Ein lieber Kollege hatte mir vor einiger Zeit ein paar Biere aus Stralsund zum Probieren mitgebracht. Diese habe ich mir im Kühlschrank aufbewahrt, um auf einen günstigen Moment für die Verkostung zu warten. Zufällig kam ich während der Lagerzeit auch selbst noch nach Rostock, sodass ich dieses Sortiment noch etwas ergänzen konnte. Jetzt zur Weihnachtszeit mit den längsten dunklen Abenden war die richtige Stimmung für die Verkostung der Störtebeker Biere aus Stralsund gekommen.
Störtebeker „1402“ Kellerbier Naturbelassen
Es beginnt immer mit dem Öffnen der Flasche und dem daran Riechen. Das Kellerbier riecht nach hellem Malz und nach etwas Hopfenwürze. Es hat was leicht Pilsiges, aber auch was süßlich Mildes.
Es folgt das Einschenken und das riechende und optisch blickende Inspizieren. Die Farbe ist ein sehr helles Gold-Gelb. Heller klar weißer Schaum steht darüber. Aus dem Schaum strömt viel Kohlensäure-, aber relativ wenig Bierduft. Diese Kohlensäure ist es dann, was ich vielleicht als ein klein wenig Kellerduft bezeichnen könnte: Gärfrische wäre das. Hauptsächlich ist es aber einfach nur Kohlensäure, ohne den Beiklang von Lebendigkeit, die ein noch in aktiver Gärung befindliches Bier sonst hat.
Nun der Trunk. Das 1402 fühlt sich auf der Zunge etwas mehlig an. Es prickelt zwar, aber nicht zu doll. Etwas erfrischende Säure macht sich breit. Alles zusammen entspricht in der Tat dem „mit weichem Trunk“, das auf dem Etikett beschrieben ist. Auch im Trunk kann ich die „Naturbelassenheit“, also den Kellercharakter durchaus nachempfinden. Aber wieder fehlt die Lebendigkeit.
Am Ende liegt der Abgang. Dieser ist beim 1402 recht unspektakulär mit zurückhaltender Herbheit und einer leichten Süße. Leicht „bittersüß“ würde ich es nennen.
Fazit
Das Störtebeker Kellerbier 1402 spricht mich nicht wirklich an. Dafür habe ich schon zu viele echte Kellerbiere, also direkt aus dem Keller gezapft, getrunken. Würde ich nach dem Genuss eines 1402 gefragt, ob es noch eines sein darf, und würde – sofern verfügbar – nach einer anderen Störtebeker-Sorte fragen. Denn: insgesamt sage ich Jaaaa… Kellergeruch und -Geschmack sind da – andeutungsweise. Es fehlt aber die ECHTE Kellerfrische. Das Bier wirkt auf mich nicht 100%ig authentisch. Eher etwas alt als frisch.
Störtebeker Roggen-Weizen
Zum Glück war tatsächlich noch eine andere Störtebeker-Sorte da (sogar drei ;-)). Das Roggen-Weizen roch schon wesentlich authentischer: Weizentypischer Geruch mit frischer Kohlensäure, reifer Frucht, etwa Trockenobst oder Rosinen. Etwas nussig auch. Und ein Hauch von Karamell. Sehr ausgewogen in diesem Duft: Nuss-Karamell oder Karamell-Nuss? Ich kann mich nicht entscheiden. 🙂
Die Farbe des Roggen-Weizen ist sattes Braun mit einem Stich Orange. Auch dieses Bier ist naturtrüb, sogar noch dicker getrübt als das Kellerbier. Weizenhefe eben.
Auch der Schaum ist weizentypisch cremig.
Im Trunk ist das Roggen-Weizen deutlich voller als zuvor das 1402 Keller. Nicht mehr ganz so deutlich fruchtig-karamellig-nussig wie in der Nase, die Hefe kommt deutlich dazu. Insgesamt wirklich sehr ausgewogen wie schon der Duft. Der ganze Trinkablauf ist ein hefiger Start, der in eine fruchtige Note übergeht, im Mund eher wie eine reife Banane, begleitet von dem nussigen, dabei schön prickelnd und dick aufschäumend, um im Abgang zart bitter und angenehm süß zu werden. Unter allem liegt eine leicht raue und würzige Unterlage. Ob das der Roggen ist?
Fazit
Vor allem die Farbe gefällt. Sie ist stimmig zum ebenfalls sehr gefallenden reif-fruchtig-karamellig-nussigen Aroma. Würde ich noch ein zweites davon haben wollen? – Jederzeit!
Störtebeker Stark-Bier
Ich kann es gleich vorweg nehmen: Dieses Bier macht seinem Namen alle Ehre – auf ganzer Linie.
