Jetzt ist die erste Woche Probebetrieb der Forschungsbrauerei schon fast vorbei. Zeit für eine kleine Zwischenbilanz.
Das Bier
Die größte Angst der Stammkundschaft während der langen Schließungszeit war ja die, dass das Bier nicht mehr das sein würde, das man so lieb gewonnen hatte. Da kann uneingeschränkt Entwarnung gegeben werden. Zumindest beim Pilsissimus. (Der Bock kommt ja erst am 09. September zum Ausschank.) Hopfenwürzig ist er wie eh und je. Hat die typische einzigartige Pilsissiumus-Note in der Nase und im Mund. Vor allem für die Feinschmeckermünder war die letzte Woche eine sehr aufregende. Denn wie ich ja schon gesagt hatte, war der Pilsissimus für seine Verhältnisse noch relativ jung, als am Montag, dem 01. August mit dem Probebetrieb begonnen wurde. Man schmeckte es ihm tatsächlich auch mehr oder weniger deutlich an. Genauso deutlich aber war der Fortschritt im Reifeprozess an jedem Tag zu schmecken. Es war sogar gut, auch mal einen Tag auszusetzen, um den Reifesprung zweier Tage zu erleben.
Ich hätte nie gedacht, dass man das so rausschmecken würde, hatte allerdings auch vorher noch nie die Gelegenheit, täglich ein noch im Reifeprozess befindliches Jungbier trinken zu können. Mittlerweile – Stand 05.08.2011 – schmeckt das Forschungsbier schon ziemlich fertig, soll heißen wie gewohnt :-P. Ein Fachmann, ein langjähriger Braumeister z.B., würde wohl schon noch Reifungspotenzial finden. Diesen Feinschliff dürfte der Pilsissimus jedoch mit Leichtigkeit in der kommenden verbleibenden Woche bis zur richtigen Wiedereröffnung am 12.08. abbekommen. Dann wird es wieder ein perfektes Forschungsbier wie immer geben. Einziger Unterschied zu früher: Ab jetzt nur noch unfiltriert kellertrüb. Das habe ich in der vergangenen Woche schon sehr zu schätzen gelernt und möchte es nicht mehr missen.
Note: Top!
Die Frau-und Mannschaft
Die alten Bedienungen sind ALLE wieder da, ebenso die Küchenmannschaft, die leicht verstärkt wurde. Dazu eine neue Inhaberfamilie: Familie Silbernagl. Und man trifft auch die alten Forschungsfamilien Jakob und Steinbeisser noch im Bräustüberl an. Wenn ich jetzt auch die Stammkunden mit zur Forschungsbelegschaft zähle, kann man sagen: Alle sind sie wieder da, wirklich alle.
Note: Top!
Die Stundenhendl
Da brauche ich nicht viel zu sagen. Außer vielleicht, dass sie noch nicht auf der vorläufigen Speisekarte stehen. Wer danach fragt, bekommt aber eines. Natürlich frisch zubereitet mit der obligatorischen Wartezeit von 60 Minuten, wenn nicht schon vorher eine ungerade Anzahl von halben Hendln bestellt wurde, und so wie die Bedienungen immer sagen „gerade eines mitläuft“. Dann geht es mit Glück auch mal ganz schnell, aber genauso frisch.
Note: Top!
Bräustüberl Obatzda
Ja, richtig: der heißt jetzt nicht mehr einfach „Obatzda“, sondern hat den Namenszusatz „Bräustüberl“ vorneweg bekommen. Denn hier hat Küchenchef Florian Silbernagl seinen Sachverstand einfließen lassen. Die Geschichte dazu ist folgende: Das Rezept des Obatzdn ist in der Forschungsbrauerei genau so perfektioniert worden wie das Bier, sodass der Obatzde, wenn irgendwo über die Forschungsbrauerei gesprochen wird, fast immer in einem Atemzug mit dem Bier genannt wird (und den Hendln, wenn der Atem des Sprechers lang genug ist). Da war auch der Frau Steinbeisser, der Hüterin des Rezeptes, daran gelegen, dass der Obatzde genau so weiter gemacht wird wie in der Vergangenheit. Also hat sie ihren Nachfolger gewissenhaft in Rezept und Zubereitung eingeführt. Und als die erste Portion fertig war, und sie diese Florian Silbernagl überreichte, bekam er, so wie man es kannte, einen Teller in die Hand, mit einem großen Klecks Obatzdn drauf. „Das ist alles? 😯 “ fragte dieser verwundert. Er hatte das so gelernt und bisher auch so praktiziert, dass da außer dem Paprikapulver noch ein bisschen mehr Garnitur darum herum ist. Also hat er als selbstbewusster gelernter Koch noch etwas Rot und Grün in Form von Tomate und Salat dazugelegt sowie obendrauf noch etwas Schnittlauchröllchen und ein paar rote Zwiebelscheiben. Da hat man dann gemerkt, dass nicht nur in Bayern, aber besonders dort, das Auge mit isst: Kaum sieht es etwas anders aus, schon schmeckt es auch ganz anders. Erste Kommentare der Gäste waren, dass der Obatzde in Ordnung ist, aber halt eben irgendwie anders. Andere meinten, er wäre so gut wie immer. Was ist also los? Ist überhaupt was los? Höchstwahrscheinlich ist gar nichts los. Meiner persönlichen Meinung nach machen Tomate und Salat den Obatzdn nur schöner. Gleiches tun die Schnittlauchröllchen, die sogar den Geschmack noch weiter abrunden. Bestenfalls die roten Zwiebeln mit ihrem intensiv würzigen Geschmack könnten ein wenig irritieren, weil der Obatzde schon genügend Zwiebeln in sich hat, und extra Zwiebeln oben drauf daher nicht nötig, ja gar zu viel sind. Ich habe den Obatzdn jetzt schon öfter probiert, und meine, dass er deutlich besser raus kommt, wenn nicht zu viele von den roten Zwiebeln drauf sind. Letztendlich ist es also eine Frage des Geschmacks, und darüber lässt sich bekanntlich nicht streiten – höchstens noch beim Bier.
