Wir sind auf Tour durch Belgien, und zwar über Luxemburg und Frankreich…
Am frühen Abend des nächsten Tages kommen wir nach Fagnes, wo wir bei einer kleinen Privatbrauerei vorbeischauen wollen, der Brasserie des Fagnes. Eine alte Mühle wurde dort zu einem Restaurant ausgebaut, das scheinbar gerade öffnetete, denn wir sind die ersten Gäste. An der Schmalseite des Gebäudes ist die Brauanlage untergebracht, nur durch ein Seil abgetrennt. So kann man sich direkt neben den Sud setzen – im Moment ist aber alles sauber und nicht im Betrieb. An einer Theke kann man auch Flaschen zum Mitnehmen und Souvenirs kaufen. Wir sind etwas überfordert von der Vielfalt des Sortiments und radebrechen unsere Fragen mit französich und mit Händen, das bringt uns aber nicht so recht weiter, so wird kurzerhand der Chef Frederic Adant gerufen, der sich alle Zeit der Welt für uns nimmt und in perfektem Englisch alles erklärt. Hier würden wir so gern bleiben, alles durchprobieren und auch was leckeres essen, die Speisekarte ist genauso verführerisch wie die Bierkarte! Auf unsere Frage nach dem nächstgelegenen Campingplatz wird uns die Wiese gleich hinterm Parkplatz angeboten, für Gäste, die ihre eigenen Schlafmöglichkeiten dabei haben. Perfekt, finden wir, besser hätte es gar nicht werden können. So bauen wir schnell unser Lager auf, machen uns frisch und freuen uns auf einen langen schönen Abend mit herrlich viel Bier…
Wir folgen dem Rat Hernn Adants und ordern erst einmal das Probier-Set. Als er es uns serviert, erzählt er uns auch einiges über die Besonderheiten dieser Biere und empfiehlt uns auch die Verkostungsreihenfolge, an die wir uns natürlich auch halten:
Super des Fagnes Blonde
Quasi die Standard-Sorte, ist das die belgische Variante eines Hellen. Mit 7,5% alc. ist sie noch nicht zu schwer. Klar und golden bis rotgolden ist die typische Optik. Obwohl kaum Schaum da ist, ist auch kaum etwas zu erriechen. Aber es hat einen vollen fruchtigen Antrunk und einen sehr malzstarken Körper. Das sonst typische grasige eines Blonde fehlt, dafür hat man sehr viel reife Früchte. Uns schmeckts und macht Lust auf mehr.
La Cuvee du Brasseur
Das ist das Brauerbier, ein Amber mit „nur“ 6,2% alc. Es ist etwas dunkler, aber immer noch heller Bernstein. Der Duft ist „biereig“, leicht seifig, als ob nebenan gerade gebraut würde. Es ähnelt im Geschmack dem Blonde, ist aber etwas malziger, auch weicher und runder.
Griottes
Jetzt ist das Kirschbier dran. Mit nur 4,8% alc. als Erfrischungsbier gedacht. Die Farbe ist ungewohntes Knallrot. Es duftet nach Brombeeren, nicht nach Kirschen. Obwohl der Geschmack hauptsächlich nach Fruchtsaft gerät, spürt man doch deutlich, dass man ein Bier trinkt. Es ist gar nicht so süß wie ich erwartet hatte, und trinkt sich richtig gut. Das wär schön was für tagsüber, wenn der Alkoholgehalt nicht doch der eines „richtigen“ Bieres wäre…
Super des Fagnes Brune
Das „Braune“ist mit 7,5% alc. das Stärkere. Schön dunkelbraun mit einem Schuß ins Rötliche, kastanienfarben halt. Leicht malzig ist der Duft, mit einem Hauch Frucht, dazu zarte Röstaromen. Süßlich-malzig und gleichzeitig fruchtig sind die Aromen im Gaumen, mit einem Hauch Kaffee, aber nichts brantiges. Sehr süffig!
Chevetogne Duree
Diese Sorte hat wieder 6,2% und ist klar und hell. Es entfaltet einen zarten floralen Duft, erstmalig riechen wir richtig Hopfen. Es ist sehr weich und sämig, obwohl ebenfalls fruchtig, doch irgendwie anders. Das wird unser Favorit!
Der Name kommt übrigens von einer Gegend ca. 70 km von hier, wo ein Kloster sich dieses Bier brauen lies. Muss schön sein dort!
Scotch
Das ist ein schottisches Ale. Serviert wird es im Keramikbecher, und obwohl man so die Farbe nicht sehen kann, ist das doch sehr appetitlich. Dazu paßt der sehr cremige Schaum in beigem Ton. Mit 7,5% alc. ist es wieder ein Reinhauer. Vor allem aber auch wegen seiner fruchtig-malzig-süßen Wucht im Antrunk! Der folgt ein voller Körper, der auch süß-fruchtig ausklingt. Das ist echt ein Hammer! Sehr süffig auch, aber man spürt deutlich den Alkohol.
Super des Fagnes Quatre Cereales
Wir nehmen uns für später noch eine 0,7l-Flasche mit, mehr geht leider nicht ins Gepäck. Wir trinken sie gleich am nächsten Abend: Das Bier schenkt sich mit viel Schaum ein (vielleicht auch weil es ein bisschen zu warm ist), scheint dann in schönem Bernstein. Der Duft ist stark säuerlich-fruchtig, und auch würzig-kräuterig, nach Nelke. Im Mund ist es sehr weich und cremig, mit deutlicher Dominanz der Malzaromen, und zwar durchaus ähnlich denen des Volkerbräu Hafer- und Dinkelbieres. Offensichtlich sind das eben die Malze aus diesen Getreiden, die doch deutlich anders schmecken als Gerste. Eine feine Variation!
Fazit:
Fagnes ist mein neuer Lieblingsort in den Ardennen! Absolut eine Tour wert, wird man hier äußerst freundlich empfangen und sowohl beim Essen, vor allem aber auch beim Trinken, aufs Beste verwöhnt.