Brauereifest in Saarbrücken – Fortsetzung

Fortsetzung des vorangegangenen Artikels (aus technischen Gründen zweigeteilt)

Bruch – Brauereifest

Nach der langen Urlaubsplanung, wer mitgerechnet hat: länger als ein Jahr, wollte ich natürlich das Bruch-Fest von Anfang bis zum Ende erleben. Das heisst dann ganz in der Früh schon zur Brauerei gehen, noch bevor die ganzen Besucher kommen und bevor die Musik zu spielen beginnt. Ich schätze diese Momente immer sehr. Ich gehe auch gern mal gleich zur Öffnungszeit in meinen Stamm-Biergarten als erster Gast des Tages und beobachte, wie sich der Tag so entwickelt. Beim Bruchfest war ich nicht ganz der erste Besucher, aber der Brauereihof sah doch noch recht übersichtlich aus, als ich ankam.

Am Vormittag spielt auf dem Bruchfest immer die Saarbrücker Stadtkapelle, eine Blaskapelle. Ich selbst war in meiner Jugend auch Musiker in einer Blasmusikkapelle in bayrisch Schwaben und stehe daher schon ein wenig auf Blasmusik. Die Musikbesetzung auf dem Bruchfest ändert sich über den ganzen Tag hinweg. Den Anfang macht die Blasmusik, etwas für die ältere Generation, am Nachmittag und Abend spielt dann eine Band mit familientauglicher Musik, und am Abend wird es dann fetzig rockig für die Partyfreaks. Die Bruch-Biere passen zu jeder dieser Musikstile. Wenn man sich lange genug auf dem Brauereifest aufhält, kann man sogar das Glück haben, den Braumeister, Herrn Bruch persönlich zu treffen. Ich war scheinbar lange genug da, denn plötzlich sagte ein Tischnachbar von mir: „Schauen Sie, der Herr dort mit der Kravatte, das ist der Herr Bruch.“

Bruch Biere

Zwickel

Das Bruch Zwickel ist ein echtes Zwickel. Das soll heißen, es ist kellerfrisch, jung, noch etwas wild, mit trockenem Charakter. Den Reifegrad betreffend würde ich sagen ein Bier in seiner Spätpubertät. Es riecht noch lebendig und direkt nach den Zutaten Hopfen und Malz, typisch für junges Bier. Seine Jugendhaftigkeit ist dem Bier bei jedem Schluck anzuschmecken. Zwickelbier an sich ist ja ein unreifes, noch in seiner Reifegärung befindliches Bier. Herr Bruch scheint es aber punktgenau kurz vor dem Ende der Reifezeit abzuzwickeln, sodass es doch schon so gut wie fertig gereift und sehr bekömmlich ist. Höchst bemerkenswert!

Pils

Beim Pils fällt sofort seine optische Klarheit und Durchsichtigkeit auf. Sein Geschmack ist aber immer noch dem Zwickel sehr ähnlich. Das Pils ist also auch ein noch junges Bier, der Malzton noch nicht stark ausgereift, auch noch schön jung, hopfig, wild prickelnd und ebenso eher trocken wie das Zwickel. Es ist aber schon deutlich abgerundeter als das Zwickel. Kein spätpubertäres Bier mehr, sondern schon eher ein junger Erwachsener.

Landbier

Landbiere kenne ich aus Franken sehr viele und gute. Nicht zuletzt ja durch das Nürnberger Landbierparadies. Alle in der Regel dunkel, und für die Lagerung im Felsenkeller gebraut. Das Bruch-Landbier war da ganz anders: Nämlich auch sehr „zwickelig“. Ich schmeckte dieselbe – keineswegs negative – Jugendhaftigkeit der beiden Hellen Biere zuvor. Das Dunkelmalz hat dem Landbier den typischen Duft von Karamel und Malzkaffee verliehen, den ich schon beim dunklen Stiefel am Tag zuvor kennengelernt hatte. Aber wie gesagt, es schmeckte wie die beiden Vorgänger noch jung, was ich inzwischen als „bruchtypisch“ bezeichnen würde. Ein gutes angenehmens malziges Bier, doch immer noch von mindestens halbtrockenem Charakter. Definitv aber kein Lagerbier nach fränkischer Landbiertradition.

Weizen

Die vorangehenden Bruch-Biere wirkten all mehr oder weniger trocken. Ganz anders das Weizen. Das hatte doch eine hohen Süßegrad, vom Hopfen kaum etwas zu riechen und zu schmecken. Ansonsten aber war es auch wieder ein echtes Bruch: jung und lebendig schmeckend. Das Bruch-Weizen ist die jüngste Biersorte von Bruch, auf diesem Fest zum ersten mal im Ausschank. Neben der deutlichen Süße hat es auch noch einen ebenso deutlichen Säuregrad. Ich hatte den Eindruck, dass man sich beim Bruch noch nicht ganz einig ist, in welche Richtung man das Weizen ausbalancieren soll. Wer weiß, vielleicht hat man es beim nächsten Bruchfest schon entschieden. 😉

Warum Weizen?