Als Gedankenstütze habe ich ein Archivbild vom alten Obatzdn ausgegraben. Hier alter und neuer im Vergleich:
Wenn ich mich auf den Obatzdn-Batz alleine konzentriere, kann ich mit meinem Erinnerungshirn wirklich keinen Unterschied zum Obatzdn vergangener Jahre feststellen. Ich werde also den Obatzdn für mich selbst einfach immer ohne oder mit gaaaaaanz wenig roten Zwiebeln bestellen. Und wer gerne Zwiebeln dazu hat, wird diese auch bekommen.
Für das beibehaltene alte Rezept plus für die optische Aufwertung plus für die Flexibilität bei der Zwiebelzugabe gibt es für den Obatzdn die
Note: Top!
Die Speisekarte
ist noch nicht endgültig. Es gibt aber schon eine provisorische gedruckte Speisekarte. Vieles darauf ist noch von früher bekannt. Sogar die Preise sind fast identisch, wobei die zugehörigen Speisen im Vergleich zu früher meist aufgewertet wurden: Tellerfleisch plus Zehn Cent, dafür derzeit – im Probebetrieb 😉 – MIT Kartoffelsalat bei geringfügig weniger Fleisch. Debreziner jetzt MIT Kraut, dafür nur noch ein Paar statt früher zwei. Und ganz NEU z.B. zwei Paar Schweinswürstl mit Kraut zu dem Preis, den Würstl mit Kraut in der Forschung schon immer hatten. Nicht neu ist der Wurstsalat, sehr wohl aber seine Optik. Als er serviert wurde, hatte so mancher Gast erst mal gefragt, was das denn sei, bis der Wurstsalat im neuen Kleid erkannt wurde.
Bemerkenswert: So weit alles unter Zehn €uro.
Zusammengefasst: Kontinuität, gefühlvolle Neuerungen, stabiles Preisniveau.
Note: Top!
Die Tagestafel
Bevor man sich von der Bedienung eine Speisekarte an den Tisch bringen lässt, sollte man sich ab dieser Saison immer erst am Eingang des Bräustüberls auf den handgeschriebenen Tafeln über die Tages- und Sondergerichte informieren. Da gab es am Freitag, 05.08.2011 z.B. einen abgebräunten Leberkäs mit Ei und Kartoffelsalat; einem Kartoffelsalat, der seinesgleichen sucht! Ein Leberkäs auf diese Art zubereitet ist neu in der Forschung. Früher gab es oft warmen Leberkäs. Ich denke, den wird man dann auch mal an der Tagestafel finden, so wie vielleicht im Herbst auch wieder Blut- und Leberwürste, Kesselfleisch und andere Schmankerl für die kühleren Jahreszeiten.
Note: Top!
Mein persönlicher Speisefavorit
ist Florian Silbernagls Kartoffelsalat. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er a) frisch zubereitet wird und b) eine geniale Würze hat, die durch gekonnte Zugabe von Essig erreicht wird. Ich habe ihn schon zum Tellerfleisch genossen und zum abgebräunten Leberkäs mit Ei. Bei letzterem konnte ich sowohl auf den Senf zum Leberkäs als auch auf den Pfeffer aus der Mühle über den Salat vollkommen verzichten. Ich denke, in der nächsten Zeit werde ich in der Forschung, sofern ich was esse, immer etwas wählen, das zu Kartoffelsalat passt. Und wenn wider Erwarten selbst auf der Tagestafel nichts stehen sollte, nehme ich einfach den Kartoffelsalat pur. 😛
Note: Doppel-Top!
Fazit
Nach einer Woche Probebetrieb hat sich die Familie Silbernagl in der Perlacher Forschungsbrauerei bereits bestens eingeführt. Und die Forschung fühlt sich mit der neuen Wirtsfamilie genau so heimelig an wie mit der alten. Darum sind auch die alten Stammgäste nicht nur einfach wieder gekommen, sondern viele davon sind bereits wiederholt wieder gekommen. Was mehr würde sich ein neuer Wirt wünschen? Und obwohl schon vieles neu ist, scheint ein Ende noch lange nicht in Sicht. An diesem Wochenende wird z.B. im lokalen Münchner Anzeigenwochenblatt „Hallo“ auf der Rückseite mit einer großformatigen halbseitigen Anzeige für die Wiedereröffnungsfeier der Forschungsbrauerei und Bräustüberl vom 12. bis 15. August geworben. Unter dem Festprogramm steht der Slogan
Hendl – Haxn – Ente – frisch vom Grill
Ich sage nur „Haxn“, „Ente“ … *schmatz* 😛
(Das komplette Festprogramm gibt es natürlich auch – klick- hier im BLOG-UMS-BIER bei den Terminankündigungen nachzulesen.)
Zwei weitere neue und gute Gerichte, die ich jetzt schon probiert habe, und die ich jederzeit wieder bestellen würde: (links) Surbrauten mit Knödel und Kraut – Geeister Kaiserschmarrn (rechts)