Altstadthof Nürnberg – Ostergold, das Bier des Monats April

Bei meinem letzten Aufenthalt in Nürnberg bin ich ausnahmsweise nicht gleich in die Hausbrauerei Altstadthof, sondern erst mal woanders hin, also fast schon „fremd“ gegangen. Fremd, weil mir die Altstadthof-Biere in Nürnberg eigentlich die liebsten sind. Doch ab und zu darf ’s halt auch mal was anderes sein. Dann komme ich um so lieber wieder zurück.

Wie ich da also so „woanders“ sitze, mache ich in meinem Smartphone die Homepage der Altstadthofbrauerei auf und kucke, ob ich vielleicht doch was verpasst habe. – Ja! Habe ich! – Und zwar lese ich dort und staune:

Unser Bier des Monats ! Ostergold

Rohhopfen Saphir vom Bio-Bauer Eckert Herpersdorf

Wow! denke ich mir, Rohhopfen Saphir! Meister Engel wird doch nicht etwa … ein kaltgehopftes bzw. „hopfengestopftes“ Bier gemacht haben? Mit meinem Lieblingshopfen!? Doch! Hat er. 🙂 Denn weiter heißt es auf der Homepage:

Unser Festbier für die Osterzeit wurde mit Biomalz Pilsner Typ und etwas Spezialmalz deutlich stärker eingebraut. Getragen vom vollmundigen Malzkörper bestimmen komplexe Hopfenaromen von drei regionale Hopfensorten die prägnante Bittere. Das Aromabouquet dominiert der

Rohhopfen Saphir, der während der Kaltreifung zugegeben wird.

Daten Alk 5,3 Vol %, Stammw. 13, 3 %
Bitterwert 26 BU, ausgeprägt, Aromatisch

Erwartung

Auf dem Weg zur Station Lorenzkirche lese ich mir das in der U-Bahn noch ein paar mal durch, und werde dabei immer erwartungsvoller. Als ich mich in der Bergstraße angekommen im Schankraum niedergelassen hatte, wurde ich von der Bedienung gleich wiedererkannt, und ich musste eigentlich gar nicht bestellen. Es war ihr klar, dass ich das Bier des Monats haben wollte. Einzig die gewünschte Größe musste ich noch nennen: 0.4l, weil das in dieser Größe Glaskrüge sind, und ich darin die Bierfarbe besser ablichten kann.

Welche Erwartungen habe ich mir jetzt in der U-Bahn zugelegt? Im Geruch vor allem die citrusartigen blumigen Noten des Saphir. Stattdessen aber nehme ich jetzt eher mehr sattes kräftiges Malz wahr als Citrusblüten. Das Ostergold ist ein ganz anderes Bier als ich es mir je hätte ausdenken können.

Erfüllung

Im Antrunk auf der Zunge aber dann doch beides, das Malz immer noch deutlicher als den Saphir. Der Saphir tritt erst im Mittelteil stärker zu Tage, während ich das Bier im Mund herum schiebe, es sozusagen kaue. Ich bin erstaunt, dass der Saphir dabei eher traditionell hopfig wirkt als so, wie ich es mir beim Stichwort „Saphir“ mittlerweile immer vorstelle.

Im „Abgang“ (gibt es dafür eigentlich kein „bieriges“ Wort? „Abgang“ klingt immer so whisky-/weinverkosterartig) im Abgang also schlägt die volle Wucht des Hopfens zu. Richtig schön stark hopfenherb. Trotzdem ist auch noch viel knusprig-malziges dabei. Und hier blitzt dann auch erstmals für mich an diesem Abend das urtypische Saphir-Aroma auf. Das macht gleich richtig Lust auf den nächsten Schluck, damit ich ihn gleich noch mal so echt schmecken kann, den Saphir.

Nach einer halben Null-Komma-Vierer-Halben, schon weit nach dem Abgang, im Nach-Abgang sozusagen, meldet sich die Kohlensäure des Ostergold mit einem kurzen Aufstoßen zu Wort  (unfein hätte ich „Rülpsen“ sagen müssen), und da merke ich ihn dann so richtig voll,den typischen Geschmack von Roh-Saphir, so als ob der Edelhopfen zu mir sagen will: „Hast Du es gemerkt? Ich bin es doch gewesen, ganz echt!“ 🙂

Das Ostergold ist der reine Wahnsinn 😛 ! Man muss damit, oder besser „kann“ damit den ganzen Trinkweg gehen, vom Riechen über die Zunge den Schlund hinunter und wieder zurück, und bekommt auf jedem Wegstück eine andere Geschmacksfacette geboten. Und das dann auch noch an jeder Stelle in schönster Intensität und Geschmacksfülle. Am schönsten fast im Nach-Ende, beim Aufstoßen, wo das Natursaphirarome seine klarste Ausprägung findet.

