Jetzt ist sie ausgestanden, die bocklose Zeit in der Forschungsbrauerei. In früheren Jahren war diese bocklose Zeit ja immer gleich mit einer vollkommenen Schließung der Forschung und ihres Bräustüberls verbunden. Von Ende Oktober bis zur Fastenzeit war einfach zu. Da wurde die Wiedereröffnungsfeier mit dem Anstich des Blonden Bock ganz von selbst zu einer großen Sensation, wofür sich an einem sonst ganz gewöhnlichen Werktag schon am Vormittag die Freunde des guten Bieres zum Festakt einfanden. Mit der Familie Silbernagl ist der Brauch der Winterschließung weggefallen – sehr zur Freude der Gäste, die sich nun auch im Winter im Bräustüberl wohlfühlen können. Wenn es aber normal ist, dass die Forschung auf hat, wozu dann noch ein extra Fest zum Anstich? Ganz einfach: Weil der Sankt Jakobus, der Blonde Bock, nicht einfach nur ein Bier unter Bieren ist, sondern bekanntermaßen eines der besten seiner Art, wenn nicht – ich höre nicht auf das zu wiederholen – DAS BESTE seiner Art!
Der „Bierminister“ sticht an
Die Inhaberfamilie der Forschungsbrauerei, an vorderste Stelle vertreten durch Manfred Silbernagl, hat sich in der „Trockenzeit“ seit August von so manchem Bockfreund einiges an Klagen anhören müssen und ist sich nicht nur dadurch der Bedeutung des Blonden Bockes durchaus bewusst. Manfred hat dem heuer durch großes und erfolgreiches Bemühen bei der Suche nach dem Anstechenden Rechnung getragen. In einer Ecke des Bräustüberls hängen noch Erinnerungsbilder aus der guten alten Zeit der Achziger Jahre, als 1984 der Präsident des des deutschen Bundesrates angestochen hat, allerdings wohl eher in seiner anderen Rolle als bayerischer Ministerpräsident 😉 . Ausgehend von dieser Erinnerung hat Manfred bei seiner Suche nach einem würdigen Würdenträger ganz oben mit der Suche begonnen und beim heutigen bayerischen Ministerpräsidenten angefragt. Dessen Terminkalender hatte jedoch keine Lücke mehr aufzuweisen, vielleicht musste er ja wieder zu einer Facebookpary in einer Münchner Nobeldisko, Bräustüberl passt da halt nicht so zu ihm. Auch bei Ilse Aigner, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wurde angefragt. Auch das hat leider nicht geklappt. Als Notlösung hätte man dann noch den Anstichprofi vom Oktoberfest eingeladen, den Münchner Oberbürgermeister Ude. Das wäre aber womöglich ein sehr kurzer Anstich gewesen, mit den wenigen Schlägen, die Profi Ude dazu nur braucht. Schließlich hat man doch noch einen, wie ich meine, sehr würdigen Politiker gewinnen können: Helmut Brunner, den bayerischen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Landwirtschaft + Ernährung + Fastenzeit = Bier. Diese Rechnung geht doch ganz gut auf, finde ich.
Herr Brunner hat vor dem Anstich natürlich erst noch eine kleine Ministerrede halten müssen. Vom Reinheitsgebot über die Bedeutung Bayerns im Brauwesen bis zur Nichterwähnung des Pferdefleischskandals hat er nichts ausgelassen. Die Dauer der Rede war für den Durst der Forschungsgemeinde gerade noch erträglich. Es wäre noch besser gewesen, wenn man für den Anstich nicht eine viertel Stunde zusätzlich hätte warten müssen, weil sich der Fotograf der Süddeutschen Zeitung verspätet hatte. Am Ende aber hat alles gut geklappt: Der Minister hat mit vier sicheren Schlägen spritzfrei angestochen, fleißig gezapft und die Probierkrüge verteilt. Die Fotografen, ich eingeschlossen, hatten genügend Zeit, die posierende Regionalpolitik mit diesmal ihrem Staatsvertreter abzulichten, und pünktlich um Zwölf konnte man zum Genuss des Blonden Bockes übergehen.
Das Originalfass von 1984
Oh, das hätte ich jetzt fast vergessen. Das Anstichfass, mit dem der Festakt begangen wurde, war – wie übrigens auch schon im letzten Jahr – das Originalfass von 1984, das damals Franz-Josef Strauß daselbst angestochen hatte. Durchaus erwähnenswert finde ich. Und geschmeckt hat es trotzdem auch noch. 😛
Immer dabei – Die Bräustüberlmusik
Kein Anstich ohne Bier, und kein Anstich ohne die Perlacher Bräustüberlmusik. Fred (Gitarre und Gesang), Thomas (Akkordeon und Gesang) und Alfons (Tuba) gehören immer mit dazu, wenn in der Forschung gefeiert wird. Mittlerweile bin ich quasi zum Hoffotografen des Trios geworden. Klar, die Presse knipst schon auch immer feste mit, aber in der Zeitung ist dann halt nur das Bild mit den prostenden Politikern zu sehen. Umso mehr freut es mich, dass ich das Trio heuer zusammen mit dem Minister knipsen durfte. Hier das Bild für die Blogleser. Die Musiker bekommen natürlich das Orignal von mir für ihr Archiv.
