Bierbrauen in der Küche

oliverxt77 und ich haben ja schon einmal versucht, in der kleinen 3-Quadratmeter-Küche selber Bier zu brauen, weil es bei Jean Pütz in der Hobbythek doch so einfach aussah. Auch wenn das Ergebnis damals noch nicht befriedigend war, hatte es doch Spaß gemacht. Wir meinen nun, einiges durch unsere Fehler gelernt zu haben, und auch Ralf hat mit seiner Braueule inzwischen viel Erfahrung gesammelt und erfolgreich ausgezeichnetes Bier gebraut. So wollten wir es noch einmal wissen: während der Neujahrsfeiertage haben wir drei es nochmal gewagt, mit Küchenutensilien Bier zu brauen.

Vorbereitungen

Zunächst einmal haben wir uns viel besser vorbereitet als beim letzten Mal, was das Bereitstellen der Rohstoffe und der Utensilien anging, aber auch hinsichtlich des Rezeptes: Da Ralf einen großen Einmachtopf beisteuern konnte, haben wir das ausgewählte Rezept auf diese deutlich größere Menge umgerechnet. Aber der Reihe nach:

Für die Trockenübungen haben wir uns den „kleinen Brauhelfer“ auf die Rechner installiert, ein schönes Programm, mit dem man nicht nur seine Rohstoffe verwalten und Rezepte ausrechnen kann, sondern auch die Sude protokollieren. Zunächst haben wir uns dazu ein obergäriges Bierrezept gesucht, das einerseits unseren Geschmack trifft, und andererseits in der Hobbybrauer-Szene positiv erwähnt wird: das „Höpfchen Alt“ aus Hubert Hanghofers Buch „Gutes Bier selbst brauen“. Obergärig deshalb, weil wir keinen Kühlschrank haben, in dem ein untergäriges Bier bei der richtigen Temperatur gären könnte, die obergärige Hefe braucht hingegen die in der Küche sowieso vorherrschenden Temperaturen von 18-20 Grad. Mit diesem Grundrezept haben wir also längere Zeit in dem Programm herumexperimentiert, bis bei der vorgegebenen Menge einigermaßen schlüssiges Rezept herauskam.

Da wir beim letzten Mal auch Schwierigkeiten mit der richtigen Schrotung hatten und uns diesmal lieber nur auf den Prozess und weniger auf die Zutaten konzentrieren wollten, haben wir uns ein passendes fertig zusammengestelltes Braupack von Brumas bestellt, das dann 5kg geschroteter Malzmischung, ein bisschen Färbemalz, Hopfen und Trockenhefe enthielt. Die Hefe haben wir allerdings nicht verwendet, sondern extra eine Rheinische Trockenhefe dazu bestellt, es sollte ja ein Altbier werden. Eine neue Bierspindel (die alte zerbrach leider bei der Reinigung) und ein neues digitales Koch- und Backthermometer (das analoge Bratenthermometer hat sich als schwierig in der Handhabung erwiesen) wurde besorgt, ebenso ein 30l-Gäreimer. Ein Kasten Bügelflaschen-Leergut und einige Syphons mussten auch noch her.

Als der Termin näher rückte, haben wir noch ein paar Mal „Trockenübungen“ mit dem Programm gemacht, das heißt auch, nochmal einige Einstellungen und Werte an die nun vorgegebenen Zutaten angepasst und den daraus generierten „Spickzettel“, die Schritt-für-Schritt-Anleitung, in Gedanken durchgearbeitet.

Dann wurde es ernst: Am Vortag war großes Reinigen angesagt: Flaschen einweichen und säubern und schliesslich im Backofen bei 110 Grad 10 Minuten lang sterilisieren. Alles andere (Flaschengummis, Filterwindeln, Rührlöffel, …) wurde in kochendem Wasser sterilisiert – keine Chemikalien. Der Gäreimer mit Hahn wurde entgratet und auf Dichtigkeit geprüft. Und mit reichlich abgekochtem Brauwasser gefüllt – unglaublich, wieviel Kalk im Münchner Wasser ist.