Das ist wirklich verblüffend. An seiner Aufstoßintentsität merke ich, dass das Ostergold so richtig heftig viel Saphir abbekommen hat, vorher nicht so doll. Wohl weil das Osterbier ja „deutlich stärker eingebraut“ ist, hat es halt auch deutlich mehr von den Altstadthof-typischen Eigenschaften wie knuspriges Malz, cremiges Prickeln und auch die kräftige Bitterwirkung von Hopfen. Diese gleichen die Aromaeigenschaften des Saphir offenbar sehr gut aus.  Dafür ist dann in der Nachwirkung, dem Restaroma im Mund und auf der Zunge, der Aromahopfen die dominierende Größe. Während des Trinkvorgangs beschränkt der Saphir sich darauf, dem stärker eingebrauten Bier zu leichterer Wirkung zu verhelfen. Das tut er, indem der schon beim Antrunk die Wucht des Malzes abfedert und im Mitteltrunk das Prickeln aromatisch unterstützt. Auf diese Weise reduziert der Saphir das gefühlte Gewicht des Bieres.

Mit dem Braumeister getrunken

Im weiteren Verlauf des Abends erhalte ich zu schon recht fortgeschrittener Stunde die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Reinhard Engel, dem Brauer des Ostergold. Er verrät mir einige Fakten aus der Theorie der Heiß- und Kalthopfung, und dabei lerne ich, dass bei Hopfengabe im Heißbereich eine Isomerisierung der Wirkstoffe erfolgt, der kaltgehopfte Saphir somit im Gegensatz dazu durch seine puren naturbelassenen Hopfenöle- und Harze wirkt. Das wäre am besten im direkten Vergleich zwischen Hellem und Ostergold zu erkennen, meint Herr Engel. Also bestellten wir uns jeder noch zwei kleine Probiergläser dieser beiden Biere.

Resultat: Das Helle wirkt auf einmal richtig süß, wogegen so direkt nebeneinander gerochen und getrunken im Ostergold nun der Saphir doch klar und deutlich riech-, schmeck- und spürbar ist. Spürbar, wie bereits angemerkt, ist der Saphir dadurch, dass er die Stärke des Ostergold mit einer eigentümlichen Leichtigkeit aufwiegt. Geschmacklich meint Herr Engel, dass man in dieser Vergleichssituation jetzt sagen müsste, dem Hellen fehle Hopfen. Dem stimme ich zu. Das ist aber nur direkt neben dem Ostergold so. Für sich allein genossen ist auch das Helle eine in sich schlüssige und rundum ausgewogene Angelegenheit.

Fazit

Die Hopfen kommen! Das sollte ich eine Woche nach diesem Besuch im Altstadthof auf der Braukunst-Live!-Messe in München noch ganz deutlich sehen. Damit liegt Herr Engel mit dem Ostergold, einem Roh-Saphir-Bier, kaltgehopft, voll im Trend der Zeit. Doch wie bei allen Trends ist auch beim aktuellen Hopfentrend die Frage, ob man ihn einfach nur mitmacht, oder ob man ihn aktiv gestaltet. Und genau da kommen in jüngerer Zeit aus mehreren Orten in Mittelfranken richtungsweisende Kreationen: Aus Ellingen oder Erlangen zum Beispiel. Und mit dem Ostergold der Hausbrauerei Altstadthof jetzt auch aus Nürnberg.

Während sog. „moderne“ Trendbiere, aus den Hauptstädten Berlin und München etwa, gerne mit der puren Hopfennote arbeiten und so auch mal eine gewisse Genussblendung ausüben, ist man in Mittelfranken bereits heute schon so weit, die für den Biergenießer hierzulande oft noch ungewohnten Eigenschaften der neuen Aromahopfensorten gekonnt mit der traditionellen Herstellung und dem traditionellen Geschmack zu vereinen. Daraus entsteht dann wirklich neues Bier aus Fleisch und Blut – aus Hopfen und Malz. Ja genau: … und Malz. Man darf nämlich nicht vergessen, dass Bier nicht nur aus Hopfen gebraut wird, sondern in erster Linie immer noch aus Malz. In diesem Sinne:

Hopfen UND Malz, Gott erhalt’s!

Über ralf

Ich bin der Ralf und komme aus Augschburg. Die Biere aus meiner schwäbischen Heimat liegen mir natürlich sehr am Herzen. Grundsätzlich aber mag ich alle feinen Biere. Im Besonderen verköstige ich auch gerne Craftbiere, schätze allerdings eher die nach der Regel aus dem Jahre 1516 gebrauten. Dazu gehören auch die fränkischen Rauchbiere, von denen ich einer der größten Verehrer bin. Mein Motto ist daher: "Alla Dooch fein's Seidla!"

Ein Kommentar

  1. Ostergold Eine herrliche Bereicherung zur Osterzeit.
    Herrliche dezente Malznote mit einer nicht zu hohen Hopfenausprägung

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