Frankreich rehabilitiert sich in Sachen Bier: Stenay

Bisher konnte mich Frankreich in Sachen Bier ja nicht besonders beeindrucken. Das hält mich aber nicht davon ab, dorthin zu fahren und weiter nach gutem Bier zu suchen: Wir wollen unsern Urlaub heuer in Belgien verbringen, das Zielgebiet sind die südlichen Ardennen. Für die Anreise bietet sich eine Route übers südliche Luxemburg und Nordost-Frankreich an, zumal wir einen wirklich heißen Tipp bekommen haben: das Europäische Biermuseum in Stenay!

Wir recherchieren viel im Vorfeld und haben eine lange Liste an interessanten Brauereien, aber die jeweilige Tagesroute ergibt sich bei so einer Reise doch spontan. Da eine Bierverkostung für Motorradfahrer auch nur Abends möglich ist, Transport im beschränkten Gepäck und Kühlen am Zelt aber logistische Herausforderungen darstellen, schaffen wir gar nicht alles, was wir uns vornehmen. Eine kleine Auswahl interessanter Biere und Brauereien können wir euch aber vorstellen mit diesem und den nächsten Artikeln.

Battin Fruitee: Bierre blonde

Am ersten Abend, das Museum hat schon geschlossen, trinken wir zwei Biere der luxemburger Brauerei Brasserie Nationale: das normale Bofferding kannten wir schon, es schmeckt und erfrischt. Aber auf diesem Campingplatz gibt es einen zweiten Zapfhahn und der spendet Battin Fruitee, das sei ein Blonde. Es sieht ziemlich milchig-gelb aus und hat einen schönen Schaum. Der läßt einen recht starken fruchtig-säuerlichen Duft durch, in etwa wie eine Ananas mit der Säure einer Orange. Und so schmeckt es auch: ganz klar obergärig, aber für ein Weizenbier viel zu fruchtig; ein schöner Durstlöscher und die rechte Begleitung für einen Sommerabend an der Meuse …

Musee Europeen de la Bierre, Stenay

Am nächsten Morgen geht es schnurstracks ins Museum, wir lassen uns Zeit und gucken alles ausführlich an – ein hübscher Ort, ruhig um diese Zeit, mit schönen Artefakten die auch sehr liebevoll in dem alten restaurierten Gebäude in der Zitadelle (ehem. Mälzerei) ausgestellt sind. Wir lernen viel über die Geschichte des Biers und alter Brauereien der Gegend, also Frankreich, Belgien und Luxemburg.

Dieses Museeum sei hiermit allen Bierenthusiasten wärmstens ans Herz gelegt!

Stenay Blonde

Das Museum hat auch eine kleine Bar, in der einige belgische Trappistenbiere ausgeschenkt werden – zu denen kommen wir aber später noch – und ein in Stenay gebrautes: das Blonde, das nehmen wir. Das gibt es nur hier im Museum, verstehen wir mit unseren rudimentären Französichkenntnissen, aus dem Faß. Es hat 6,5% alc, ein bischen viel für die Mittagszeit, wenn man noch fahren will, aber es ist ja nur ein Kleines … Milchig-trüb und honiggelb ist es, richtig cremig. Der Duft ist fruchtig: Orange, Litchi, Ananas, aber nicht säuerlich. Dazu noch Bourbon-Vanille. Malzig-fruchtig ist der Antrunk, dann ein starker Körper, cremig auch im Mundgefühl. Jetzt kommen Aromen von Waldhonig und würzige Noten zur Frucht dazu. Das ist schon fast zum Beißen! Ein Gedicht, dieses Bier, eine Synphonie, würde ich sogar sagen, eine ohne jegliche Dissonanzen, dieses Bier ist die reine Freude! Herrlich!Wer noch meint, es gäbe kein tolles Bier in Frankreich, muß bloß nach Stenay fahren!

Stenay Ambree

Außerdem läßt das Museum noch ein Ambree brauen (in der Brasserie Artisanale La Choulette in Hourdain, ein gutes Stück nordwestlich) und mit eigenem Etikett versehen, das kann man hier in 0,7l-Flaschen mitnehmen. Natürlich nehmen wir soviel mit, wie wir in unser kleines Motorradgepäck reinbekommen. Ein paar Tage später können wir die Flaschen im Fluß wenigstens etwas kühlen (sind aber bestimmt noch 20 Grad). Wie der Name vermuten läßt ist diese obergärige Spezialität bernsteinfarben; typisch für diese Ambers/Ambrees sind die überwiegenden Malznoten, auch mehr Süße und weniger Spritzigkeit als im Blonde. Mit 8% alc. haut das bei der Hitze auch ganz schön rein. Das ist nix fürn Durst, soviel ist klar. Aber weil es so schön weich und rund ist, ein tolles Bier zum Verkosten, ein rechtes Genußbier.

Charmoy Blonde und Amber

Die Brasserie Charmoy liegt gleich im Dorf nebenan. Später in diesem Urlaub holen wir uns noch Flaschen vom Charmoy mit an den Campingplatz: ein Blonde und das Amber. Mit 6,5% alc. ist das Blonde neben den belgischen Bieren eher ein „leichtes“. Es trinkt sich auch leicht und erfrischend, fluffig. Dabei ist es deutlich malziger und getreidiger als z. B. ein Helles. Ein würziges, erfrischendes und leckeres Bier.

Das Amber ist noch bischen leichter mit 6,1% alc. Im direkten Vergleich ist es deutlich würziger und malziger, mit mehr Körperfülle und auch ein bischen mehr Süße, bleibt dabei aber immer noch erfrischend. Beide Biere sind absolut „abendtauglich“ und auch als Begleiter zum Essen.

Wer also nicht nach Stenay fahren kann, sollte trotzdem nach diesen Flaschen Ausschau halten, die wir auch in Belgien noch in den Supermärkten bekommen haben.

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

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