Hier nochmal die Übersicht, was wir benutzt haben:

  • 25l Kochtopf
  • 7l Kochtopf (ergänzend zum Würzekochen)
  • 30l Plastikeimer (als Gärgefäß und zur „Zwischenlagerung“ des Brauwassers) mit Hahn, Deckel und Gärrohr
  • 11l Plastikeimer (zum Filtern und Seien)
  • 2 Windeln als Filtertücher, Schnur zur Befestigung, ein umgedrehter Hocker als Gestell
  • Thermometer
  • Bierspindel, Refraktometer
  • Jod
  • ca. 30 Bügelflaschen, 3 2l-Syphon

Und die Zutaten:

  • 5kg Brumas Braumalz „Dunkel“
  • 150g Färbemalz (aus dem Brumas-Braupack), geschätzte 900 EBC
  • 70g HallertauerTradition Typ 45 mit ca. 6-8% Alphasäure (aus dem Brumas-Braupack)
  • Rheinische Trockenhefe (von Brumas extra dazu gekauftt)

Der Brautag

Los gings um 9:00 erst mal mit einem Frühstück zum Entspannen – wir waren wirklich alle ganz aufgedreht! Um 10:00 begannen wir mit dem Einmaischen. Bei 57°C dauerte die Eiweißrast 10 Minuten, es folgte eine 30-minütige Maltoserast bei 60-65°C und dann noch die Verzuckerungsrast 10 Minuten lang bei 70-75°C, dann noch mal 12 Minuten Abmaischen bei 78°C. Leider ging mitten im spannenden Erhöhen der Temperatur das neue digitale Thermometer über’n Jordan: es schoss plötzlich auf 120°C hoch und wollte von dieser Anzeige auch unter kaltem Wasser nicht mehr lassen. So mussten wir wieder mit dem analogen Bratenthermometer an einem Kleiderbügelhaken improvisieren, was zu etwas ungenauerer Ablesung führte. Und der Komfort eines Warntons bei Erreichen oder Überschreiten der Zieltemperatur hätte auch ein etwas entspannteres Rühren ermöglicht.

Die Jodprobe zeigte uns an, wann alle Stärke in Zucker gewandelt war und auch das Refraktometer gab einen tollen Wert aus: 16° Plato Stammwürze!

Das Abläutern wollten wir wie beim letzen mal machen: den Eimer in den umgedrehten Hocker stellen, drüber die Windel an um die Stuhlbeine gewickelter Schnur spannen und die Maische dann mit der Kelle da rein schöpfen. Was bei 5l noch gut ging, dauerte bei 25l über eine Stunde, weil doch eine Menge Material in der Windel landete, das wir wieder zurück schöpften (enthält ja noch jede Menge Maische). Über diesen Prozess kühlte die Windel zu sehr ab, sodass sie verklebte und wir ständig kochendes Wasser nachgiessen mußten. Wie gut, dass wir mit etwas weniger Brauwasser angefangen hatten zu Maischen und eine hohe Stammwürze hatten! Hier müssen wir das nächste mal noch dringend verbessern: entweder mit einem Läuterboden oder mit einem Läuterschlauch.

Gegen 14:00 war endlich Zeit für ein kleines Mittagspäuschen, bevor es ans Würzekochen ging. 90 Minuten musste der Topf nun am Brodeln gehalten werden. Nach etwa einer Viertelstunde, nach dem Eiweißbruch, haben wir auf Herrn Hanghofers Empfehlung gleich den ganzen Hopfen gegeben und so noch 70 Minuten mit gekocht.

Zwischenzeitlich wurden die Windeln gut ausgewaschen und nochmal ordentlich gekocht. Das Hopfenseien klappte dann mit der „einfachen Läutermethode“ ganz gut, ein paar ganz ganz kleine Schwebeteilchen rutschen natürlich schon durch die Filterwindel. Jetzt also lag die fertige Würze seidig glänzend im Gärfaß bereit! Deckel draufgemacht und über Nacht abkühlen lassen…

Es war halb neun und wir waren ganz schön geschafft, aber auch stolz auf unser Machwerk.

