Flaschenbierprobe im Hotelzimmer – „Zwei Dunkle …“

„… aber eines aus hellem Malz bitte!“

Im Kofferraum meines Autos hatte ich noch ein sehr gut zueinander passendes Testduo: Zwei ähnlich starke Dunkle Biere. Ein Bier aus dem Allgäu, das Holzar-Bier von der Privatbrauerei Höss in Sonthofen mit 5,2% alc. vol. und das bereits von Oliver vorgestellte Kloster-Export Dunkel der Marke Scheyern mit 5,4%. Seit dem Einsetzen des Dauerfrosts ist es im Kofferraum etwas gefährlich für wasserhaltige Flüssigkeiten, also habe ich die beiden Proben in Sicherheit gebracht und sie ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt. Auf das Kloster-Export war ich schon lange gespannt, besonders weil es, von der Brauerei Tucher in Nürnberg/Fürth hergestellt wird. Auf der Flasche, die Oliver im Frühjahr getestet hatte, stand da noch drauf

Hergestellt und abgefüllt durch die Tucher-Bräu, 90409 Nürnberg/Fürth, unter Aufsicht und Kontrolle durch das Kloster Scheyern.

Inzwischen heisst es auf der Flasche aber nur noch

Hergestellt und abgefüllt für die Klosterbier-Vertriebs GmbH, 85298 Scheyern.

Ist der Ruf von Tucher den Leuten von Tucher selber so schlecht, dass sie die wahre Herkunft zu verheimlichen suchen? Bei diesem Bier eigentlich gar nicht nötig, nach dem positivenTestbericht von Oliver. Und auch beim Googeln nach anderen Testberichten für dieses Bier stößt man gemeinhin eher auf Positives.

Auch das zweite Testbier, das Holzar-Bier hatte große Spannung in mir erzeugt. Es ist ein bernsteinfarbenes dunkles Bier. Auf der Zutatenliste wird aber extra nur „helles Gerstenmalz“ aufgeführt. Auf dem vorderen Ettiket steht, dass es nach „Urväterart“ gebraut sei. Diese Urväterart macht dann wohl irgendwie die dunkle Farbe hinein. Alleine deswegen schon war ich sehr gespannt auf den Test.

Testbericht

Die beiden Biere hatten fast identische Farbe. Das war dann aber schon die einzige Gemeinsamkeit. Und selbst diese Gemeinsamkeit muss ja – Stichwort „Helles Gerstenmalz“ beim Holzar-Bier – auf unterschiedliche Weise zustande gekommen sein.

Geruch

Kloster-Export Dunkel: Sehr satt malzig, fast wie Karamalz. Von Hopfen kaum was zu merken. Nur so viel, dass das Bier „bierig“ wird.

Holzar-Bier: wesentlich zarteres Malzaroma, dafür kommt die leichte Hopfengabe in der Nase besser zur Geltung.

Schaum

Ich hatte nur je eine einzige Testflasche, das Ergebnis ist also ganz und gar nicht repräsentativ, aber doch irgenwie witzig, wie sich die beiden Biere in ihrem Schaumverhalten unterschieden haben, und wie sich dieser Unterschied über die etwa 30-minütige Testzeit noch verstärkt hat. Die Fotos, im Abstand von 15 Minuten jeweils direkt nach dem Einschenken aufgenommen, sprechen von selbst.

Kloster-Export Dunkel: Hier drauf schwimmen wenige ungleichmäßig große Blasen.

Holzar-Bier: Das hat viele gleichmäßig kleine Blasen. Bei einem Wettlauf, wer den Schaum schneller abbaut, gewinnt das Bier der Marke Scheyern um Längen vor dem Bier aus Sonthofen. Im Allgäu scheint man sich mehr Zeit mit dem Trinken zu lassen.

Farbe

Beide Biere haben eine fast identische dunkle Bernsteinfarbe. Man kann noch ein bischen durch das Glas hindurchschauen. Beim Kloster-Export kommt die Farbe, wie der Geschmack auch zeigen wird, von Röstmalz, beim Holzar aber … helles Gerstenmalz … ich habe keine Ahnung, wie das gehen soll. Das Ergebnis sieht jedenfalls sehr beeindruckend dunkel aus.