Der Bock schmeckt wie eh und je
Wie eh und je – oder jetzt noch besser? Zuletzt im August genossen, war ich natürlich sehr gespannt, ob ich den Blonden Bock jetzt wiedererkennen würde. Er hatte ja im Dezember eine wirklich starke Konkurrenz bekommen, in Gestalt des Weißbierbockes, der „Wilden Weißen“, die ich voll Begeisterung zur Schwester des Sankt Jakobus ernannt hatte, sozusagen zur „Sankt Jakobine“. Erst am Vorabend des Anstichs konnte ich noch eine letzte Halbe davon probieren, die Manfred mir dankenswerterweise aufgehoben hatte.
Also, wie schmeckt jetzt der Sankt Jakobus 2013? Für gerade diese Frage muss ich gestehen, dass die lange Auszeit des Blonden Bock gar nicht sooo schlecht war. Denn ich kann ihn jetzt mit einem gewissen Abstand quasi neu beurteilen. Und da erlebe ich – natürlich – wieder ein ganz außergewöhnliches untergäriges Bier. Das so total Außergewöhnliche daran, so bewusst hatte ich es vorher nie wahrgenommen, ist seine unfassbare richtiggehend geheimnisvolle Fruchtigkeit. Eigentlich mit Fruchterleben fast schon wie bei obergärigem Bier, aber doch ganz anders. Beim obergärigen Bier kann man meistens die Früchte benennen, nach denen es riecht und schmeckt. Beim Sankt Jakobus aber finde ich dazu keine Worte, außer einem: Malz! Reinstes und angenehmstes Malz. Rein helles Malz, in einer perfekten Mischung und von Anfang bis Ende fehlerfrei verarbeitet.
19,5 °P Stammwürze, rund 8% vol. alc., 14 Wochen Lagerung
Mit diesen Zahlen ist der Sankt Jakobus ein Schwergewicht unter den Bieren. Ich trinke aber nicht die Zahlen, sondern das Bier, und das wirkt überhaupt nicht schwer. Ganz im Gegenteil. Leicht und geschmeidig. Dabei vollmundig und rund. Es ist nichts vorhanden, was den Genuss irgendwie stören würde. Sogar der Hopfen, der in ausreichender Stärke vorhanden ist, fügt sich vollkommen harmonisch in diesen Eindruck von vollmundiger Leichtigkeit ein. Wahrscheinlich ist er sogar eine Haupt-Mitursache dafür, dass der Blonde Bock so angenehm ist. Er nimmt dem Malz die Spitzen, gibt ihm die bierige Würze und unterstützt die sagenhafte Schaumstabilität dieses Bockes. Auch nach einer geschlagenen Stunde liegt der perfekte Schaum noch geschlossen auf dem Bier. Da will der Genuss auch für das Auge kein Ende nehmen.
Bildeindrücke vom Festakt
Fazit: Mein Lieblingsbier
Jetzt habe ich es endlich wieder! Ja, es schmeckt mir. Und es ist mein Lieblingsbier. Doch warum? Ich kann es wie gesagt nicht in Worte fassen, will es aber trotzdem abschließend versuchen:
Stark gebraut und lange gelagert. Ergebnis: Fruchtig vollmundiger Genuss. Und das obwohl es ein untergäriges Bier ist. Fruchtigkeit ist sonst doch eher die Domäne der obergärigen Biere, der Weißbiere, der Altbiere und, auch in Deutschland im Kommen, der Ales. Und welche Früchte sind es denn? Früchte, die es nicht gibt, und doch Früchte, die schmecken: malzige Früchte. Und dann sind da noch die anderen Früchte, die nicht im eigentlichen Sinne Früchte sind, und irgendwie doch: die Hopfenfrüchte. Der Hopfen, der ein Bier sonst bitter macht, und aromatisch, wirkt im Blonden Bock ebenfalls auf eine nicht beschreibbare Weise. Der Hopfen ist deutlich drin, drückt sich aber nicht in Bittere oder grasigen Hofpennoten aus, sondern … ich sinne lange nach … in Bieraroma! Mir fällt tatsächlich kein passenderer Ausdruck ein. 😳
Sankt Jakobus Blonder Bock
Stark, malzig, bierig. Schwer, leicht, markant und rund zugleich. Einfach perfekt.
An diesem Bier führt kein Weg vorbei – KEINER!
Prost Forschungsbrauerei 2013!
Hallo,
eine gute Nachricht – auf der Homepage von „Braukunst“ steht folgendes zum Blonden Bock:
Saisonbier 15. Feb. 2013 bis ca. Anfang Okt .Sehr vollmundiges, honigfarbenes Starkbier, malzbetonter Antrunk abgestimmt mit einer aromatischen Hopfenblume. Stammwürze P°18 alc.7,6% vol.
Also kann der Blonde Bock bis Oktober genossen werden.
VG
Klaus
Hallo,
ich freue mich schon auf den Sankt Jakobus – Blonder Bock. Leider aber erst ab dem 1 April 2013 – da ich dieses Jahr die Fastenzeit ernst nehme.
VG
Klaus
Tippfehler, richtig ist:
schlossbrauerei-Herrngiersdorf.DE
Uwe
Hallo Ralf,
das Bockbier ist so gut, dass die Waage sich am
nächsten Tag weigerte beim alten Gewicht stehen zu
bleiben.
Hier noch die gewünschte Anschrift:
Schlossbrauerei-Herrngiersdort.DE
UWE