Gärung

Am nächsten Morgen habe ich die Trockenhefe mit etwas (0,2l) Wasser angesetzt und nach etwa einer halben Stunde nochmal soviel lauwarmes Brauwasser dazugegeben. Nach einer weiteren Viertelstunde war es schon eine fast breiige Masse und konnte in die abgekühlte Würze gegeben werden. Nach einiger Zeit des immer wieder Nachguckens konnte ich mich endlich überwinden, den Deckel fest aufzudrücken und das Gärröhrchen mit Wasser zu füllen, sodass sich im Gäreimer Druck aufbauen kann.

Am späten Abend bereits begann sich der Deckel zu wölben, man konnte von außen schon eine 1cm hohe Schaumschicht der Hefe erkennen.

Am zweiten Tag morgens erwischte ich das erste Blubbern aus dem Gärröhrchen – wie aufregend! Bei 20°C Raumtemperatur begann die Hefe nun heftig zu arbeiten und machte den ganzen Tag mit nahezu pausenlosem Blubbern auf sich aufmerksam.

Am Abend des dritten Tages schon bemerkte ich kein einziges entweichendes Bläschen mehr. War die Hefe etwa schon fertig mit dem Aufessen des Zuckers? War irgendwas passiert, Bakterien, nicht genug vom richtigen vergärbaren Zucker? Die nächsten Tage haben wir uns ordentlich den Kopf zerbrochen und sogar schon einen leichten Anflug von Enttäuschung gespürt…

Am Abend des 6. Tages wagten wir es: nochmal Spindeln. 3° p Restwert! Besser gehts ja fast nicht! Wir (bzw. der Kleine Brauhelfer) errechnen daraus 5,2° vol. Alkohol – perfekt für ein Altbier. Auch die Farbe passt: gut 30 EBC. Klar muss das jetzt verkostet werden:
Natürlich hat sich noch keine Kohlensäure gebildet, also gibt es auch keinen Schaum. Der Duft ist fruchtig-säuerlich, nach Malz und Hefe, und nur ansatzweise grasig (Hopfen). Auch der Antrunk ist sehr stark malzfruchtig, nach Brombeeren, fällt uns ein. Vollmundig ist es, malz- und hefebetont. Ein immer noch fruchtiger Abgang gibt noch einen feinen Hauch von grasiger Hopfennote dazu. Wow, wir sind von uns selbst beeindruckt!

Am nächsten Tag fülle ich das Jungbier in Flaschen: Zunächst nehme ich die 2l Speise aus dem Kühlschrank und lasse sie auf die 20°C warm werden. Dann werden sie mit einem Schneebesen (wieder ausgekocht zwecks Reinlichkeit) unter das Bier gehoben, möglichst gut rühren ohne aber die abgesetzten Schwebstoffe aufzurühren. Jetzt kann ich langsam und mit Bedacht die Flaschen befüllen. Es werden gute 20 Liter. Die nächsten 5 Tage darf die Hefe noch bei warmen Temperaturen die Speise verzehren um Kohlensäure zu produzieren, dann werden die Flaschen im Keller bei knapp 12°C kühl gestellt und dürfen reifen.

Nach weiteren 1 1/2 Wochen Reifung testen wir eine erste Flasche, die, die eh nur halb voll wurde: Ein kräftiges „Plopp“ überrascht uns. Mit wunderbar rot-brauner Farbe, seidig-glänzend und erstaunlich klar, obendrauf ein schöner unregelmäßiger Schaum, sieht es schon sehr toll aus! Der Duft ist immer noch fruchtig-säuerlich, aber schon mit etwas mehr malzigen Noten. Auch der fruchtige Antrunk ist sehr geschmeidig und weich, füllt samten den Mundraum geht mit einem leicht trockenem Gefühl ab. Erstaunlich reif, erstaunlich charakterstark erstaunlich gelungen – das hätten wir uns in unseren gewagtesten Träumen nicht so vorgestellt.

Die nächsten Verkostungen finden mit deutlicher zeitlicher Verzögerung statt und wir stellen sehr erstaunt fest, wie stark sich das Bier noch weiter entwickelt. Insbesondere der Hopfen kommt noch ganz kräftig zur Geltung und verändert damit auch wieder den Charakter des Bieres.

