Brew Dog – 6 schottische Punks stellen sich vor

Als ich vor einigen Tagen meinen Bierkeller begutachtete (gelegentlich verliere ich den Überblick, was da ist und wie lange es noch gelagert werden kann), fiel mir auf, dass ich doch ein paar der so zahlreichen Sorten der schottischen Brauerei da hatte, obwohl ich bisher nur 2 Biere von denen kenne (Paradox Jura und Fake Lager). Um einen guten Vergleich zu bekommen habe ich sie in einer einigermaßen logischen Reihenfolge (Name, Untertitel und Alkoholgehalt flossen ein) in meinen Kühlschrank verlegt und zeitnah verkostet. Hier die Ergebnisse:

Dead Pony Club – Californian pale ale, 3,8% alc.

Ein fruchtiger Duft nach Mandarinen verlockt schon beim Öffnen der Flasche. Im Glas erfreut ein tolles leuchtendes Orange, etwas trüb bzw. diffus, ich würde sagen „seidenmatt“. Zum Orangenduft gesellt sich noch der nach roten Waldfrüchten.

Im fruchtig-beerigen Antrunk bemerkt man zu den bereits gerochenen Aromen noch Blutorange. Sofort kommt auch eine trockene Bittere dazu. Es fühlt sich zwar stärker an als es tatsächlich ist, trotzdem fehlt ein wenig der Malz-Körper. Ein kurzer trockener Abgang ohne bitteren Nachhall paßt.

Schmeckt so Kalifornien? Dann auf, in den Sommer, zur Beach Party!

Punk I. P. A. – post modern classic pale ale, 5,6% alc.

Dunkelgoldgelb ist das Glas gefüllt, mit ganz wenig Schaum. Fruchtiger Duft schwebt darüber, aber etwas sanfter als beim vorigen Exemplar und auch kaum zitronig, eher nach Melone.

Fruchtig, aber auch trocken ist der Antrunk: Melone und Apfel, solche hellen zarten Früchte. Dem folgt ein zartes Malzaroma, das sich wie eine Unterlage drunterlegt. Auch ein trockener Abgang läßt sanft ausklingen.

Vom Typ her ein eher „normales“ Bier, dass man zu jeder Jahreszeit trinken kann und zu jeder Gelegenheit, zum Essen oder als Erfrischung, vor allem aber in der Kneipe mit Freunden. Für so ein Bier ist es dann aber hervorragend und edel umgesetzt!

5 a. m. Saint – hoppy red ale, 5% alc.

Schon die Farbe überzeugt: ein wunderbar rot leuchtendes, glänzend klares Bier mit großen Perlen, leider auch schnell zerfallendem Schaum.

Die Nase freut sich über ein kräftiges Aroma nach reifen Waldbeeren und Malz mit einem Hauch Zitrus.

Ein eher zarter beeriger Antrunk wird gefolgt von kräftigem Mundgefühl: hier scheinen die Beeren noch fruchtiger, nicht ganz so reif, dazu ein wenig Honig, Schoko auch im Ansatz, ein bischen Brot, also durchaus die Malzaromen. Ein trockener Abgang ohne Bittere schließt den Kreis.

Ein ungewöhnliches Bier, das man aber doch schön trinken kann, obwohl es durchaus komplex ist.

Hardcore I. P. A. – explicit imperial ale, 9,2% alc.

Hier hatte ich eher auf die Typenbezeichnung Imperial Ale geachtet, der Alkoholgehalt hat mich dann doch erschreckt. Aber da war die Flasche schon offen ;-).

Mit seinem matt-trüben Dunkelbernstein sieht es gut aus, auch hier zerfällt allerdings leider der Schaum schneller als man fotografieren kann. Dafür kommt die Nase gut ran an den Duft reifer Waldfrüchte, Brombeeren und so.

Im Antrunk spürt man gleichzeitig malzige Noten, Trockenheit und Beerenfrüchte, das geht dann in eine sehr voluminöse Fülle über und klingt sanft und langsam aus. Während des ganzen Schluckprozesses gibt es keine nennenswerten Aromaverschiebungen, alles ist von Anfang an da bis zum Schluss. Insgesamt ein überraschender Eindruck.

Das ist ein tolles Genußerlebnis! Sehr wertig gemacht, dieses „explizite“ Imperial Ale!

Auf thekitchn.com habe ich übrigens eine nette Definition von „imperial“ gefunden, die auf dieses Bier uneingeschränkt zutrifft:

… imperial“ is an indication that the beer is going to be big and bold regardless of the style …

Libertine Black Ale – twnety first century black ale, 7,2% alc.

Das Libertine ist sowas von stockschwarz, das allein ist beeindruckend. Auch der Schaum ist schön braun – leider auch rasch zerfallend. Auch hier lockt eine Blume nach überreifen dunklen Früchten (Brombeeren, Schwarze Johannisbeeren, Holunderbeeren …).

Im Antrunk ist es erst fruchtig-frisch, wird aber sogleich bröseltrocken. Darauf folgt eine leichte Herbe, ein wenig wie die Bittere wenn man auf eine Kaffeebohne beißt.

Ich tue mich ein wenig schwer mit dem Aroma, denn die Optik paßt nicht so recht zur Sensorik, ich warte immer auf Brot-, Kaffee- oder Schokolade-Aromen, das Bier bleibt aber bei den Früchten. Akzeptiert man das erst mal, ist es aber ein intensiver Genuß, den ich mir bei einer passenden Gelegenheit (Herbstabend auf der Couch, wer hat: vorm Kamin) wieder gönnen werde.

Cocoa Psycho – imperial Russian stout with chocolate and coffee, 10%

Zum Schluß die Krönung: Schon beim Öffnen der Flasche überwältigt mich das starke Lakritz-Aroma. Sehr zäh und sehr, sehr dunkel läuft es ins Glas, ich muss sofort an Altöl aus einem Scheunenfund-Oldtimer denken. Und dann der Schaum! Ich habe noch nie einen solch dunklen Schaum gesehen! Im Duft merke ich jetzt neben Laktritze auch Espresso und Holz, insgesamt ein sehr winterlicher Eindruck.

Beim Antrunk überrascht zunächst die doch ein wenig vorhandene Fruchtigkeit, dazu kommen Noten von Whisky, schwerem Rotwein, Schwarztee und Sandelholz – und immer wieder Lakritz. Und im Abgang dann auch Rauch! Und zwar eher der von Kaminfeuer als der von Schinken.

Wow! Wohooooow! Was anderes kann ich gar nicht sagen. Hammer! Das ist echt PSYCHO!

Über benhur

Ich stamme aus dem schönen Altmühltal, wo auch mein Lieblingsbier herstammt (das Wettelsheimer Strauss) und meine Lieblingssorte Märzen verbreitet ist. Mittel- und Centralfranken (Nürnberg) ist biertechnisch auch mein Schwerpunkt, die Zeit im Münchner "Exil" hat aber auch ihre Spuren hinterlassen.

2 Kommentare

  1. Na, das klingt ja nach einem Granaten-Rausch…;-)) Hoffentlich hatteste Helfer beim Trinken…Prost!

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