Geschmack

Nach langer Vorrede jetzt aber endlich zur Sache! 😛

Kloster-Export Dunkel, Scheyern / Tucher

Es riecht viel mehr nach dem Malz als es letztlich danach schmeckt. Auch hier bleibt der Hopfen wie schon im Geruch im Hintergrund. Es malzt auch zarter als die Farbe erwarten ließe. Das Malz kommt leicht brenzlig rüber, Röstmalz eben. Dadurch wird es ein eher kantiges Bier mit langem röstmalzherbem Abgang. Ein klar strukturiertes Bier, geradeaus auf (Röst-)Malz getrimmt. Ich kann es gar nicht oft genug schreiben: Malz, Malz, Malz. Insgesamt recht angenehm.

Holzar-Bier – Brauerei Höss, Sonthofen

Wie machen die das bloß mit rein hellem Malz? Auf der Flasche steht wirklich nur was von hellem Gerstenmalz. Das Holzar hat so gar nix von der röstmalzigen Herbheit des Kloster-Dunkel. Es ist sehr rund mit zurückhaltender Malzigkeit, zarter Restsüße und sparsamer aber doch spürbarer Hopfengabe. Im Abgang setzt sich die Restsüße und Hopfenherbheit konsequent fort. Insgesamt wirkt es vielschichtiger als sein Kollege aus Scheyern/Nürnberg/Fürth und ist dabei aber zurückhaltender. Um eine Nummer im Geschmack, bzw. in alc. vol. um 0,2% schwächer.

Fazit

Beide Biere sind sehr gut brauchbar für den kleinen Durst zwischendurch. Etwas Durst braucht man für die beiden aber schon. Zum Spitzenbier, das man des reinen Genusses wegen trinkt, fehlt beiden noch das gewisse Etwas. Im Vergleich zu den Bieren aus meiner letzten Flaschenbierprobe im Hotelzimmer würde ich diese beiden Dunklen eher als „Durstbiere“ bezeichnen, die vorangegangenen Hellen eher als „Genussbiere“.Das Dunkle der Marke Scheyern punktet durch das angenehme Röstmalzaroma, das Holzar aus Sonthofen erstaunt durch die dunkle Farbe aus „hellem Gerstenmalz“ und die im Gegensatz zur Farbe stehende Zartheit.

Die Biere liegen beide im vorderen Mittelfeld. Das Scheyern Dunkel blendet ein wenig mit dem Röstmalz, das Holzar aus Sonthofen ist eigentlich schön rund und ausgewogen, müsste aber aromastärker sein, um ein Spitzenbier zu werden. Gute Alltagstauglichkeit für beide Biere kann ich aber mit reinem Gewissen bescheinigen.

Dennoch bestärkt mich das Ergebnis dieser Flaschenbierprobe wieder in meinem Credo für das Fassbier, frisch gezapft. Bei der letzten Probe wäre ich fast ein wenig ins Schwanken geraten, so gut war die Flaschenqualität dort. Auch hier war sie nicht schlecht. Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Am besten ist und bleibt für mich ein Bier frisch vom Fass.

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

2 Kommentare

  1. Das Geheimniss um die dunkle Farbe die nur durch helles Malz entsteht kann ich als „Insider“ lüften. Es handelt sich hierbei um Farbebier. Das hat nix mit einem Bier zu tun, sondern ist ein Sirup aus Malz, der in vielen Brauereien eingesetzt wird um Biere dunkler zu machen. Kostenfrage, ist ja das Röstmalz teuerer als das Farbebier.

  2. Heute hatten oliver und ich dasselbe Duett als Begleitung zum Mittagessen. Zu Farbe und Schaum können wir nichts sagen, da wir direkt aus der Flasche tranken. Ralfs Geruchs-Eindruck können wir beide zu beiden Bieren vollkommen bestätigen! Bezüglich des Geschmacks: auch beim Scheyerner Dunkel stimmen wir beide Ralf zu. Das Holzar allerdings kommt bei uns beiden nicht so gut weg: wir empfinden es als zu leblos, zu flach. Nein, nicht mal als Durstbier würden wir es wählen.

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