben wir auch die Gelegenheit, wieder mal einen Zoigl der Wolfram-Stub’n zu probieren: In der Farbe rotgold, mit klarem Schimmer, ganz ähnlich wie letztes Jahr. Auch wieder ein sehr zarter Geruch, „nach Brauerei“,also allem. Es hat einen spritzigen Antrunk, der schnell in würziges Spritzeln am Gaumendach übergeht, dann an Körper zunimmt und cremig nach hinten gleitet, um mit frischer Würze und einem Hauch von Malzigkeit in den Abgang zu gehen. Wow!
    Wir hatten das Bier zum Frühschoppen genossen, und ich finde auch, gerade am frühen Tag paßt diese Feinheit hervorragend: mein „Frühstücksbier“!

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