Biertrinken im Ural

Wenn einer eine Reise tut, dann soll er was erzählen – oder so ähnlich. Wir wollen natürlich hier von jeder Reise etwas erzählen, hier also vom Winterurlaub, der das halbe Blogteam hinein in den wirklichen Winter führte, nach Sibirien:

Starij Melnik (старый мелъник), die Alte Mühle, haben wir in Moskau auf dem Flughafen beim Umsteigen zu unserem Weiterflug nach Ekaterinburg im Ural getrunken. Zum Glück hatte uns nämlich unser Guide hier schon abgeholt und konnte uns schon bei der Bierauswahl „guiden“. Er hat es uns empfohlen, und seine Empfehlung bewährte sich: helle, frische Farbe, schöner Schaum, und angenehm „reiner“ Biergeschmack, nichts schmeckt nach Missachtung des Reinheitsgebotes, obwohl wir davon ausgehen müssen, dass in dem Moskauer Hellen doch auch allerhand anderes drin sein könnte. Dieses Bier haben wir noch öfter gewählt.

Die nächste Gelegenheit zum Bier bot sich bei der mehrstündigen Zugfahrt auf einem Teilstück der Transsib. Wir stiegen in Ekaterinburg ein und konnten uns beim Bahnsteig-Kiosk noch schnell eindecken mit der Sibirischen Krone (сибирская корона). Ursprünglich aus Omsk, wird das Bier nun offensichtlich quer durch ganz Russland gebraut. Die Flasche war deutlich zu kalt, um Geschmack zu entwickeln, aber da ich sehr langsam trinke, konnte ich kurz vor Schluss doch noch etwas schmecken: gar nicht mal so schlecht für ein auswärtiges Flaschenbier, etwa wie ein helles Brotzeitbier, könnte man durchaus wieder nehmen auf so einer Reise. Allerdings an den Samowar stellen!

Bei unseren Gastgebern gabs – neben Wodka in unerschöpflichen Mengen – auch Bier zum Abendbrot, wir nahmen einmal das bereits bekannte Baltika an, dieses hier war allerdings das 3er. Nun ja, schnell wechselten wir dann doch lieber zum Wodka, da hat man deutlich mehr Genuß, auch wenn man höllisch vorsichtig sein und immer das Glas noch fast voll lassen muss!

Nach ein paar Tagen fuhren wir weiter im Zug nach Perm. Sowohl in den Abteilen als auch im Speisewagen findet man auch ohne Sprachkenntnisse schnell Anschluss an gut aufgelegte Russen und wird andauernd heftig zum Mittrinken eingeladen, auch hier half uns die Strategie, mit möglichst schwach Alkoholhaltigem mitzuhalten, so versuchen wir es wieder mit Bier. Diesmal gibt es das Cervena Selka aus Tschechien. So hübsch das Dirndl mit dem Holzfass unterm Arm (!) auch sein mag, das Bier ist wirklich übel. Wir mussten doch wieder auf Wodka umsteigen und waren beim Verlassen des Zuges natürlich alles andere als nüchtern. Oioioi!

Das war uns eine Lehre, und als wir in Perm nach dem Theaterbesuch (Modernes Ballett, sehr empfehlenswert!) nach einer Kneipe suchten, landeten wir im Августин (Augustin), einer deutschen Kneipe, mit Augustiner im Ausschank! Das Essen war lecker, und das Augustiner sollte doch mit den anderen russischen Bieren locker mithalten können. Irrtum! Uns schmeckte das Bier so schlecht, dass wir nach 1 Glas die an sich nette Kneipe verliesen und lieber im Hotelzimmer noch einen Nachtisch-Wodka zu uns nahmen…

Tja, und dann die ganz grosse Überraschung: Im Holzhotel, wo wir die letzten paar Tage zum Hundeschlittenfahren verbrachten, gabs Heineken. Das war immer frisch, und erstaunlich lecker. Am besten aber schmeckte es in der Banja, jede halbe Stunde frisch gebracht…

An unserem letzten Tag in Pervo-Uralsk wollten wir noch ein wenig Shoppen gehen und landeten in einem reinen Bierladen, der nicht mal Wodka führt, wirklich nur Biere. Verblüffenderweise war fast die Hälfte davon – Öttinger! (Es erübrigt sich zu erwähnen, dass unser Einkauf recht niedrig ausfiel.)

Nachbemerkung: Wie schön, wenn einen dann die Heimat direkt aus dem Flieger heraus mit einem leckeren bayrischen reinen lokal gebrauten Bier empfängt, wie das in MUC im Airbräu der Fall ist!

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

Ein Kommentar

  1. Naja .. Oettinger ist bei weitem nicht so schlecht wie sein Ruf. Wenigstens noch bisserl Geschmack drin, im Gegensatz zu Fortuna u.ä. Krampf.

    Und das Oettinger Urtyp schmeckt wirklich vorzüglich – fast wie ein gutes fränkisches Land- oder Kellerbier 😉

    Was Augustiner anbelangt: Kommt ganz drauf an .. Vom Fass fand ich das noch nie sonderlich prickelnd, Edelstoff mag ich schon seit Jahren nimmer (selbst ein kurzer Test vor ein paar Wochen erbrachte keine Besserung), nur das gute alte Grüne taugt mir. Alles letztlich eine Geschmacksfrage – zumindest beim August 😉

    Aber in slawischen Gefilden würd ich eh lieber Kwas oder Medowucha trinken .. Wodka nur, wenn mehrfach destiliert (und dann auch ähnlich, wie ihr das hier schildert).

    cu, w0lf.

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