Warum macht die Bruch-Bräu eigentlich ein Weizen? Möglicherweise, um am Markt mithalten zu können, wo Weizenbier derzeit boomt wie Schwammerl im Wald. Vielleicht ist Weizen aber auch nur eine Modeerscheinung. Warten wir mal 100 Jahre, dann sehen wir schon.

Mir waren in der Saarbrücker Innenstadt einige Lokale aufgefallen, die für das Saarland untypische Biere führen wie Paulaner Weizen aus der Schörghuber Gruppe oder Franziskaner Weizen vom InBev Konzern. So gesehen machen die Brauereiübernahmen der Großen aber Sinn, bzw. verständlichen Un-Sinn. Beispiel: Karlsberg übernimmt Becker und verkauft dort sein Bier, wo es vorher Becker gab. Karlsberg Pils läuft gut. Schörghuber kauft sich bei Karlsberg ein. Weil Karlsberg Pils gut geht, verkauft man in Karlsberg Lokalen weiter Karlsberg Pils, aber zusätzlich auch überall, wo Karlsberg ist, auch noch das Paulaner Weissbier. Dann doch lieber gleich das heimische Bruch-Weizen! – Oder? Geschmacklich kann ich das nur unterstützen, denn das Bruch Weizen ist mir in sehr positiver Erinnerung geblieben, wogegen ich das Paulaner Weissbier schon seit langem aus meinem Gedächtnis zu verdrängen versuche.

Karlsberg

Das musste nach den Lobpreisungen durch meinen Feinschmeckerbekannten natürlich probiert werden. Ich fand eine Gelegenheit, als ich am langen Tag des Bruchfestes nach der Vormittagsschicht mit der Stadtkapelle kurz zum Ausruhen zurück ins Hotel gegangen war. Das lag nämlich im „Nauwieser Viertel“ Saarbrückens, wo zeitgleich mit dem Bruch-Fest auch das sog. „Nauwieser Fest“ stattfand. Auf diesem Fest gab es natürlich Karlsberg zu trinken, aber auch Bruch war dort im Ausschank. (Auf dem Bruchfest im Bruchbrauereihof gab es freilich nur Bruch Bier 😛 ). Und als ich dann endlich mein erstes Karlsberg Pils probieren durfte, war ich mehr als überrascht! Mein erster Eindruck: Stark aromatisch gehopft, sehr herb, eleganter Malzkörper, ausgereift. Das war kein Zwickel, sondern echtes Pils. Für eine große Übernahmebrauerei war das Bier jedenfalls erstaunlich schmackhaft, und dabei noch schön prickelnd und lebendig.

Mal sehen, was Schörghuber daraus machen wird. Am besten macht er gar nichts draus und lässt das Karlsberg Pils so wie es ist.

Fazit

Die Begegnung im Wiesengrund hat mir den Zugang in eine neue Ecke des deutschen Brauereiwesens eröffnet, das Saarland, das ich sonst nicht als Biergegend in Deutschland kennengelernt hätte. Mit heute noch aktiven 13 Brauereien ist das Saarland bei weitem nicht so dominant wie Bayern oder gar Franken, wo es mit Bamberg z.B. eine mittelgroße Kleinstadt mit alleine schon (bzw. noch) zehn Brauereien gibt. Aber eine traditionsreiche Bierkultur hat das Saarland auf alle Fälle, und die steht den Bierkulturen anderer deutscher Regionen in nichts nach. Die Biere, die ich kosten durfte, waren allesamt „echte Biere“.

Was soll das sein, ein „echtes Bier“? Ich definiere das für mich wie folgt: Ein Bier, das zu Trinken dem Bierfreund ein geschmackliches Vergnügen bereietet, und das typisch ist für die Region, in der es gebraut wird. Und das waren beide Biere allemal: Das Bruch, sowie – wenn auch für mich zugegebenermaßen sehr überraschend – das Karlsberg. Das Saarland ist in biertechnischer, sowie in kulinarisch-kartoffeltechnischer Hinsicht auf alle Fälle eine Reise wert. Statt zum Austernessen nach Paris kann man durchaus auch den kurzen Weg nach Saarbrücken wählen, wo man bei einem trockenen Getränk – Zwickel statt Riesling – mit Dibbelabbes, Gefilden und anderen saarländer Schmankerln ebenso schmackhaft und wesentlich nahrhafter versorgt wird.

Deutschland ist schön – das Saarland auch!

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Ein Kommentar

  1. Ein wirklich sehr gelungener Artikel.Wäre fast untergegangen.Danke fürs erhalten! Oliverxt77

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