Fazit:

Es macht Spaß, und es kann gelingen! Und nächsten Winter wird ganz bestimmt wieder gebraut in der Aurbacher Küche!

 

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

5 Kommentare

  1. Ja, Milchflaschen sind für Bier vermutlich nicht sehr gut geeignet. Ein Grund ist wie benhur sagt die Lichtempfindlichkeit von Bier, wenn es keine braunen Flaschen sind. Milch mag ja auch kein Licht. Ein zweiter Grund ist der Überdruck, der sich bei der Flaschengärung in der Flasche aufbaut. Ich hab’s noch nie selbst probiert oder woanders beobachtet, dass jemand Bier in Milchflaschen abgefüllt hat, könnte mir aber vorstellen, dass der Deckel sich unter Druck ganz leicht lockern würde – so weit, dass Kohlensäure entweicht. Ergebnis mindestens: abgestandenes Bier. An das Eindringen von Sauerstoff oder gar organischen Bierschädlingen will ich gar nicht denken.

    Auch mein Rat: Bügelverschlussflaschen! Seit Jahrzehnten bewährt, sind leicht zu besorgen, es ist kein Spezialwerkzeug nötig, und sie halten dem Druck aus der Flasche locker stand. Und zu guter Letzt, bzw. schon vor dem Anfang macht da ja schon der Erwerb eines Kastens einer guten(!) Marke und die eigene „Herstellung“ des Leerguts sehr viel Spaß 😉

    (Was anderes ist das Abfüllen heißer Flüssigkeiten ohne eigenen Druckaufbau, steril gekochter Apfelsaft etwa. Da entsteht beim Abkühlen ein Unterdruck, und der Deckel würde fester angezogen.)

  2. Wir haben unglaublich viel Hopfen im Garten (ich denke vom Vermieter) und dank deines tollen Blogs wollen wir wenn er reif ist mal einen Versuch starten. Glaubst du wir können das Bier auch in Milchflaschen abfüllen?

    Bin schon sehr gespannt! Damit wir hinterher nicht die Küche renovieren müssen verlegen wir das Projekt jedoch in die Garage.

    Liebe Grüsse und ich lasse wissen was daraus geworden ist!

    • Hallo MistyPear,
      Milchflaschen? Könnte gehen, aber klares Glas sollte schon gut vor Licht geschützt werden! Und wie gut die Deckel schließen, die ja nur als Einwegverschluss gemacht sind, ist auch ein Risiko. Warum nehmt ihr nicht einfach Bügelflaschen?

      Unser Red Ale war übrigens wieder sehr gut gelungen, wie auch ein danach gebrautes Wit und ein Oat Meal Stout. Das Läuterblech ist klasse und inzwischen beherrschen wir auch Whirlpool und absaugen…
      Trotzdem ist es jedesmal aufregend und spannend!
      Wir wünschen euch viel Spaß und Erfolg!

  3. Wir haben übrigens im Winter drauf wieder gebraut. Dafür hatten wir uns aus Lochblechen, Schnur und Schrauben einen Läuterboden gebaut, der sehr gut funktioniert!
    Das Rezept war selbst ausgedacht (aus einigen Anregungen natürlich) und die Zutaten selbst zusammengesucht: ein Wieß (eine alte Kölsch-Art, aber ungefiltert). Leider hatte unsere Flüssighefe ein Problem und das Bier erhielt einen extrem unangenehmen Stich, wir mußten es wegschütten. Flüssighefe wollen wir also vorerst nicht mehr verwenden.
    Letztes Jahr hatten wir dasselbe Rezept mit möglichst ähnlichen Zutaten – aber Trockenhefe: Workhorse, echt genial! – wiederholt und es gelang hervorragend.
    Diesen Winter haben wir uns wieder etwas Neues ausgedacht: ein altmodisches englisches rotes Ale/Bitter. Mal sehen, wie es wird…

  4. Danke für diesen informativen Beitrag. FInde es gut dass du wirklich alle Zutaten und den Brauvorgang so detailliert aufgeschrieben hast.
    Ich werde versuchen es nachzubrauen 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
10 + 1 = ?
Reload