Ich beginne wieder mit dem Riechen an der Flasche, und das ist hier ein wirklich ganz schwerer, also starker, malziger Geruch. Fettes schwarzes Karamell mit deutlichen Röstaromen wie von geschwefelten Trockenfrüchen. Vielleicht weil gerade die Weihnachtszeit ist, denke ich an Mutters Christstollen, auf dem die an der Oberfläche liegenden Rosinen, und noch mehr die, die beim Backen auf das Blech gefallen sind so richtig schön schwarz gebrannt sind.
Der Schaum ist entsprechend richtig dunkelbraun. Mit seinen großen unregelmäßigen Blasen sieht er aus wie ein Hefe-Vorteig. (Ich bin gedanklich tatsächlich in Mutters Backstube.) Allerdings fällt der Schaum schnell zusammen. Das machen wohl die 7,5% Alkohol. Unter dem Schaum liegt eine dickflüssig wirkende schwarze Flüssigkeit. Das Bier ist ganz deutlich sichtbar auch stark in der Farbe: Schwarz. Sattes Schwarz.
Der Geruch im Glas: Schwer empfinde ich ihn, ganz schwer nach Röstmalz, um nicht wieder „stark“ zu sagen. Wie Teer oder so ein Bitumen-Dachpappenanstrich steigt es in die Nase. Könnte man Farben riechen, dann würde ich sagen Schwarz riecht so wie Störtebeker Starkbier. Ok, ich will jetzt nichts schön reden. Es riecht so unvorbereitet einfach verbrannt. Aber bei genauerem Hinriechen kommt dann doch eine Fruchtnote raus, wobei ich wieder bei Mutters Christstollen wäre, bzw. dessen angesengten Rosinen, die bei genauerer Betrachtung eben nur außen verbrannt sind, innen aber noch einen zäh-dickflüssigen feuchten fruchtigen Kern haben.
Die Nase empfindet also durchaus einiges an positiver Aufregung durch das Starkbier. Im Trunk geht das genau so weiter. Laut Etikett sind dunkles Karamellmalz und Röstmalz enthalten. Das Karamellmalz scheint sich auch nach Kräften anzustrengen, diese Fruchtnote zu erzeugen, welche aber vom Röstmalz fast – ich betone „fast“! – niedergemacht wird.
Im Antrunk ist das Starkbier also vollst malzig, karamellig süß, und in der Mitte sogar auch ausreichend prickelnd mit feiner Säure. Dort in der Mitte schmecke ich auch diese Brandrosine. Das hört sich jetzt vielleicht ganz schlimm an, ist aber eigentlich ganz OK, denn bei all dem Röstigen kratzt es nur ganz leicht.
An den Abgang muss ich mich erst mit mehreren Schlucken gewöhnen. Hier bleibt eine mit Verzögerung zündende Bittere liegen, die mir eindeutig nicht von Hopfen zu kommen scheint. Doch auch dies ist nicht unangenehm. Nach längerer Gewöhnung sogar so wie stark (da ist das Wort wieder) bitterer Kakao oder schwarzer Kaffee. Je länger ich dran probiere, desto besser gefällt mir das Starkbier. Die Abgangsbittere vergeht mit der Zeit sogar wieder, und es rutscht die zähe vollreif gebackende Dörrfrucht nach. Für die Freunde von kräftigem Röstmalzaroma ist das Starkbier also durchaus was ganz ganz feines. Und auch ich gewöhne mich mit jedem Schluck mehr und mehr daran.
Fazit
Volldunkle Dörrfruchtaromen, dunkler Karamell von bis an die Grenze geröstetem Malz. Mit der Bockbierbrauart macht es das Starkbier stark. Stark in allem: Geruch, Farbe und Alkohol.
„Schwer-Öl“.
Aber tatsächlich ein Genuss. Etwas für Liebhaber des Bitteren, das auch mal nicht von Hopfen kommen darf. Man denke an starken schwarzen Kaffee oder vollbitteren Kakao.
Das Aromaspektrum:
- vollbitterer Kakao
- vollschwarzer Kaffee
- mit starker Hitze behandelte Trockenfrüche
- Röstmalz
Störtebeker Hanse-Porter
Fazit
Stralsunder Störtebeker Biere – Zusammenfassung
Kellerbier „1402“:
Ein netter Versuch, aber es wirkt zu steril und der Eindruck der Kellerfrische wird nicht erreicht.
Roggen-Weizen und Starkbier:
Diese haben jeweils einen eigenständigen klaren Charakter und sind dabei auch angenehm zu trinken. Das Roggen könnte breiteren Zuspruch finden als das Starkbier, welches mir eher was für Spezialisten scheint. Beide würde ich jederzeit sofort wieder trinken.
Hanse-Porter:
Wozu macht man so was – Bier mit Zucker? Für wen? – Nicht mein Fall! Da trinke ich lieber guten alten Malzkaffee.
Oh, das läßt mich ja aufhorchen, hatte ich doch auch schon eine positive Überraschung mit einem Störtebeker!
Danach werde ich also meine Augen offen halten…