Wenn Thomas, der Quetschnspieler der Perlacher Bräustüberlmusik Geburtstag hat, lädt er gerne Freunde ein zu einer fröhlichen Ausflugsfahrt. Manchmal ins Blaue, wie im vergangenen Jahr, als er das Ziel vorher nicht verraten hatte, immer aber ins Schöne. Ich habe Thomas durch seine Auftritte in der Perlacher Forschungsbrauerei kennengelernt, und viele seiner Freunde sind auch Liebhaber dieser Brauerei. Da ist es verständlich, dass das Thema „Bier“ auf seinen Reisen meist mit dabei ist. Das Hautpziel der diesjährigen Geburtstagsreise war die Stadt Traunstein, genauer das dortige Hofbräuhaus. Dort hatte Thomas für uns eine Brauereiführung arrangiert. Diese war aber erst für den Nachmittag angesetzt, sodass zuvor noch Zeit war, die Landschaft um den Chiemsee zu erkunden. Die „Seiseralm“, südöstlich des „Bayerischen Meeres“ über dem Ort Bernau gelegen, ist dafür ein hervorragender Aussichtspunt. Dort legten wir eine Kaffeepause ein. Manche Ausflügler tranken auch schon ein Frühstücksbier. Auerbräu hatte die Gaststätte. Mir war es für Bier noch zu früh uns so nahm ich statt Flüssigem nur den schönen Blick auf den See zu mir. Zum Bier griff ich dann erst beim Mittagessen. Wo das sein sollte, war nicht geplant. Thomas wollte, dass sich das während der Fahrt spontan ergibt. Es sollte sich wieder einmal beweisen, dass spontane Entscheidungen oft die schlechtesten nicht sind.
Wir landeten nämlich im „Wirtshaus beim Has’n“ in Rimsting am Chiemsee. Einer der Geburtstagsgäste kannte das Haus und empfahl es wegen
des sehr guten Essens. Ich kannte das Haus nicht, dafür aber die Brauerei, deren Bier dort ausgeschenkt wurde: Wieninger aus Teisendorf. Teisendorf liegt etwas näher am Waginger See als am Chiemsee, ist grob gesehen aber an beiden Seen gelegen. Ich hatte bisher nur wenige Gelegenheiten gehabt, Wieninger Bier zu trinken, diese wenigen aber hatte ich in sehr sehr guter Erinnerung. So war auch mir der „Has“ zum Mittagsmahl also höchst willkommen.Die Getränkekarte des Has’n war unerwartet umfangreich, unterteilt in zwei Seiten. Auf der einen waren „Bierschmankerl vom Fass“ gelistet, die andere war mit „Bierkarte“ überschrieben und enthielt vorwiegend Flaschenbiere und die beliebten Weißbiermischgetränke „Russen“ und „Neger“. Welches Bier nimmt man bei so einer Auswahl und begrenzter Zeit? Wieninger Hell und Weizen kannte ich schon, ja sogar das Bockbier, den „Impulsator“. Da war das Pils jetzt einfach dran. Ich kam schnell zu der Erkenntnis, dass ich es schon längst hätte probieren sollen!
Wieninger Ruperti Pils
Klar, hell und mit gutem Schaum wurde es serviert. Also ein Schaum, mit deutlich erkennbaren Bläschen, strahlend weiß und lange haltend. Naja, eigentlich so wie man sich ein Pils auch vorstellt.
Der Duft dann aber war schon nicht mehr so gewöhnlich: zunächst intensiv malzig (Häh? Das ist doch ein Pils?), dann aber doch auch hopfig. Am Ende eigentlich gut ausgewogen zwischen den beiden Biergrundstoffen.
Beim Trinken schließlich stellte sich ein großartiges Hopfenerlebnis ein: War der Hopfen in der Nase noch eher traditionell grasig, so blitzte im Antrunk plötzlich etwas Blumiges auf, das aber so unvermittelt wie es kam, gleich wieder umsprang in urige Hopfenwürzigkeit mit kräuterig grasigen Noten.
Im Abgang schließlich bleibt das Pils satt und herb, aber dennoch höchst angenehm liegen.
So weit also schon mal ein sehr ordentliches Pils, das Ruperti. Jetzt aber kommt es: Ich muss vom Bier kurz aufstoßen. Die Kohlensäure bringt ja manchmal dieses Bedürfnis hervor. Und da kommt das Hopfenaroma noch mal ganz groß raus, als ich es mir sozusagen noch mal durch den Kopf und auch die Nase gehen lasse. Hierbei dominiert vor allem der mir vorher so gut gefallende blumige Aromaanteil.
Als das Pils schon zu Ende geht, schwenke ich es im Glas noch mal auf. Es entfaltet sich zuerst ein frischer gäriger Kohlensäuregeruch, dann kommen, wie am Anfang, malzige Noten bevor es wieder kräuterig würzig hopfig wird. Ich erlebe also wie in einer Zusamenfassung noch mal komprimiert das ganze Rundumtrinkerlebnis. Und schon ist das Pils vertilgt. Kein Wunder auch, bei einer „Preiß’nmaß“ von nur 0,3l.
Unser Ausflugstag war ja ein Werktag, und wir sind mit unserem Reisebus völlig unangemeldet beim Has’n eingefallen. Da war die einsame Bedienung ganz schön gefordert. Sie hatte mit Bestellung aufnehmen, Getränke bringen, Essen bringen, weitere Getränke bringen, abräumen und Bezahlen wirklich mehr als genug zu tun. Und dazu bestelle ich dann noch ein Pils – nicht gerade das pflegeleichteste Getränk. Mein erstes war aber so perfekt, dass ich unbedingt noch ein weiteres haben wollte, bevor wir weiter fuhren. Der Einfachheit halber bestellte ich gleich zwei. Zum Genießen, ohne weiter analysieren und notieren zu müssen.
Eines muss ich während der zwei Genuss- und Schüttbiere doch noch notieren: Es ist, so wie es beim Has’n seviert wird, lebendig spritzig. Und wirklich ein wahrer Traum ist die perfekt getroffene Balance zwischen Malz und Hopfen im Duft und Antrunk, sowie die im weiteren Trinkverlauf immer weiter zunehmende Hopfendominanz, die im Nachklang des Abgangs ihr Maximum erreicht und mit einem Aufstoßer sogar noch weitere Aufwertung erfährt.
Das Wieninger Ruperti Pils ist also ein sehr hopfenbitterbetontes Pils, wie es ja auch sein soll, darüber hinaus aber auch mit tollem Hopfenaroma versehen. Das Malz kommt nicht zu kurz, ist aber nur so viel wie nötig anwesend, um den Hopfen gut unterstützen und in den Abgang und Aufstoß transportieren zu können. Wieninger Ruperti Pils – ab heute meine neue Pils-Liebe!